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PDS-Parteitag in Gera

Vor PDS-Parteitag in Gera schien Gabi Zimmer weitgehend isoliert. Doch sie hat sich hier überraschend deutlich durchgesetzt. Sie bleibt für weitere zwei Jahre die Vorsitzende der PDS. Nach einer 15stündigen Marathon-Debatte wurde die 47jährige Politikerin am späten Samstagabend kurz vor Mitternacht von 69,2 Prozent der Delegierten gewählt. Diese hatten ihre Offerte angenommen:

Gode Japs und André Hatting |
    Ich unterbreite euch weiterhin mein Angebot, gemeinsam mit euch den Versuch zu unternehmen, die PDS als zukunftsfähige, sozialistische, kulturvolle Partei zu entwickeln. Wir wollen mit neuen Erkenntnissen aus den gemachten Fehlern, mit Mut und Selbstvertrauen schöpfen, um uns selbst zu verändern und auf die zukünftigen Herausforderungen einzustellen – und das gemeinsam.

    Mit der Wahl Zimmers wurde auch eine Richtungsentscheidung getroffen. Denn wenige Stunden zuvor hatte der Grundsatzantrag der Parteichefin über die künftige Strategie der PDS eine breite Mehrheit gefunden. Dort wird als Aufgabe der SED-Nachfolgepartei eine "gestaltende Opposition" hervorgehoben und die Zusammenarbeit mit nichtparlamentarischen Bewegungen unterstrichen. Diese Abstimmung war für den Zimmer-Herausforderer und bisherigen Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch ausschlaggebend, seine am vergangenen Mittwoch angekündigte Bewerbung für den Parteivorsitz zurückzuziehen. Sein Alternativantrag hatte keine Chance. Eine bittere Niederlage für den sogenannten Reformflügel der PDS. Für Bartsch war damit klar:

    Ich ziehe diese Kandidatur zurück, nach den inhaltlichen Abstimmungen, die es gegeben hat. Demzufolge wäre es falsch, zu kandidieren. Ich verzichte auf eine Kandidatur.

    An Stelle von Bartsch warf nun der bisherige Vorsitzende der PDS-Bundestagsfraktion Roland Claus seinen Hut in den Ring. Er begründete seinen Schritt damit, dass der Parteitag in Gera eine Entwicklung genommen habe, zu der er "ausdrücklich nicht stehe". Claus weiter:

    Ich will kein Öl ins Feuer gießen. Ich will diese Lagerbildung nicht mitmachen. Ich denke aber, da mein Verhältnis zu Gabi eben nicht gestört ist, dass ich dieses Lager entspannen könnte, wenn ich kandidiere.

    Zur Entspannung kam es nicht. Am Ende nicht einmal 30 Prozent der Delegierten auf der Seite der Reformer. Das schmerzt. Gequälte Gesichter bei den männlichen Herausforderern von Gabi Zimmer. Brenzlige Situation: Manch einer spielte mit dem Gedanken, das PDS-Parteibuch nun hinzuschmeißen. Doch nach einer Parteitags-Unterbrechung waren die Verlierer sich einig: Die PDS darf nicht wieder zur "reinen Lehre sozialistischer Politik" verkommen, nicht allein der Total-Opposition überlassen werden. Gaby Zimmer erhielt vor allem Unterstützung aus den Landesverbänden Sachsen und Thüringen, aber auch aus den westdeutschen Gruppierungen und zahlreichen Arbeitsgemeinschaften wie etwa der Kommunistischen Plattform. "Durchgewählt" wurde auch bei der engeren Parteiführung. Als Vizechefs bestätigt: der westdeutsche Dieter Dehm und der sächsische Chef der Landtagsfraktion, Peter Porsch. Dritte im Bunde der Stellvertreter ist jetzt die bisherige Bundestagsabgeordnete Heidemarie Lüth. Den Posten als Bundesgeschäftsführer übernimmt Uwe Hiksch. Er und Dehm waren früher einmal SPD-Mitglieder. Wundenlecken war angesagt – vor allem bei den Reformern. Und heute Vormittag hatte Gabi Zimmer nun auch weiße Salbe für die Unterlegenen zur Hand:

    Ich möchte um gemeinsame Solidarität werben, Partei als gemeinsame Partei betrachten und ich möchte auch darum bitten, dass wir gemeinsam nicht zulassen, dass sich jetzt Flügel bilden bzw. dass Menschen sich jetzt ausgegrenzt fühlen.

