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Permanente Gesundheitsmeldung

Medizin. - Sport, vernünftige Ernährung, Nichtrauchen, dieses Trio ist der Schlüssel zur Gesundheit. Das ist altbekannt, doch die einfachen Ratschläge umzusetzen fällt vielen schwer. Das liegt sicher auch daran, dass die Sünden von heute sich erst in Monaten oder Jahren auf die Gesundheit auswirken. An der Charité in Berlin wurde deshalb ein Sensor entwickelt, der direkt zurückmeldet, wie der Körper auf das gesunde oder weniger gesunde Verhalten in den letzten Tagen reagiert.

Von Volkart Wildermuth | 15.12.2011
    "Wir werden den Sensor jetzt auf Ihre Handoberfläche setzen, mit einem Knopfdruck wird das System gestartet."

    Vor zehn Monaten hat mir Jürgen Lademann, Professor für Hautphysiologie an der Berliner Charité, einen optischen Sensor von der Größe einer Computermaus auf den Handballen gedrückt. Dieser strahlt Licht in die Haut und aus den reflektierten Strahlen lässt sich berechnen, wie viele Carotinoide in meiner Haut sind. Carotinoide schützen vor aggressiven Sauerstoffradikalen. Gesunde Ernährung stärkt diesen Schutzschirm des Körpers, Stress und Krankheiten schwächen ihn. Auf einer Skala von schlechten Eins bis optimalen Zehn lag ich genau in der Mitte.

    "Sie sind Nichtraucher, Sie ernähren sich gesund was aber auch nicht heißt, dass Sie ganz gezielt sich vegetarisch ernähren. Sie sind mittelmäßig gestresst, würde ich sagen."

    Stimmt alles, Ausreden zwecklos. Dem objektiven Gesundheitsurteil des Lichtsensors haben sich in den folgenden Monaten 50 Oberschüler vom Elisabeth-Knipping- Berufsschulzentrum in Kassel gestellt. Zuerst wurden ihre Basiswerte registriert, dann gab es eine Ernährungsberatung, besonders gesundes Schulessen und vor allem dreimal in der Wochen das Feedback des Sensors. Die 19 jährige Sophia Spirudis.

    "Bei Klausuren hat man doch schon auch gesehen, dass der Wert runter geht. Der Stressfaktor spielt dabei eine große Rolle. Also man ist wirklich überrascht, wenn man sieht: 'Oh Gott, mein Wert ist jetzt bei zwei oder drei!' Dann hat man doch den Ansporn sich jetzt besser zu ernähren und dadurch einen besseren Wert zu erreichen."

    "Diese Konkurrenz zu anderen, dass man gesehen hatte, ich möchte auch ein bisschen da mithalten, vielleicht auch ein bisschen besser sein und man konnte sich vergleichen, man hatte einen Wert, wo man sehen konnte: 'OK, wie ernähren sich die anderen, wie kann ich da noch besser werden, wie kann ich an mir selber arbeiten, wie kann ich die ganzen Werte hochkriegen.'"

    Um in der Konkurrenz zu bestehen, hat Dominik Vogt sogar mit dem Rauchen aufgehört. Der Wettbewerb um die besten Gesundheitswerte hat sicher zum Erfolg des Projektes beigetragen. Nach einem Monat Feedback lagen die Werte der 50 Schüler im Schnitt um 13 Prozent höher als zu Beginn. Jürgen Lademann.

    "Das ist phantastisch. Selbst ein halbes Jahr später, als nicht mehr gemessen wurde, konnten wir nachweisen, dass dieser tolle Wert noch vorhanden war. Was eigentlich das entscheidende dabei ist: Dass man sieht, es hat eine Nachhaltigkeit. Man hat es verstanden, was es bedeutet, sich gesund zu ernähren, wie man mit dem Stress umgehen muss und das ist nicht nur eine Eintagsfliege, die während der Messung irgendwie zu Buche schlägt, sondern auch wirklich das Verhalten, Ernährungsverhalten Stressverhalten nachhaltig beeinflusst."

    Nachhaltig war der Versuch auch für die Elisabeth-Knipping Schule. Dort wird jetzt drei Mal die Woche gesundes Essen frisch für die Schüler und Lehrer zubereitet. Der Fastfood-Konsum der Schüler ist dagegen zurückgegangen. Natürlich sind die Schüler schon vorher oft über gesunde Ernährung, Sport und Stressvermeidung aufgeklärt worden. Doch das war nur Theorie. Der Umweg über den technischen Sensor macht Gesundheit dagegen direkt erlebbar, meint Dominik Vogt.

    "Es ist nicht was, wo man Jahre braucht, bis man irgendwelche Falten sieht, bis man Krankheiten sieht. Man hat sofort dieses Ergebnis, dieser körperliche Zustand ist sofort da."

    ""Es ist das einzige System, was ich in dieser Form kennen, was es ermöglicht, mit seinem Körper in Kommunikation zu treten und ihn abzufragen wie das, was man ihm an guten oder auch an negativen Sachen angetan hat, von ihm empfunden wird","

    erklärt auch Jürgen Lademann den Erfolg des Sensors. Er soll im nächsten Jahr für rund 300 Euro auf den Markt kommen. Ob er sich dann durchsetzt, oder ob er wie die Waage im Bad nach den ersten Wochen zum unbeachteten Gesundheitsspielzeug wird, bleibt abzuwarten. Mein Wert hat sich in den letzten zehn Monaten im Übrigen von fünf auf vier verschlechtert. Auf die Plätzchen und den Festtagsbraten werden ich trotzdem nicht verzichten, aber vielleicht noch einen Nachschlag Gemüse nehmen.