Draußen ist es 30 Grad warm - drinnen sitzt die 14jährige Clothilde an einer besonders kniffligen Mathe-Aufgabe. Es sind Schulferien, aber für Clothilde heißt es: Mathe pauken, statt draußen spielen.
Zu ihrer Rechten sitzt Sophie Musseau. Die 22jährige studiert Mathematik an der Pariser Sorbonne-Universität. Bis Anfang August wird sie Clothilde jeden Morgen eine Stunde Mathe-Unterricht erteilen, um sie auf das nächste Schuljahr vorzubereiten. Privat. Die Stunde kostet Clothildes Mutter 15 Euro. Um den Unterricht zu bezahlen, müsse sie auf einiges verzichten, sagt Isabelle Arzeli, Clothildes Mutter. Aber es lohne sich:
"Es ist jetzt der dritte Sommer in Folge, in dem meine Tochter Nachhilfe-Unterricht in Mathe erhält. Ich bin mit dem Angebot sehr zufrieden. Clothilde lässt sich immer ablenken. Sie hat große Mühe, sich Mathe-Formeln einzuprägen. Natürlich finde ich es schade, dass sie den Sommer nicht genießen kann. Aber der Unterricht ist wichtiger. Er hilft ihr, konzentrierter zu arbeiten. Ja, das ist eine große Hilfe."
Die Mathe-Studentin Sophie Musseau arbeitet seit vier Jahren als Nachhilfe-Lehrerin. Sie ist Angestellte einer Firma, die professionelle Hilfe für Schüler anbietet. Das Unternehmen ist der größte Anbieter dieser Art in Frankreich. 30 000 Schüler nutzen das Angebot jeden Sommer. Tendenz: steigend. Im vergangenen Jahr verzeichnete das Unternehmen ein Umsatzplus von 30 Prozent, seit Januar ist es an der Pariser Börse notiert. Philipe Coléon gründete die Firma 1989 mit sehr begrenzten Mitteln. Fünfzehn Jahre später beschäftigt er 20.000 Nachhilfelehrer:
"Wir schaffen keine Nachfrage. Die Nachfrage schaffen die Eltern, nicht wir! Wir sind einfache Dienstleister. Mehr nicht! Ich könnte zynisch sein und Ihnen erzählen, dass wir den Schulferien immer mit großer Freude entgegenblicken, weil die Nachfrage in dieser Zeit automatisch steigt - und wir damit sehr viel Geld verdienen. Aber wir sehen das nicht so. Unsere Mission besteht nicht nur darin, einfach Bildung zu vermitteln. Die Schule hat die Aufgabe, Jahr für Jahr hunderttausende von Schülern kollektiv auf das Abitur vorzubereiten. Wir hingegen helfen den Kindern individuell."
Laut eines Berichts, der vom Bildungsministerium im Auftrag gegeben wurde, liegt die Zahl der Grundschüler und Gymnasiasten, die sich während der Ferien privat unterrichten lassen, bei etwa einer viertel Million. Der Gesamtumsatz der Nachhilfe-Firmen belief sich 2004 auf rund 100 Millionen Euro. Den Soziologen Claude Lelièvre überraschen diese Zahlen nicht. Seit Jahren warnt er vor einem Zweiklassensystem an Frankreichs Schulen:
"Das französische Bildungssystem hat sich von einem Teil seiner Aufgaben verabschiedet! Viele Lehrer scheren sich nicht mehr darum, ob die Schüler den Unterricht verstehen oder nicht. Die Klassen sind überfüllt, die Lehrer sind nicht mehr motiviert. Und wenn der öffentliche Dienst seine Aufgaben nicht mehr erfüllt, tun das private Firmen. Man weiß ja, dass diejenigen, die auf diese Angebote zurückgreifen, nicht die Ärmsten sind. Und so vergrößert sich die kulturelle und soziale Kluft zusehends."
Vor allem genüge es heutzutage nicht mehr, in der Schule "gut" zu sein, fügt der Soziologe Claude Lelièvre hinzu. Um sich später auf dem Arbeitsmarkt behaupten zu können, müsse man der Beste sein. Dass er zumeist eifrige und lernwillige Schüler zu seinen Kunden zählt, ist für Philippe Coléon, dem Chef von Frankreichs größter Nachhilfe-Firma, deshalb nur logisch:
"Frankreich hat vor zwanzig Jahren beschlossen, dass ab sofort 80 Prozent der Schüler eines Jahrgangs Abitur machen müssen. Das ist schön und gut, leider aber zu kurz gedacht. Wie sollen die Lehrer das bei gleich bleibenden Mitteln in die Tat umsetzen? Es ist nur natürlich, dass viele Eltern die Sommerferien dazu nutzen, ihren Kindern Privatunterricht zu bezahlen. Wie sollen sie denn sonst die Ergebnisse vorweisen, die die Lehrer und die Eltern von ihnen erwarten?"