    Ob dies gelingt, ist fraglich. Zu groß sind die inhaltlichen Differenzen. So meinte zum Beispiel der Delegierte Steffen Harzer zu dem von Gabi Zimmer eingebrachten Grundsatzantrag:

    Wenn wir dies beschließen, ist das die indirekte Aufforderung an unsere Mandatsträger, am Montag zurückzutreten.

    Den rot-roten Koalitionen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern stehen schwere Zeiten bevor. Besonders bei der Basis gibt es starke Vorbehalte und viel Unbehagen gegenüber dieser Art von politischer Zusammenarbeit. Darauf konnte Gabi Zimmer bauen. Nach ihrer Grundsatzrede hatte sie wieder viele Herzen der Basis zurückerobert. André Hatting hat dort Stimmen und Stimmungen eingefangen:

    David Schneider ist sichtlich zufrieden. Die Wiederwahl Gabi Zimmers empfindet er als die einzig richtige Antwort auf das Wahldebakel der PDS:

    Ich fand, es war fatal in der Vergangenheit die Anbiederung an die SPD, andere Reformprojekte zu sehr zu thematisieren und anzugehen, anstatt wirklich eine Alternative, systemoppositionelle Politik zu betreiben. Das muss sich ändern, und ist nur unter Zimmer möglich, unter Claus oder Bartsch ist das nicht zu machen.

    Der Achtundzwanzigjährige Landesdelegierte aus dem Saarland trifft den Ton der meisten Genossen auf dem Parteitag. Zimmers "gestaltende Opposition" – für viele Delegierte ein Schwenk nach links - ist das, was die Basis fordert. Dass die alte und neue Partei-Chefin nicht gerade ein Medienstar ist, spiele nur eine untergeordnete Rolle, sagt Uwe Adamscik. Landtagsabgeordneter aus Sachsen:

    Die Kritik an ihr mag nicht unberechtigt sein, sie mag vielleicht auch richtig rüberkommen. Auf der anderen Seite vertritt sie noch eher auch die Intentionen, wofür die PDS ursprünglich mal angetreten ist. Wenn ich mir Bartsch oder Claus angucke, dann stehen sie eigentlich eher für eine wesentlich deutlichere Nähe zur Sozialdemokratie. Wenn das so ist, dann wählt der Bürger auch in Zukunft lieber das Original.

    Die Delegierten nutzen den Parteitag auch, um die Fehler des Wahlkampfes zu diskutieren. Das allerdings weniger durch öffentliche Debatten vor versammelter Menge. Dort geht es ausschließlich um die Zukunft. An den Bierständen vor dem Saal unterhält man sich in kleinen Gruppen über die Erfahrungen beim diesjährigen Stimmenfang. Christine Bostor aus Chemnitz und Claudia Härtlein aus Meißen ärgern sich über eine Vielzahl von Fehlern während des Wahlkampfes:

    Wir haben uns völlig wegnehmen lassen die Frage der Anti-Kriegshaltung. Wo Schröder sich vorgenommen hat, im Irak keine Einsätze - haben wir uns nicht einmal geäußert. . Zum Hartz-Konzept haben wir uns dann nicht mehr geäußert, was Hartz-Konzept eigentlich betrifft, dass das gegen die Arbeitslosen im Grunde genommen geht, haben wir nicht so klar ausgesprochen, das hätte sich die Basis mehr gewünscht...

