Dafür hat er jetzt ein Buch vorgelegt, in dem er sich einmal mehr Gedanken macht um die Erneuerung des Staates. Mehr dazu erfahren Sie gleich. – Einen kleinen Schwerpunkt setzen wollen wir beim Thema "DDR", ehe wir uns der Geschichte im weiteren Sinne widmen wollen. Zunächst interessiert uns eine Studie zum Verhältnis zwischen dem Automobilkonzern General Motors und den Nazis – und die Sendung beschließen möchten wir mit einem Blick in die kürzlich erschienen Erinnerungen von Karl Dedecius, dem deutschen – wie er sich selbst nennt – Europäer aus dem polnischen Lódz. Paul Kirchhofs neues Buch fragt nicht, es stellt fest – und zwar in reichlich apodiktischem Tonfall:
Die Erneuerung des Staates – eine lösbare Aufgabe
Gut ein halbes Jahr ist es inzwischen her, seit die schwarz-rote, seit die Große Koalition die politische Verantwortung trägt für den Staat, für die Bundesrepublik Deutschland. Umso interessanter zu erfahren, wie ein Mann, der einmal als Weggefährte Angela Merkels für ein Ministeramt gehandelt, dann aber ins Abseits gestellt worden war, den persönlichen Karriereknick verbinden würde mit einer aktuellen Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten hierzulande. Birgid Becker hat sich Paul Kirchhofs Buch näher angesehen:
Dem Mann wurde übel mitgespielt. Erst Hoffnungsträger der wahlkämpfenden Angela Merkel:
"Was Deutschland braucht in der Krise, in der wir sind, ist Menschen mit einer klaren Zielvorstellung, und die hat Paul Kirchhof! Er soll uns drängen, er soll uns anspornen."
Dann, kurz drauf, Spielball auf dem Feld des politischen Gegners:
Schröder: "Da haben die diesen Professor da aus Heidelberg aufgetan. -Jaja, Jaja..."
Paul Kirchhof, Finanzwissenschaftler an der Uni Heidelberg, Bundesverfassungsrichter a. D., hat im Wahlkampf 2005 ein heftiges und schmerzvolles Intermezzo durchlebt. Einen kurzen Auftritt auf der politischen Bühne in geradezu furioser Dramaturgie. Gestartet als Schattenfinanzminister eines künftigen Kabinetts Merkel, wurde aus dem Joker der Union im Handumdrehen der Stichwortgeber für den Wahlkampf der Sozialdemokraten. Und als das Blatt sich gewendet hatte, als Paul Kirchhof unfreiwillig der beste Wahlhelfer für Rot-Grün geworden war, sorgte die CDU schleunigst für den letzten Vorhang auf seiner politischen Karriere-Bühne. Und auch das wieder – Auslöser für Hohn und Häme:
"Ich find´s schon erstaunlich, was man jetzt hört. Also, noch vor wenigen Tagen wurde von der Kanzlerkandidatin Herr Kirchhof als der neue Ludwig Ehrhard ausgerufen. Und heute ist kein Kohlekeller schwarz genug, wo man ihn gerne verstecken würde!"
Aus den Tiefen des Kohlekellers hätte sich bestimmt eine bissige Abrechnung schreiben lassen, und sie wäre wahrscheinlich ein interessantes Stück Lektüre geworden, diese Abrechnungsgeschichte – über politische Freunde, die für Paul Kirchhof keine waren, über politische Gegner, die hart an der Grenze zur persönlichen Schmähung operierten oder die Grenze auch mal übertraten. Nur: Paul Kirchhof hat diese Abrechnungsgeschichte nicht geschrieben – zumindest nicht in seinem jetzt erschienen Buch mit dem Titel: "Erneuerung des Staates."
Dass eine Abrechnung ausgeblieben ist, liegt wohl daran, dass Paul Kirchhof - wie war es im vergangenen Jahr im Magazin "Stern" zu lesen? -, "die Personifizierung des südwestdeutschen Bildungsbürgertums" sei: "sehr konservativ, tief katholisch, seit 36 Jahren verheiratet, verbeamtet und äußerst belesen."
