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Per Mausklick ins Studium

Die Universität Rostock bietet den ersten Online-Juniorstudiengang an. Die Juniorstudenten können ihr Studium, bis auf Klausuren und zwei Seminarveranstaltungen, per Internet absolvieren - und ihre Zertifikate werden im regulären Studium anerkannt.

Von Olaf Baale |
    Wie so häufig war die Idee aus der Not geboren. Die Uni Rostock wollte ein Juniorstudium anbieten, doch in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern sind die Fahrtzeiten oft sehr lang und Schülern der zehnten bis zwölften Klassen, Auszubildenden, Wehr- und Zivildienstleistenden und Absolventen eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oftmals nicht zuzumuten. Eine Onlinevariante musste her, die Vorlesungen aufgezeichnet und für die Internetpräsenz aufbereitet werden.

    Martin Jagielski, inzwischen regulärer Informatikstudent, hat den Einstieg übers Juniorstudium gefunden.

    "Während des Juniorstudiums - da hab ich mich in der Woche etwa vier Stunden rangesetzt und dann hat das gepasst. Das war einmal die Vorlesung, die ich mit angeguckt hab, anderthalb Stunden, und Hausaufgaben mussten auch jede Woche gemacht werden. Das waren Übungsstunden, die wichtig waren, um für die Prüfung zugelassen zu werden."

    Nicht nur die Vorlesungen, auch dazugehörende Hausarbeiten laufen über den PC. Informieren kann sich jeder über das Bildungsportal Mecklenburg-Vorpommern, www.bildungsportal-mv.de. Die Anmeldung erfolgt per E-Mail, dann werden die Studienunterlagen zugeschickt und der Juniorstudent kann sich seinen Onlinezugang einrichten. Anja Thomanek, zuständig für die organisatorische Betreuung:

    "Für die konkrete Betreuung der Juniorstudenten haben wir Onlinetutoren eingestellt. Das sind studentische Hilfskräfte, hauptsächlich Lehramtsstudenten, die die Schüler dann online, aber auch während der Präsenzen betreuen."

    Dadurch kann die Rostocker Uni eine Vielzahl von Juniorstudiengängen anbieten, mittlerweile neben Informatik auch Chemie und Biologie, Medizin, Anglistik, Geschichte, Theologie, Kommunikation und Sozialpsychologie. Die Juniorstudiengänge laufen parallel zu den jeweils ersten Semestern der Regelstudiengänge, die Vorlesungen werden aufgezeichnet und dann kurze Zeit später ins Netz gestellt.

    "Der Schüler sieht also diese Ansicht, also er hat das Bild, das Video des Vortragenden links unten, darüber die Foliengliederung und rechts auf dem großen Bild die Folie selbst. Er hat dann eine Steuerung wie beim Videorekorder und kann auf Play drücken, kann vorspulen, zurückspulen und auch nach Stichwörtern suchen."

    Der Player zum Ansehen der Vorlesungen kann kostenlos heruntergeladen werden. Die Onlinevorlesungen, die ursprünglich nur für Juniorstudenten gedacht waren, werden mittlerweile auch gern von Erstsemestern genutzt. Die fehlende räumliche Präsenz des Vorlesenden wird kaum vermisst. Noch einmal Informatikstudent Martin Jagielski:

    "Ich sehe da eher Vorteile. Wenn man eine Stelle nicht verstanden hat, spult man einfach noch mal kurz zurück und spielt es noch mal ab oder man kann sich die Lesung noch ein zweites Mal anschauen oder, wenn man gerade jetzt keine Zeit hat, dann eben drei Tage später. Ich finde, das hat nur Vorteile, die Lesung online zu haben."

    Zu Klausuren müssen natürlich auch die Juniorstudenten anreisen, außerdem gibt es für jeden Studiengang zwei Seminartage. Da aber Vorlesungen und Hausaufgaben über den PC laufen, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Beispielsweise leistete einer der Juniorstudenten gerade ein freiwilliges soziales Jahr in Ecuador ab. Und selbst der Kontakt unter den Mitstudenten kommt nicht zu kurz.

    "Über die Plattform konnte man mit den anderen kommunizieren und sich kennenlernen - also man konnte sich austauschen. Das ging schon."

    Das Sommersemester für das Rostocker Juniorstudium beginnt Mitte April. Wer etwas später dazu stößt, wird nicht abgewiesen. Schließlich lassen sich die Vorlesungen online aufrufen und der Juniorstudent bestimmt, wann er sich eine Vorlesung ansieht und die dazugehörenden Hausaufgaben erledigt.