    Ein Problem war, die ganze Aktion Schröder stützen, damit Stoiber verhindern, ging voll gegen den Baum und war überhaupt nicht durchdacht. Die Wahlplakate, die wir hatten, waren vollkommen unkonkret. Ich bin selber angesprochen worden von Wählern beim Plakatieren. Was wollt ihr mit dem Plakat "Arbeit soll das Land regieren". Da können wir uns nichts drunter vorstellen. Dann habe ich gefragt, und warum, was hättet ihr anders gemacht? Na, euer Plakat damals, "gleichen Lohn für gleiche Arbeit", darunter konnten wir uns etwas vorstellen, das war was Greifbares....Die Briefe Brie, Gysi an Lafontaine, was hat das im Wahlkampf zu suchen, mit niemandem abgestimmt, die Basis erfährt’s aus der Zeitung. Wir stehen im Wahlkampf und werden gefragt und müssen selber erstmal mit den Schultern zucken, weil keiner was gewusst hat, und sowas darf einfach nicht passieren.

    Mit der neuen Führungsspitze verbinden viele Delegierte auch die Hoffnung, dass der Informationsfluss zwischen der Basis und dem Bundesvorstand besser funktioniert. Transparenz und Mitspracherecht haben die Delegierten unter der Leitung des alten Vorstands nicht nur im Wahlkampf vermisst. Gabi Zimmer und ihr neues Team werden das ändern. Davon sind die meisten an diesem Wochenende in Gera fest überzeugt. Die Aufbruchstimmung übertönt ein wenig die leisen, kritischen Stimmen. Manche scheinen zu vergessen, dass ihre Genossen in Regierungsverantwortung wie in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin Probleme mit einem radikalisierten Programm bekommen könnten. Katrin Schefken von der Rosa-Luxemburg-Stiftung blickt nachdenklich auf die Zeit nach dem Geraer Parteitag:

    "Das kommt jetzt darauf an, welche Rolle die reformerischen Kräfte in der Partie spielen können, und das kann man jetzt noch nicht sagen, das wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen wie stark diese Gruppierungen wirklich Druck machen können und tatsächlich Reformen, die erforderlich sind, durchzusetzen."

    Soweit André Hatting. Das, was die PDS an diesem Wochenende in Gera bot, war ein "Richtungsparteitag". In der sich über viele Stunden hinziehenden, emotional geladenen, heftigen Debatte wurde um einen Neuanfang nach der Wahlniederlage vom 22. September gerungen. Kämpferisch und selbstkritisch trat dabei auch die PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer auf. Die Wahlniederlage wertete sie vor allem als "Ausdruck der völlig unzulänglichen Erneuerung" ihrer Partei:

    Die PDS ist in einer existenziellen Krise, weil wir gegenwärtig zumindest von der bundespolitischen Seite nicht mehr erlebt werden. Das ist die Krise, vor allem auch unserer Führungsgremien, insbesondere auch durch den Parteivorstand, insbesondere natürlich auch in meiner Verantwortung. Es wird aber in diesem Land eine moderne sozialistische Partei gebraucht und die Frage lautet: Gelingt uns der Weg dahin?

    Gabi Zimmer bekannte sich in ihrer fast neunzigminütigen, häufig von Beifall unterbrochenen Rede zu ihrer Mitschuld an dem Wahl-Debakel, räumte gleichzeitig aber auch schwere Differenzen innerhalb des vierköpfigen Spitzenteams im Wahlkampf ein. Dass die PDS bei der Bundestagswahl nur vier Prozent der Zweitstimmen und lediglich zwei Direktmandate bekommen hat, das hänge auch mit den Konflikten in der Parteiführung zusammen:

    Wir haben im Tagesgeschäft zu oft den Blick für das Leben außerhalb des Karl-Liebknecht-Hauses verloren. Ich habe auch als Vorsitzende nicht energisch genug darauf gedrungen, dass wir aus den babylonischen Festungen herauskommen. Viele Konflikte der letzten Jahre sind unter der Decke geblieben. Zum einen aus meiner Sorge, dass unterschiedliche Sichten auf die Partei medial lediglich als Kraftmeiereien zwischen Bundesgeschäftsführer und Vorsitzender verstanden werden, zum anderen, weil ich mich gerade im Wahlkampf zu sehr diszipliniert habe, anstatt mal mit der Faust auf den Tisch zu hauen.