So einer geht nicht hin und rechnet ab. Nur vereinzelt lässt Paul Kirchhof durchscheinen, dass er doch Blessuren aus seinem politischen Gastauftritt davongetragen hat. Da es nur im Schlusskapitel ein "Ich" in Paul Kirchhofs Buch gibt, muss ein unbestimmtes "Wir" die Aufgabe übernehmen, Persönliches auszudrücken, ohne persönlich zu sein:
Wir erfahren, dass es im Politischen menschliche Größe, aber auch Niedertracht geben kann, dass aber dort, wo sich Niederträchtiges ereignet, das ehrliche und warme Wort eines vertrauten Menschen, vielleicht der eigenen Frau, hundert Verdächtigungen und Anfeindungen aufwiegen kann.
Das liest man und glaubt es dennoch nicht. Denn Paul Kirchhofs Dilemma ist, dass seine Geschichte haften bleibt. Seine Achterbahnfahrt vom allseits bestaunten Mr. "Flat Tax" zum geistigen Paten für SPD-Wahlplakate mit dem Slogan "radikal unsozial", das war – auch im rüden Politikbetrieb – kein Alltagsereignis.
Als Gerhard Schröder verlor, war er, der "Professor aus Heidelberg", bereits aus dem Rennen. Gründe also gäbe es, im Wahlkampf nicht Gesagtes jetzt zu sagen, damals Missverständliches jetzt klarzustellen. Aber dies Bedürfnis hat Paul Kirchhof offensichtlich nicht – oder er gibt ihm nicht nach.
Sicher, in seiner "Erneuerung des Staates" findet man den bekannten Einheitssteuersatz für alle, die Flat Tax – aber nur beiläufig erwähnt. Man findet auch die zu Wahlkampfzeiten arg strapazierten "Gärten der Freiheit". Es sind aber mitnichten Parkanlagen, eher als Schrebergärten tauchen sie auf. Man kommt auch nicht an jenem Begriff vorbei, in dem sich Paul Kirchhof so punktgenau mit Angela Merkel zu treffen schien:
"Lassen Sie uns mehr Freiheit wagen!"
Die Freiheit ist zentraler Begriff und roter Faden in Paul Kirchhofs Schrift – es ist nur nicht unbedingt die Freiheit, für die der Jurist im Wahlkampf auf die Bühne gehoben wurde. Die Freiheit des bekennenden Katholiken Kirchhof ist zugleich Bindung – Bindung an die Verfassung, an das Gemeinwesen, an die Religion, die kulturelle Identität, an Ehe und Familie:
Würde ein Freiheitsberechtiger diese Bindungen abwehren und allein in der Gegenwartsfreiheit zur Beliebigkeit verharren wollen, so blieben ihm viele Türen zu Gärten der Freiheit versperrt. Wer nicht das Glück von Ehe und Familie, von Ausbildung und Berufstätigkeit, von Firmengründung oder Hausbau erfährt, lebt in einem viel engeren Freiheitsbereich als derjenige, der sich in Freiheitsanstrengung, persönlicher Qualifikation und Bindungsbereitschaft weitere Freiheiten erschließt.
Freiheiten außerhalb dieses strikt bürgerlichen und christlich-kirchlichen Fundaments lässt Kirchhof nicht zu, und es gelingt ihm allenfalls nur knapp, seinen Freiheitsbegriff nicht zum Imperativ werden zu lassen: Sei so frei! Gefälligst!
Kirchhofs "Erneuerung des Staates" ist ein Streifzug durch vielerlei Themenfelder, und in jedem präsentiert sich der Jurist als zuverlässiger Konservativer, zusammengefasst etwa so: Der Sozialstaat entmündigt den Bürger, es werden zu wenig Kinder geboren, Lehrerinnen sollen im Klassenzimmer kein Kopftuch tragen, es gibt zu wenig Religionsunterricht in den Schulen, Eltern sind erziehungsmüde, zuviel Finanzausgleich im föderalen System ist schädlich, und schade sei es, dass man sich im Entwurf für eine europäische Verfassung nicht deutlicher zu den christlichen Wurzeln bekannt hat – und so fort... Dabei wird Paul Kirchhof aber nie dröhnend, und es gelingen ihm schöne und klare Sätze:
Freiheit ist ein Wagnis in Grenzen des Rechts.
