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Pferd statt Rind

In den USA hat eine große Dürre den Rinderhaltern zu schaffen gemacht. Brasilien braucht Flächen für Energiepflanzen und hält deshalb weniger Vieh. Und so steigen die Preise für Rindfleisch jedes Jahr. Der Betrug mit Pferdefleisch ist auch dieser Situation geschuldet.

Von Annette Eversberg | 21.02.2013
    Rindfleisch ist nicht nur teuer. Aus der Sicht von Dr. Bernhard Schlindwein, Agrarmarktexperte beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband, ist Rindfleisch so teuer wie nie.

    "Aktuell haben wir eine Situation, die zeigt, dass der Markt sehr knapp versorgt ist. Ein Beispiel: Die Schlachtunternehmen nehmen im Moment alle Bullen ab, die es gibt, und das zeigt wirklich, dass wir sehr knapp versorgt sein werden auch dieses Jahr mit männlichen Rindern."

    Seit 2010 sind die Preise für Schlachtrinder praktisch pro Jahr um zehn Prozent gestiegen. Auch der Verbraucher muss in diesem Jahr für Rinderhackfleisch fast zwölf Prozent mehr bezahlen als 2012. In Frankreich und England stiegen die Preise sogar um 13 Prozent.

    In der EU und weltweit sind Rinder knapp geworden, wie aus den Länderberichten der EU zur Rindfleischproduktion hervorgeht. In den USA hat eine große Dürre den Rinderhaltern zu schaffen gemacht. Brasilien braucht Flächen für Energiepflanzen und hält deshalb weniger Rinder. Auch Argentinien hat seine Exporte deutlich eingeschränkt. Dr. Josef Efken beobachtet für das Thünen-Institut für Marktanalysen neben dem deutschen auch den globalen Rindfleischmarkt. :

    "Da Argentinien traditionell eine Bevölkerung hat, die sehr großen Wert darauf legt, in ausreichendem Maße Rindfleisch zu essen, hat die Regierung beschlossen, die Exporte zu hemmen. Der Hauptgrund ist die Dürre gewesen und danach die politischen Restriktionen im Export."

    Das knappe Angebot an Rindern drückt - so Bernhard Schlindwein – auch auf die Gewinne der deutschen Schlachtunternehmen.

    "Der Kampf ums Rind ist da. Die Schlachtstätten wollen ihre Kapazitäten auslasten und sind auch bereit, dieses Geld zu bezahlen. Insofern, die Spannen sind alles andere als sehr gut für die Schlachtereien. Aktuell trotz der hohen Preise höre ich aber auch keine Klagen."

    Im Inland steht den Vermarktern der Handel gegenüber, der die eher niedrigeren Preisvorstellungen der Verbraucher bedienen muss. Fertiggerichte oder Suppen – also Convenience-Produkte – sind ein Weg, um nicht nur einige Teile vom Rind, sondern so viele Teile wie möglich verwerten zu können. Mit der eigenen Herstellung von Fertiggerichten schaffen Rindfleischvermarkter den Spagat zwischen den hohen Preisen für Rinder und niedrigen Preisen im Handel bei stagnierendem Absatz in Deutschland. Aber Josef Efken kennt noch andere Strategien, die den Vermarkter durch die Hochpreisephase bringen.

    "Er kann immer noch den Puffer haben von Kühlhäusern. Also das spielt in der Jahressaison eine Rolle, wenn Fleisch anfällt, das momentan so nicht abzusetzen ist, wird einiges von dem geschlachteten Fleisch in Kühlerhäusern zwischengelagert, um es in einer späteren Saison wieder abzusetzen. Und das ist ein Puffer, der natürlich immer genutzt wird."

    Ohne die Handelswege rund um den Globus geht inzwischen nichts mehr. Obwohl Deutschland weniger importiert hat, ist es noch immer Nettoexporteur für Rindfleisch. Der Marktbeobachter Josef Efken betrachtet Deutschland sogar als eine Drehscheibe im weltweiten Rindfleischhandel. Agrarmarktexperte Bernhard Schlindwein sieht trotz Teuerung keine Absatzschwierigkeiten für die Fleischvermarkter in Deutschland.

    "Unsere großen Schlachtunternehmen exportieren erhebliche Mengen an Rindfleisch. Das ist ein globaler Handel, der sich auch darin begründet, dass bestimmte Qualitätsanforderungen an das Produkt Rindfleisch sich auf Drittlandsmärkten, in Russland beispielsweise, oder in der Türkei ja anders darstellen als bei uns in Deutschland oder beispielsweise in Italien."

    Auf unterschiedlichen Märkten lassen sich also unterschiedliche Qualitäten absetzen. Und damit wird schließlich das ganze Rind gewinnbringend verkauft. Über ein Netzwerk, das sich eben nicht nur über Europa, sondern über den ganzen Globus spannt. Und das selbst Fachleuten wie Josef Efken noch immer ein Rätsel ist.

    "Die einzelnen Unternehmen haben natürlich kein Interesse daran, dass sie sagen, was ihre Hauptansprechpartner sind, denn das sind Geschäftsbeziehungen, die natürlich auch mit Argusaugen von Konkurrenten betrachtet werden. Da kann ich natürlich verstehen, dass sie sagen, darüber können wir nicht so genau reden."