    Gabi Zimmer forderte von ihrer Partei, dass sie sich künftig viel stärker von der SPD abgrenzt und mehr Oppositionsarbeit leistet. Es ging – wie schon so häufig auf PDS-Kongressen – auch in Gera um die Frage, ob man sich als sozialistische Partei oder aber als zweite sozialdemokratische Partei profilieren soll. Ob man sich als potentielle Koalitionspartnerin von SPD und Grünen versteht, sich auf ein ostdeutsches sozialdemokratisches Projekt reduziert oder aber als bundesweite sozialistische Partei zu gesellschaftlichen Veränderungen beitragen will. Die Antwort der Partei-Chefin war eindeutig:

    Ich bin der Meinung, dass die PDS sich klar als sozialistische Partei profilieren sollte. Eine zweite sozialdemokratische Partei wird in Deutschland nicht gebraucht. Damit sage ich auch klar, dass ich die Position des Berliner Initiativantrag nicht teile, die PDS sei, wie die SPD, eine demokratische und soziale Reformpartei.

    Für viele Parteitagsredner mussten mal wieder die Sozialdemokraten als Prügelknaben und Sündenböcke herhalten. Sie seien schuld an allem Übel dieser Welt - und natürlich auch an der Misere der PDS. Deshalb müssten Schmusekurs und Anbiederung aufhören. Diese Argumentation ging manchen Delegierten zu weit – so auch Steffen Harzer aus Thüringen:

    Mir kommt es manchmal so vor, als wenn wir den selben Fehler wie die KPD vor 33 machen, indem wir die SPD als Sozialfaschisten bezeichnen. Das ist doch aber nicht wahr.

    Die Kritiker von Gabi Zimmer - vor allem aus Berlin und Mecklenburg-Vorpommern -, warfen ihr vor, die Opposition einer Regierungsbeteiligung vorzuziehen. Zimmers Zauberwort hierfür lautet "gestaltende Opposition":

    Die Kurzformel von der 'gestaltenden Opposition’ nimmt den Widerspruch in sich auf und sagt nichts anderes, als dass wir alle Möglichkeiten und Formen demokratischer Politik – von dem Protest auf der Strasse bis zum Mitregieren nutzen – um die Gesellschaft zu verändern und deshalb eben nicht auf einen Teil davon verzichten können. Also das Oppositionsprofil und das Gestaltungsprofil in einem hinbekommen wollen.

    Das sei nichts anderes als ein Formelkompromiss, kritisierten die Zimmer-Gegner. So stehle man sich aus der politischen Verantwortung. Sandra Brunner vom Berliner Landesverband zum Beispiel forderte mehr Sachpolitik von ihrer Partei. Als Ursache des Wahldebakels beklagte sie – an die Adresse von Gabi Zimmer gewandt – eine "substanzlose Politik". Und dafür gab es Buh-Rufe und Pfiffe:

    Das war eine wirklich kämpferische Rede. Ich hätte mir trotzdem gewünscht, dass du vielleicht ein Stück weit weniger mit unredlichen Bemerkungen und auch anderen Fragestellungen reagiert hättest. (Pfiffe). Wir sind einfach mangels Substanz weggeschwemmt worden.

    Benjamin Hof sah die PDS nach der Zimmer-Rede in einer des Kaisers-Neuen-Kleider-Situation:

    Mehr als 600.000 Wähler haben gesagt, die PDS ist nackt, hat keinen Gebrauchswert für uns, deshalb wählen wir sie nicht. Und Gabi Zimmer hat gesagt: Aber wir haben doch ein Programm. Und das ist genau diese Kaisers neue Kleider-Situation. Mit der Rede ist nicht der Gebrauchswert der Partei dargestellt worden, sondern es ist ein Mythos aufgemacht worden: wir hätten Konzepte und wären damit wählbar und das stimmt einfach nicht.