Sätze wie diese und überhaupt alle Stellen, bei denen sich der Jurist auf vertrautem Gelände bewegt – auf juristischem Terrain nämlich -, dort finden sich die gelungensten Passagen des Buches.
Andernorts läuft Paul Kirchhof Gefahr, etwas absonderlich zu werden. Wenn er etwa im Kapitel über die Sprache, die Kirchhof zu einem von fünf Erneuerungsinstrumenten für den Staat zählt, ausführt, dass der Autokonzern DaimlerChrysler in die roten Zahlen geraten sei, weil er Englisch als Betriebssprache eingeführt habe:
...während der Konkurrent Porsche an der deutschen Sprache festgehalten, damit seinen Mitarbeitern ihre sprachliche Identität belassen und sie so zu einer selbstbewussteren und verlässlicheren Leistung angeregt habe.
Zumindest in der Automobilwirtschaft dürfte dies eine wenig verbreitete Erkenntnis sein. Es gibt einige Passagen in diesem Buch, in denen Paul Kirchhof keine glückliche Hand hat – die Formulierung von "Müttern und sonstigen Frauen", denen es an Gleichbehandlung fehle, ist aber noch eine der eher komischen Art. Dennoch, und das spricht letztlich für die Lektüre, ist Paul Kirchhof ein Autor, der etwas zu sagen hat.
Und der zuweilen auch verblüfft: Wenn er sich etwa so kapitalismuskritisch äußert, wie man es eher im Umfeld Oskar Lafontaines vermuten würde. Oder wenn er Finanzmärkten, Fondsmanagern und Aktienkursen eine geballte Ladung konservatives Gedankengut von der "Eigentümerverantwortung" entgegenschleudert – nun, dann macht es doch geradezu Spaß, sich auszumalen, was denn geworden wäre, wenn Paul Kirchhof tatsächlich im Chefsessel des Bundesfinanzministeriums Platz genommen hätte. Und von dort aus verkünden würde, was er jetzt nur schreiben kann:
Der Kredit sollte für den Staat als Finanzierungsinstrument ausgeschlossen werden.
Aber vielleicht verkündet man so etwas nicht, vielleicht schreibt man es nur.
Birgid Becker besprach: Paul Kirchhof: "Die Erneuerung des Staates – eine lösbare Aufgabe." Erschienen im Verlag Herder, Freiburg im Breisgau. 160 Seiten - für 16 Euro 90.
Die Erneuerung des Staates – eine lösbare Aufgabe
Gut ein halbes Jahr ist es inzwischen her, seit die schwarz-rote, seit die Große Koalition die politische Verantwortung trägt für den Staat, für die Bundesrepublik Deutschland. Umso interessanter zu erfahren, wie ein Mann, der einmal als Weggefährte Angela Merkels für ein Ministeramt gehandelt, dann aber ins Abseits gestellt worden war, den persönlichen Karriereknick verbinden würde mit einer aktuellen Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten hierzulande. Birgid Becker hat sich Paul Kirchhofs Buch näher angesehen:
Dem Mann wurde übel mitgespielt. Erst Hoffnungsträger der wahlkämpfenden Angela Merkel:
"Was Deutschland braucht in der Krise, in der wir sind, ist Menschen mit einer klaren Zielvorstellung, und die hat Paul Kirchhof! Er soll uns drängen, er soll uns anspornen."
Dann, kurz drauf, Spielball auf dem Feld des politischen Gegners:
Schröder: "Da haben die diesen Professor da aus Heidelberg aufgetan. -Jaja, Jaja..."
