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Petition an EU-Abgeordnete
Israelische Intellektuelle verlangen Anerkennung Palästinas

Angesichts des diplomatischen Stillstands in Nahost wächst in der EU der Rückhalt für die Anerkennung eines Palästinenserstaates. Nun sorgt in Israel eine Petition von 800 israelischen Intellektuellen für Aufregung: Sie werben bei Europas Parlamentariern für die Anerkennung Palästinas.

Von Torsten Teichmann | 15.12.2014
    Amos Oz bei der Preisverleihung in Hamburg
    Einer der Unterzeichner der Petition: Der Schriftsteller Amos Oz (dpa / picture-alliance / Christian Charisius)
    Nach der Nationalversammlung in Frankreich hat vergangene Woche auch der Senat für eine Anerkennung Palästinas als Staat gestimmt. Die Franzosen sind nicht allein: Eine ganze Reihe von Parlamenten in Europa verabschiedet derzeit entsprechende Resolutionen
    Doch die Entscheidung ist umstritten. Die israelische Regierung wirft den Europäern vor, den Konflikt mit den Palästinensern zusätzlich anzuheizen. Die Europäer wirken frustriert vom diplomatischen Stillstand. Unterstützung bekommen sie dabei von ehemaligen Politikern und Intellektuellen aus Israel.
    "Ein Brief an jedes Parlament"
    Der ehemalige Generaldirektor des israelischen Außenministeriums, Alon Liel, wirbt mit einer Petition um Europas Parlamentarier:
    "Wir haben vor, jedem Parlament einen Brief zukommen zu lassen. Jedem Parlament, das in den kommenden Monaten entscheiden wird, und es muss in den kommenden Monaten sein, damit eine Welle ausgelöst wird."
    Diplomatie von unten! Es ist ein Brief, in dem Intellektuelle aus Israel europäische Abgeordnete auffordern, einer Anerkennung Palästinas zuzustimmen. Die Schriftsteller David Grossmann und Amos Oz haben unterzeichnet, aber auch der frühere Minister Yossi Sarid. Im Text heißt es:
    "Es ist uns klar, dass die Möglichkeiten für Israels Überleben und seine Sicherheit von der Gründung eines palästinensischen Staates abhängen, basierend auf den Grenzen von 1967, sowohl mit Israels Anerkennung Palästinas als auch Palästinas Anerkennung Israels. Ihre Initiative zur Anerkennung des Staates Palästina wird die Chancen auf Frieden fördern und Israelis und Palästinenser ermutigen, den Konflikt zu lösen."
    Ausgangspunkt für die Petition sei die Entscheidung der schwedischen Regierung gewesen, Palästina anzuerkennen, sagt Liel. Vor der Abstimmung des Unterhauses in Großbritannien stand der Ex-Diplomat im Kontakt mit den Liberaldemokraten. Die hatten Sorge, die Resolution könnte am Widerstand der Konservativen im Unterhaus scheitern:
    "Ein Brief von uns würde sehr helfen. Wir mussten den Brief am Sonntag um elf Uhr, also an deren Wochenende, einreichen. Und pünktlich Sonntag um elf Uhr lag ein Brief vor mit 363 Unterschriften von Israelis an die Abgeordneten des britischen Parlaments."
    Netanjahu: "Das ist unverantwortlich"
    Mittlerweile hat die Petition 800 Unterzeichner. Das sorgt auch in Israel für Aufregung. Der Abgeordnete Yoni Chetboun spricht von einer elitären Minderheit, die den Kontakt zur israelischen Gesellschaft verloren habe und dem Ansehen Israels in der Welt schade. Und Regierungschef Netanjahu warnt:
    "Das ist unverantwortlich. Das dient nicht dem Frieden. Stattdessen verhärtet es die palästinensische Position. Sie bekommen ein Land, von dem aus sie Israel angreifen werden, ohne dass sie etwas dafür tun müssen. Das ist fehlgeleitet; wir stellen uns ja auch nicht hin und sagen, welche Regionen Frankreichs unabhängig sein sollen, in Spanien oder irgend einem anderen europäischen Land."
    Dass Netanjahu zumindest das Westjordanland und Ost-Jerusalem als Regionen Israels betrachtet, dürfte seine Kritiker in ihrer Ablehnung der Politik bestätigen. In dieser Woche will nun das Europaparlament über eine Anerkennung Palästinas debattiert.