    Mecklenburg-Vorpommerns Vize-Regierungschef Helmut Holter vermisste bei der Parteivorsitzenden Klarheit über den künftigen Kurs der PDS. Seine Empfehlung:

    Also weniger Selbstzweifel, mehr Selbstbewusstsein. Und wir gehen nicht bedingungslos in die Regierung. Es ist nicht die Grundfrage: Sozialistische Partei oder sozialdemokratische Partei? Die Frage ist beantwortet durch die Gesellschaft. Es geht um folgende Frage: Sekte in der Gesellschaft oder Mehrheitspartei in der Gesellschaft? :

    Der PDS-Ehrenvorsitzende Hans Modrow ging mit der Führungsspitze seiner Partei hart ins Gericht. Das vierköpfige Spitzenteam im Bundestagswahlkampf kritisierte er als eine "undefinierbare Vielfalt". Vor allem den sogenannten Reformern in der Parteiführung um Dietmar Bartsch stellte der letzte SED-Ministerpräsident der DDR ein vernichtendes Zeugnis aus:

    Wer Vorsignale wie in Sachsen-Anhalt nicht ernst nimmt und sich noch in die eigene Tasche lügt, wer eindringliche Warnungen in den Wind schlägt, leichtfüßig durch den härtesten Wahlkampf in der bundesdeutschen Geschichte tänzelt und gar von Mitregieren auf Bundesebene fabuliert, kann der Schärfe des politischen Kampfes nicht gerecht werden.

    Die Liste der Vorwürfe, die in Gera gegen die bisherige Parteiführung erhoben wurde, ist lang. Hier nur einige Stichworte: Keine Wahlstrategie, zu wenig gekämpft, einen Zick-Zack-Kurs während des Wahlkampfs gefahren, Anbiederung an die SPD, Konzeptionslosigkeit und Machtarroganz der Führung, die Antikriegsposition nicht aggressiv genug vertreten, die Kompetenz als Ostpartei eingebüßt. Der Delegierte Thomas Hofmann nannte noch zwei weitere Kritikpunkte:

    Einer unser wesentlichen Schwachpunkte bestand auch darin, dass wir die tatsächlichen Probleme und Sorgen der Menschen zu wenig wahrnehmen. Eine weitere wichtige Lehre aus dieser Niederlage sollte auch sein, dass wir nicht mehr in der Lage waren, Protest und Widerstandspartei zu sein.

    Viele Delegierte nannten die PDS-Regierungsbeteiligungen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin einen schweren Fehler. Bei kommenden PDS-Debatten müsse zumindest die Art des Mitregierens auf den Prüfstand, meinte etwa der Thüringer Delegierte Steffen Kachel:

    Ich glaube, dass unsere Teilnahme an diesen beiden Regierungen einen Hauptfaktor für den Einbruch ins Wählervertrauen dargestellt hat. :

    Ganz ähnlich auch die prominente Wortführerin der Kommunistischen Plattform, Sarah Wagenknecht :

    Statt Hartz zu attackieren, haben wir mit einer Rolle als Kanzlermacher kokettiert. So haben wir Vertrauen und Glaubwürdigkeit verspielt. Wir sind verwechselbar geworden, und in den Augen vieler zu einer – im schlechten Sinne – ganz normalen Partei. Niemand verlangt, dass wir jetzt Hals über Kopf die Koalition verlassen. Aber wenn unser Profil als sozialistische Partei und soziale Widerstandskraft nicht erkennbar bleibt, dann haben wir verloren.

    Eine andere Position nahm die bisherige stellvertretende Parteichefin Petra Pau ein. Die in Berlin direkt in den Bundestag gewählte Reform-Politikerin befürchtet auch, dass die PDS in die Bedeutungslosigkeit abrutschen könnte, wenn es ihr nicht gelinge, sich zu einer zweiten Erneuerung aufzuraffen:

    Die PDS kann nur als moderne, als sozialistische und auch Bürgerrechtspartei eine bundesweite Zukunft haben. Dazu gehört, dass wir auch weiterhin kritisch mit unserer eigenen Geschichte umgehen.

    Das wird noch seine Zeit brauchen. Als sich ein Vorstandskandidat den Delegierten vorstellte und hervorhob, für den DDR-Spionagechef Markus Wolf gearbeitet zu haben, da gab es kräftigen Beifall des Parteitages.