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Pauken und Abenteuer

Im Feriencamp im "Carl Duisberg Centrum Radolfzell" wird Fußball gespielt und werden Wanderungen veranstaltet. Gesprochen wird dabei allerdings fast nur Englisch.

Von Thomas Wagner |
    Morgendlicher Alltag in einer Villa im Stadtzentrum von Radolfzell am Bodensee: Trotz Schulferien sitzen gut ein Dutzend Mädchen und Jungen vor ihren Bänken, hören konzentriert auf das, was Englischlehrerin Veronika Inz für sie vorbereitet hat. Und irgendwie ist es doch anders als in der Schule:

    "Ich finde es besser, weil das wirklich Leute sind, die aus England, Amerika oder so kommen. Die könnend das halt viel besser, als die Lehrer in der Schule oder so. Und die kann man halt auch wirklich fragen, wie etwas ausgesprochen wird, weil die halt von da kommen.”"

    Daphna, 13 Jahre, ist aus Frankfurt an den Bodensee gereist. Begeistert macht sie beim morgendlichen Englischunterricht mit. Der nämlich ist so ganz anders als das, was sie und all die anderen Mädchen und Jungen aus der Schule kennen.

    ""In der Schule lernt man nicht so viel am Stück, sondern man hat ja nur so jeden Tag ein, zwei Stunden. Und die Lehrer sind viel strenger als hier. Und hier lassen die Lehrer mehr durchgehen. Und wir bekommen auch keine Hausaufgaben oder so etwas."

    Da macht der Unterricht im Camp doch gleich viel mehr Spaß. Und außerdem, weiß Violetta Krischel aus Markelfingen, gibt es im Feriencamp des "Carl Duisberg Centrums Radolfzell" auch keine Vokabeltests oder gar Klassenarbeiten.

    Mittags dann Programmwechsel: Teilnehmer Leon Engelfried aus Tübingen:

    ""Gestern waren wir Kanufahren auf dem Rhein. Auf dem Hohentwiel waren wir auch, also ein bisschen Wandern und so. Es ist eigentlich ganz lustig. Die meiste Zeit haben wir im Camp Fußball gespielt. Die meiste Zeit ist es darauf hinausgelaufen, dass es eher ein Sport- als ein Abenteuercamp ist.”"

    Und, ganz wichtig: die Nächte im Camp.

    ""Die letzte Zeit schlafen die meisten Leute draußen in den Tipis. Tipis sind eben, so wie man sich das vorstellt, bei den Indianern halt, auf so einem Holzgerüst. Da sind so Leinen drauf gespannt. Dadurch, dass oben ein Loch drin ist, kommt eben leicht Regen rein, was in der ersten oder zweiten Nacht nicht so arg toll war. Aber mittlerweile geht es.”"

    Morgens Englisch pauken mit Lehrern, für die Englisch Muttersprache ist, mittags Kanufahren oder Fußball spielen, abends im Indianertipi übernachten: Das ist das Konzept jener Bildungscamps, die das "Carl Duisberg Zentrum" seit fünf Jahren in Radolfzell am Bodensee anbietet. Betreuerin Jana Kitte:

    ""Es ist ja doch schon so, dass viele Kinder Hotels mit Mutter und Vater kennen und dass es einfach nicht mehr so üblich ist für Kinder, Camping zu machen oder einfach nur im Zelt zu schlafen - und während der Ferien auch noch gleichzeitig die Freude an der Fremdsprache zu erfahren. Und das ist eigentlich unser Ziel: Dass wir die Kinder hier ein bisschen in den Ferien haben, und sie morgens ihren Englischunterricht haben, der sich natürlich von dem Schulunterricht abhebt, und dass die Teilnehmer durch das Freizeitprogramm am Nachmittag eben das Sprechen in der Fremdsprache erlernen, umsetzen können.”"

    Ein bisschen ist das fast schon wie ein kleiner Auslandsaufenthalt, erklärt Jana Kitte:

    ""Es ist natürlich ein Punkt, dass viele Eltern ihre Kinder, da das Camp ja von elf bis 14 ist, ungern schon nach England schicken. Das ist natürlich auch verständlich. Das ist ein junges Alter, wo man sagt: Okay, das muss nicht unbedingt sein. Und hier haben sie einfach diese Rundumbetreuung. Das heißt: Sie haben komplette Verpflegung und 24 Stunden wirklich die Betreuung der Tutoren.”"

    Nichts lenkt die Mädchen und Jungen im vormittäglichen Unterricht ab. Und auch später geht alles ein wenig anders zu als zu Hause. Das ganze Camp nämlich ist draußen, so Jana Kitte, und das hat seinen Grund:

    ""Wir versuchen, die Kinder von diesem ganzen Elektronischen fernzuhalten für diese Wochen, wo sie hier im Camp sind. Es ist einfach so schade, dass die Kinder nicht mehr draußen in der Natur sind. Und viele Kinder wissen gar nicht, in welch schöner Umgebung sie sind. Und deshalb möchten wir, dass die Kinder mehr draußen in der Natur sind, mehr erleben, aktiver sind - und nicht nur vor dem Computer oder vor dem Fernseher sitzen.”"

    Deshalb herrscht auch ein Handyverbot im Camp - mit einer Ausnahme: Zwei Stunden am Tag dürfen die Mädchen und Jungen ihre Handys benutzen. Danach werden sie, so Petra Heintze, Leiterin des "Carl Duisberg Trainingscenters Radolfzell", wieder weggeschlossen:

    ""Wir sind sehr, sehr streng. Die Kinder bekommen für ein bis zwei Stunden am Tag ihre Handys und müssen sie dann auch wieder abgeben. Und das wird respektiert. Das wird eingehalten. Die Philosophie steckt einfach dahinter, dass die Kinder nicht virtuell kommunizieren, sondern mit den Jungs und Mädchen spielen, die am Camp teilnehmen. Und das klappt eigentlich ganz prima!”"