Paul Kirchhof, Finanzwissenschaftler an der Uni Heidelberg, Bundesverfassungsrichter a. D., hat im Wahlkampf 2005 ein heftiges und schmerzvolles Intermezzo durchlebt. Einen kurzen Auftritt auf der politischen Bühne in geradezu furioser Dramaturgie. Gestartet als Schattenfinanzminister eines künftigen Kabinetts Merkel, wurde aus dem Joker der Union im Handumdrehen der Stichwortgeber für den Wahlkampf der Sozialdemokraten. Und als das Blatt sich gewendet hatte, als Paul Kirchhof unfreiwillig der beste Wahlhelfer für Rot-Grün geworden war, sorgte die CDU schleunigst für den letzten Vorhang auf seiner politischen Karriere-Bühne. Und auch das wieder – Auslöser für Hohn und Häme:
"Ich find´s schon erstaunlich, was man jetzt hört. Also, noch vor wenigen Tagen wurde von der Kanzlerkandidatin Herr Kirchhof als der neue Ludwig Ehrhard ausgerufen. Und heute ist kein Kohlekeller schwarz genug, wo man ihn gerne verstecken würde!"
Aus den Tiefen des Kohlekellers hätte sich bestimmt eine bissige Abrechnung schreiben lassen, und sie wäre wahrscheinlich ein interessantes Stück Lektüre geworden, diese Abrechnungsgeschichte – über politische Freunde, die für Paul Kirchhof keine waren, über politische Gegner, die hart an der Grenze zur persönlichen Schmähung operierten oder die Grenze auch mal übertraten. Nur: Paul Kirchhof hat diese Abrechnungsgeschichte nicht geschrieben – zumindest nicht in seinem jetzt erschienen Buch mit dem Titel: "Erneuerung des Staates."
Dass eine Abrechnung ausgeblieben ist, liegt wohl daran, dass Paul Kirchhof - wie war es im vergangenen Jahr im Magazin "Stern" zu lesen? -, "die Personifizierung des südwestdeutschen Bildungsbürgertums" sei: "sehr konservativ, tief katholisch, seit 36 Jahren verheiratet, verbeamtet und äußerst belesen."
So einer geht nicht hin und rechnet ab. Nur vereinzelt lässt Paul Kirchhof durchscheinen, dass er doch Blessuren aus seinem politischen Gastauftritt davongetragen hat. Da es nur im Schlusskapitel ein "Ich" in Paul Kirchhofs Buch gibt, muss ein unbestimmtes "Wir" die Aufgabe übernehmen, Persönliches auszudrücken, ohne persönlich zu sein:
Wir erfahren, dass es im Politischen menschliche Größe, aber auch Niedertracht geben kann, dass aber dort, wo sich Niederträchtiges ereignet, das ehrliche und warme Wort eines vertrauten Menschen, vielleicht der eigenen Frau, hundert Verdächtigungen und Anfeindungen aufwiegen kann.
Das liest man und glaubt es dennoch nicht. Denn Paul Kirchhofs Dilemma ist, dass seine Geschichte haften bleibt. Seine Achterbahnfahrt vom allseits bestaunten Mr. "Flat Tax" zum geistigen Paten für SPD-Wahlplakate mit dem Slogan "radikal unsozial", das war – auch im rüden Politikbetrieb – kein Alltagsereignis.
Als Gerhard Schröder verlor, war er, der "Professor aus Heidelberg", bereits aus dem Rennen. Gründe also gäbe es, im Wahlkampf nicht Gesagtes jetzt zu sagen, damals Missverständliches jetzt klarzustellen. Aber dies Bedürfnis hat Paul Kirchhof offensichtlich nicht – oder er gibt ihm nicht nach.
Sicher, in seiner "Erneuerung des Staates" findet man den bekannten Einheitssteuersatz für alle, die Flat Tax – aber nur beiläufig erwähnt. Man findet auch die zu Wahlkampfzeiten arg strapazierten "Gärten der Freiheit". Es sind aber mitnichten Parkanlagen, eher als Schrebergärten tauchen sie auf. Man kommt auch nicht an jenem Begriff vorbei, in dem sich Paul Kirchhof so punktgenau mit Angela Merkel zu treffen schien:
"Lassen Sie uns mehr Freiheit wagen!"