Zu ihrer Rechten sitzt Sophie Musseau. Die 22jährige studiert Mathematik an der Pariser Sorbonne-Universität. Bis Anfang August wird sie Clothilde jeden Morgen eine Stunde Mathe-Unterricht erteilen, um sie auf das nächste Schuljahr vorzubereiten. Privat. Die Stunde kostet Clothildes Mutter 15 Euro. Um den Unterricht zu bezahlen, müsse sie auf einiges verzichten, sagt Isabelle Arzeli, Clothildes Mutter. Aber es lohne sich:
"Es ist jetzt der dritte Sommer in Folge, in dem meine Tochter Nachhilfe-Unterricht in Mathe erhält. Ich bin mit dem Angebot sehr zufrieden. Clothilde lässt sich immer ablenken. Sie hat große Mühe, sich Mathe-Formeln einzuprägen. Natürlich finde ich es schade, dass sie den Sommer nicht genießen kann. Aber der Unterricht ist wichtiger. Er hilft ihr, konzentrierter zu arbeiten. Ja, das ist eine große Hilfe."
Die Mathe-Studentin Sophie Musseau arbeitet seit vier Jahren als Nachhilfe-Lehrerin. Sie ist Angestellte einer Firma, die professionelle Hilfe für Schüler anbietet. Das Unternehmen ist der größte Anbieter dieser Art in Frankreich. 30 000 Schüler nutzen das Angebot jeden Sommer. Tendenz: steigend. Im vergangenen Jahr verzeichnete das Unternehmen ein Umsatzplus von 30 Prozent, seit Januar ist es an der Pariser Börse notiert. Philipe Coléon gründete die Firma 1989 mit sehr begrenzten Mitteln. Fünfzehn Jahre später beschäftigt er 20.000 Nachhilfelehrer:
"Wir schaffen keine Nachfrage. Die Nachfrage schaffen die Eltern, nicht wir! Wir sind einfache Dienstleister. Mehr nicht! Ich könnte zynisch sein und Ihnen erzählen, dass wir den Schulferien immer mit großer Freude entgegenblicken, weil die Nachfrage in dieser Zeit automatisch steigt - und wir damit sehr viel Geld verdienen. Aber wir sehen das nicht so. Unsere Mission besteht nicht nur darin, einfach Bildung zu vermitteln. Die Schule hat die Aufgabe, Jahr für Jahr hunderttausende von Schülern kollektiv auf das Abitur vorzubereiten. Wir hingegen helfen den Kindern individuell."
Laut eines Berichts, der vom Bildungsministerium im Auftrag gegeben wurde, liegt die Zahl der Grundschüler und Gymnasiasten, die sich während der Ferien privat unterrichten lassen, bei etwa einer viertel Million. Der Gesamtumsatz der Nachhilfe-Firmen belief sich 2004 auf rund 100 Millionen Euro. Den Soziologen Claude Lelièvre überraschen diese Zahlen nicht. Seit Jahren warnt er vor einem Zweiklassensystem an Frankreichs Schulen:
"Das französische Bildungssystem hat sich von einem Teil seiner Aufgaben verabschiedet! Viele Lehrer scheren sich nicht mehr darum, ob die Schüler den Unterricht verstehen oder nicht. Die Klassen sind überfüllt, die Lehrer sind nicht mehr motiviert. Und wenn der öffentliche Dienst seine Aufgaben nicht mehr erfüllt, tun das private Firmen. Man weiß ja, dass diejenigen, die auf diese Angebote zurückgreifen, nicht die Ärmsten sind. Und so vergrößert sich die kulturelle und soziale Kluft zusehends."
Vor allem genüge es heutzutage nicht mehr, in der Schule "gut" zu sein, fügt der Soziologe Claude Lelièvre hinzu. Um sich später auf dem Arbeitsmarkt behaupten zu können, müsse man der Beste sein. Dass er zumeist eifrige und lernwillige Schüler zu seinen Kunden zählt, ist für Philippe Coléon, dem Chef von Frankreichs größter Nachhilfe-Firma, deshalb nur logisch:
"Frankreich hat vor zwanzig Jahren beschlossen, dass ab sofort 80 Prozent der Schüler eines Jahrgangs Abitur machen müssen. Das ist schön und gut, leider aber zu kurz gedacht. Wie sollen die Lehrer das bei gleich bleibenden Mitteln in die Tat umsetzen? Es ist nur natürlich, dass viele Eltern die Sommerferien dazu nutzen, ihren Kindern Privatunterricht zu bezahlen. Wie sollen sie denn sonst die Ergebnisse vorweisen, die die Lehrer und die Eltern von ihnen erwarten?"