
"Meine Damen und Herren! Hella Propella hat einen Überraschungskoffer vorbereitet." - "Damit rechnet hier keiner." - "Nein!" - "Ihr macht alle die Augen zu und ich mach den Koffer auf!"
Sie sind bunt, schrill und laut: Doch die beiden Clowns "Hella Propella" und "Nono" haben ihr Publikum im Handumdrehen fest im Griff. Ihre Bühne ist das Foyer des AWO-Seniorenheims Wachtelwinkel im brandenburgischen Werder. 35 Senioren machen mit, die Hälfte von ihnen sitzt im Rollstuhl, andere lehnen sich auf Gehstöcke, halten Taschentücher oder Kuscheltiere fest. Das Publikum ist betagt und krank, viele sind dement. Doch "Hella Propella" und "Nono" bringen Leben in die Bude, in diesem Fall unterstützt durch grunzende Gummi-Schweinchen.
Ein alter Mann in Filzpantoffeln wagt sogar ein Tänzchen mit "Hella Propella" in ihrem rosa Kleidchen, während "Nono" mit ihrem gelben Hütchen, Clownsnase und Akkordeon das Ganze schunkelnd begleitet. Vor allem über die Musik wecken die beiden die Lebensgeister. Manche Senioren, die sonst kaum ein Wort sprechen, singen begeistert mit.
Eine Stunde Spektakel
Nach einer Stunde ist das Spektakel aus Gesang, Akkordeonmusik, Rasseln, Tröten, Quietschen, Quatsch erzählen, Händchenhalten, Zuzwinkern, Streicheln, Kuscheln, Lächeln, Radschlagen, Seifenblasenpusten und Fächerwedeln vorbei. Die alten Herren und auch diese drei Damen sind begeistert.
"Alle beide waren sie gut gewesen." - "Mir hat es sehr gut gefallen. Alles, ja." - "Die bringen allgemein Unterhaltung, find ich gut!"
Senioren, die bettlägerig sind, besuchen "Hella Propella" und "Nono" auch auf ihrem Zimmer. So wie den fast 90-jährigen Erhard. In seinem Wandkalender markiert ein Klebeherzchen den Termin, wenn die Clowns kommen. Er hat immer wieder besondere Musikwünsche, die ihm die Clowns gerne erfüllen, so auch diesmal:
"Das Walzerlied, das Schöne! Das kennen Sie noch nicht!? Wo ist denn das Akkordeon geblieben?" - "Na hier, das steht hier" - "Walzerlied."
Seit anderthalb Jahren besuchen die Klinik-Clowns aus Potsdam das Seniorenzentrum Wachtelwinkel, alle zwei Wochen. Dessen Leiterin Linett Schuldt möchte sie nicht mehr missen.
"Die Clowns, die bringen ein Lächeln, die bringen die Sonne ins Haus, die öffnen die Herzen, das ist einfach und beschwingend, wenn Clowns da sind und die bringen auch die Menschen zum Reden und die Clowns sind in unserm Ablauf hier nicht mehr wegzudenken."
Mehr Anerkennung und bessere Finanzierung gefordert
Für die deutschen Klinikclowns selbst ist längst nicht alles so rosig. Rund 100 von ihnen demonstrieren daher zur Stunde in Berlin. Auch "Hella Propella" und "Nono". Ihr Verein "Potsdamer Klinikclowns" hat sich dafür mit anderen Clowns-Vereinen zusammengetan. Denn sie möchten für ihre Arbeit mehr Anerkennung und eine bessere Finanzierung, wie "Hella Propella" alias Nicola Streifler erklärt.
"Ich hätte gerne, dass die Klinikclownerie als Beruf anerkannt wird und so auch honoriert wird. Das wäre wirklich toll, weil das würde unsere gesamte Situation im Verein entspannen."
Bislang sei da viel ehrenamtliches Engagement und Selbstausbeutung dabei. Die Potsdamer Klinikclowns kommen stets zu zweit und nehmen 400 Euro pro Tag - Anfahrt, Vorbereitung und Requisiten inklusive. Zu ihren Kunden gehören verschiedene Seniorenheime, Behindertenwohnungen und eine Reha-Klinik für Kinder. Bislang wird diese Arbeit über Spenden finanziert.
"Wir würden uns total freuen, wenn wir stärker aus der öffentlichen Hand oder überhaupt finanziert werden könnten, also wenn wir eine größere Planungssicherheit hätten: Klinikclowns auf Rezept!? Keine Ahnung - Ehrenamt in Maßen."
Auch Linett Schuldt von der AWO fände eine bessere Unterstützung für die Clowns wünschenswert.
"Ich hätte es wirklich sehr, sehr gerne, dass diese Arbeit als professionelle Arbeit anerkannt und vielleicht auch durch irgendetwas finanziert wird. Die haben einfach das Talent, einen Menschen, der schwerstkrank ist, ob er im Bett liegt oder umher läuft, den zu sich ran zu ziehen und mit ihm dann gemeinsam ihn wieder zur Ruhe zu bringen, oder ein Lächeln, jemand, der wirklich jahrelang aus Krankheitsgründen auch nicht mehr lächeln konnte, wenn derjenige ein Lächeln im Gesicht hat, gibt es ja nichts Schöneres."