Die Freiheit ist zentraler Begriff und roter Faden in Paul Kirchhofs Schrift – es ist nur nicht unbedingt die Freiheit, für die der Jurist im Wahlkampf auf die Bühne gehoben wurde. Die Freiheit des bekennenden Katholiken Kirchhof ist zugleich Bindung – Bindung an die Verfassung, an das Gemeinwesen, an die Religion, die kulturelle Identität, an Ehe und Familie:
Würde ein Freiheitsberechtiger diese Bindungen abwehren und allein in der Gegenwartsfreiheit zur Beliebigkeit verharren wollen, so blieben ihm viele Türen zu Gärten der Freiheit versperrt. Wer nicht das Glück von Ehe und Familie, von Ausbildung und Berufstätigkeit, von Firmengründung oder Hausbau erfährt, lebt in einem viel engeren Freiheitsbereich als derjenige, der sich in Freiheitsanstrengung, persönlicher Qualifikation und Bindungsbereitschaft weitere Freiheiten erschließt.
Freiheiten außerhalb dieses strikt bürgerlichen und christlich-kirchlichen Fundaments lässt Kirchhof nicht zu, und es gelingt ihm allenfalls nur knapp, seinen Freiheitsbegriff nicht zum Imperativ werden zu lassen: Sei so frei! Gefälligst!
Kirchhofs "Erneuerung des Staates" ist ein Streifzug durch vielerlei Themenfelder, und in jedem präsentiert sich der Jurist als zuverlässiger Konservativer, zusammengefasst etwa so: Der Sozialstaat entmündigt den Bürger, es werden zu wenig Kinder geboren, Lehrerinnen sollen im Klassenzimmer kein Kopftuch tragen, es gibt zu wenig Religionsunterricht in den Schulen, Eltern sind erziehungsmüde, zuviel Finanzausgleich im föderalen System ist schädlich, und schade sei es, dass man sich im Entwurf für eine europäische Verfassung nicht deutlicher zu den christlichen Wurzeln bekannt hat – und so fort... Dabei wird Paul Kirchhof aber nie dröhnend, und es gelingen ihm schöne und klare Sätze:
Freiheit ist ein Wagnis in Grenzen des Rechts.
Sätze wie diese und überhaupt alle Stellen, bei denen sich der Jurist auf vertrautem Gelände bewegt – auf juristischem Terrain nämlich -, dort finden sich die gelungensten Passagen des Buches.
Andernorts läuft Paul Kirchhof Gefahr, etwas absonderlich zu werden. Wenn er etwa im Kapitel über die Sprache, die Kirchhof zu einem von fünf Erneuerungsinstrumenten für den Staat zählt, ausführt, dass der Autokonzern DaimlerChrysler in die roten Zahlen geraten sei, weil er Englisch als Betriebssprache eingeführt habe:
...während der Konkurrent Porsche an der deutschen Sprache festgehalten, damit seinen Mitarbeitern ihre sprachliche Identität belassen und sie so zu einer selbstbewussteren und verlässlicheren Leistung angeregt habe.
Zumindest in der Automobilwirtschaft dürfte dies eine wenig verbreitete Erkenntnis sein. Es gibt einige Passagen in diesem Buch, in denen Paul Kirchhof keine glückliche Hand hat – die Formulierung von "Müttern und sonstigen Frauen", denen es an Gleichbehandlung fehle, ist aber noch eine der eher komischen Art. Dennoch, und das spricht letztlich für die Lektüre, ist Paul Kirchhof ein Autor, der etwas zu sagen hat.
Und der zuweilen auch verblüfft: Wenn er sich etwa so kapitalismuskritisch äußert, wie man es eher im Umfeld Oskar Lafontaines vermuten würde. Oder wenn er Finanzmärkten, Fondsmanagern und Aktienkursen eine geballte Ladung konservatives Gedankengut von der "Eigentümerverantwortung" entgegenschleudert – nun, dann macht es doch geradezu Spaß, sich auszumalen, was denn geworden wäre, wenn Paul Kirchhof tatsächlich im Chefsessel des Bundesfinanzministeriums Platz genommen hätte. Und von dort aus verkünden würde, was er jetzt nur schreiben kann:
Der Kredit sollte für den Staat als Finanzierungsinstrument ausgeschlossen werden.
Aber vielleicht verkündet man so etwas nicht, vielleicht schreibt man es nur.
Birgid Becker besprach: Paul Kirchhof: "Die Erneuerung des Staates – eine lösbare Aufgabe." Erschienen im Verlag Herder, Freiburg im Breisgau. 160 Seiten - für 16 Euro 90.