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Per Anteil ins Beton investieren

Immobilien haben das Image, jeder Krise mit Wertbeständigkeit zu trotzen. Von diesem Image zehren auch die offenen und geschlossenen Immobilienfonds und Immobilienaktien. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Von Michael Braun | 15.07.2011
    Dass Deutschland im vorigen Jahrhundert zwei Inflationen erlitten hat, hat sich ins familiäre Erinnern eingegraben. Und dass Immobilien der beste Schutz gegen Inflation sei, gehört ebenfalls zum kollektiven Krisenmanagement vieler Familien. Das nutzt die Branche, um Immobilien anzupreisen, gern auch in kleinen Portionen für den, der sich eine eigene nicht leisten kann oder der gerne statt in Wohneigentum in Bürotürme, Einkaufszentren oder andere Gewerbeimmobilien investieren möchte. Fast sechs Milliarden Euro wurden im ersten Halbjahr allein in Einzelhandelsimmobilien angelegt. In einer Analyse der deutschen Niederlassung von BNP Parisbas über den Immobilienmarkt heißt es,

    "dass Einzelhandelsimmobilien in Zeiten unsicherer Finanzmärkte und perspektivisch steigender Inflationsraten für privates Kapital zunehmend eine wichtige Alternative zu anderen Assetklassen darstellen."

    Und der BVI, der Bundesverband Investment und Asset Management, in dem die großen Fondsgesellschaften der Nation zusammengeschlossen sind, kam gestern mit einer Statistik heraus, aus der sich auch die Anlage in Sachwerten als überlegene Entscheidung herauslesen lässt: Aktienfonds mit Anlageschwerpunkt Deutschland hätten im Schnitt der letzten zehn Jahre 2,3 Prozent jährlich an Wert gewonnen, im Schnitt der letzten 20 Jahre gar sieben Prozent jährlich. Und offene Immobilienfonds hätten es immerhin auf 3,9 Prozent jährlich in den vergangenen zehn und auf 5,0 Prozent jährlich in den vergangenen 20 Jahren gebracht.

    Niels Nauhauser, Finanzexperte von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, mahnt aber, es gebe nicht die sichere Geldanlage, auch nicht bei Immobilien und Immobilienfonds:

    "Es liegt in der Natur der Anlageklasse Immobilie, dass man da nicht von heute auf morgen an sein Geld kommt. Das weiß nun jeder, der schon mal sein Eigenheim in kurzer Frist verkaufen musste. Das ist nicht möglich. Und das ist auch oft mit Verlusten verbunden, wenn man Anschaffungskosten hat, die man beim Verkauf vielleicht so schnell nicht mehr hereinholen kann. Deshalb ist es ganz wichtig, einen langfristigen Anlagehorizont mitzubringen und entsprechend auch Wertschwankungen auszuhalten. Denn Immobilienfonds und Immobilien generell sind ja auch per sé keine sehr sichere Anlageform."

    Nauhauser rät grundsätzlich von geschlossenen Immobilienfonds ab, Fonds also, die Geld einsammeln, um ein Objekt zu finanzieren, dann schließen, steuerliche Vorteile versprechen, deren Anteile aber über Jahre kaum verkäuflich sind. Offene Immobilienfonds holen ständig Anlegergelder herein und kaufen, sobald es reicht, geeignete Objekte. In der Finanzkrise hatten viele Anleger versucht, ihr Geld in Immobilienfonds zu parken. Das Fondsmanagement musste die Gelder anlegen, vor allem in Immobilien. Und als die geparkten Gelder wieder abgezogen wurden, musste das Management Immobilien verkaufen – oft unter zeitlichem Druck. Und das heißt auch: Preisdruck. Nicht jeder Fonds hielt das aus. Von 24 Fonds machten 17 zumindest zeitweise dicht, elf sind es noch immer. Die Fondsgesellschaft nimmt also Anteile nicht zurück. Anleger kommen also quasi nicht an ihr Geld heran, es sei denn über Fondsbörsen zu vermutlich unbefriedigenden Kursen. Wer Immobilienaktien oder Immobilienfonds kauft, sollte also auf das Immobilienportfolio des Fonds schauen. Sonja Knorr, Analystin der Ratingagentur Scope, nennt die Kriterien:

    "Haben sie langfristig vermietete Immobilien an guten Standorten? Mit guter Mieterbonität? Dann ist das Risiko für den Anleger doch geringer. Sollte es doch zu einer Liquidation kommen, dann sind hier Veräußerungserlöse zu erwarten, die dem Markt entsprechen. Bei Produkten, die hier Probleme haben, sind die Abwertungsrisiken natürlich weiterhin vorhanden. Dies spiegelt sich in den Börsenkursen natürlich schon zum Teil sehr drastisch wider."

    Immobilien und Immobilienfonds als einzigen Schutz vor Inflation und Währungsnöten anzusehen – das wäre auf jeden Fall der falsche Weg:

    "Letztlich ist überhaupt keine Anlageform langfristig absolut sicher. Das gilt genauso auch für Staatsanleihen. Selbst die Staatsanleihen Deutschlands sind aus heutiger Sicht eine sehr sichere Anlageform. Aber wir wissen nicht, wie die Staatsfinanzen in zehn Jahren aussehen oder in 30 Jahren. Insofern ist eine Risikostreuung über die ganzen verschiedenen Vermögensanlagen sehr, sehr sinnvoll. Und das ist auch der beste Schutz gegen Vermögensverluste langfristig gesehen."

    sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sein Rat also: Niemals alles auf eine Karte setzen. Und wer schon ein Haus oder eine Eigentumswohnung hat, sollte wissen, dass er mit Immobilienfonds sein Engagement in Steinen und Beton weiter erhöht.