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Photovoltaikanlagen
Brandgefahr reduzieren

Dreieinhalb Jahre hat ein Forschungskonsortium aus dem TÜV Rheinland, dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme und Industriepartnern untersucht, wo die Schwachstellen von Photovoltaikanlagen liegen. Das Ergebnis: Dass ein Brand ausgelöst wird, ist eher unwahrscheinlich, dennoch gibt es Mittel und Wege, das Brandrisiko zu minimieren.

Von Jennifer Rieger | 24.07.2015
    Ein Mitarbeiter einer Dresdner Solarfirma steht auf einer Leiter und legt letzte Hand an einer Photovoltaikanlage an, bei der die Solarzellen senkrecht an einer Wand angebracht sind.
    Wenn der Sicherheitsabstand eingehalten wird, kann der Schutz vor einem elektrischem Schlag gewährleistet werden. (dpa / Arno Burgi)
    "Hier vorne sind Klimakammern, hier geht es um eine beschleunigte Alterung, die wir anwenden."
    Florian Reil ist Geschäftsfeldleiter beim TÜV Rheinland im Bereich Solarenergie mit dem Schwerpunkt Forschung und Entwicklung. In einem Forschungskonsortium aus dem TÜV Rheinland, dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme und Industriepartnern hat er Photovoltaikanlagen auf ihre Brandsicherheit überprüft. In den Klimakammern des Versuchslabors haben die Forscher verschiedene Solarmodule getestet:
    "Die Module sind in einzelnen Schubfächern eingelagert und man testet dann hier wie mit diesem Damp-Heat-Test, also eine Feuchte-Hitze-Prüfung, bis zu 85 Grad Celsius, 85 Prozent relativer Luftfeuchte, und dann sind die Module etwa 1.000 Stunden hier drin."
    Über dreieinhalb Jahre hat das Projekt gedauert. Nun ist ein umfassender Leitfaden herausgekommen, der potenzielle Schwachstellen von Photovoltaikanlagen identifiziert. Dort können Hotspots entstehen, örtlich begrenzte Überhitzungen im Solarmodul.
    "Da spricht man dann von erhöhtem Kontaktwiderstand, trägt also das Risiko, das durch diese Erwärmung umliegende Materialien sich verändern und im schlimmsten Falle durch einen kompletten Verlust des Kontaktes zum aufbrechen führen."
    Wenn eine Leiterbahn aufgebrochen ist, muss der Strom über die Lücke "hüpfen" - entgegen dem Widerstand, der dadurch entstanden ist.
    "Und die Energie, die dafür aufgebracht wird, das heißt, der Strom wird weiter durchgetrieben, dann entsteht dieser kurze Lichtbogen oder Lichtblitz. Das kann ein kurzer Blitz sein, dann ist der Kontakt komplett aufgebrochen und dann ist der Abstand zwischen den Kontakten so groß, dass kein Strom mehr fließen kann."
    Gefahr Lichtbogen
    Zwischen den Kontakten kann sich jedoch aus dem Stickstoff der Luft ein leitfähiges Plasma bilden. Dann kann ein dauerhafter Lichtbogen entstehen, eine bogenförmige Verbindung zwischen den Kontakten.
    "Dieser Lichtbogen kann mehrere 1.000 Grad heiß werden und umliegende Bestandteile entzünden."
    Lichtbögen können an verschiedenen Stellen im Solarmodul entstehen. Verantwortlich sind oft Schwachstellen im Material oder schlechte Verarbeitung. Aber auch bei Transport und Installation können Bestandteile eines Solarmoduls kaputtgehen und das Brandrisiko erhöhen."
    "Die Fälle, die wir gesehen haben war entweder ne schlampige Verarbeitung oder, dass Installateure diese Leitungen als Tragehilfe benutzt haben. Überall wo ich gelötete, geschraubte, verklemmte Verbindungen habe – und das sind ja etliche Millionen Verbindungen, wenn man es auf alle Module überträgt, die wir in Deutschland haben und darum ging es in dem Projekt: Zu gucken, wo kann an diesen Stellen ein Lichtbogen entstehen, wie wahrscheinlich ist das."
    [Anmerkung der Redaktion: Auf Wunsch des Gesprächspartners wurde an dieser Stelle eine Änderung vorgenommen.] Reil und seine Kollegen haben 250 Fälle untersucht, in denen Brände in Verbindung mit Photovoltaikanlagen gemeldet wurden.
    "Es hat sich gezeigt, dass die meisten Gebäudebrände waren, bei denen die Solaranlage mitbeschädigt wurde, aber nicht der Auslöser war.
    Es hat aber auch 75 Fälle gegeben, wo es Auslöser gegeben hat mit Brandfolge, lokal beschränkt, aber auch zehn, wo ein Gebäudeverlust zur Folge war. Kein Personenschaden, soweit wir feststellen konnten, aber ein Totalverlust des Gebäudes."
    Fachgerechte Installation verringert das Risiko
    Das Risiko ließe sich noch weiter verringern, wenn Photovoltaikanlagen bei der Installation fachgerecht abgenommen und regelmäßig gewartet werden, so Reil.
    "Wir haben viele Normen in der Installation, im Bereich der Anwendung, des Betriebes der Anlage, aber auch mit welchem Niveau die Produkte erstellt werden müssen. Es gibt aber das Problem, dass in der Installation eine Abnahme nicht verpflichtend ist und wiederkehrende Prüfungen nicht verpflichtend sind."
    Eine weitere Fragestellung, die Reil und seine Kollegen untersucht haben: die Löschsicherheit. Lange war nicht klar, wie groß die Gefahr eines elektrischen Schlags beim Löschen brennender Photovoltaikanlagen ist.
    "Es hat viele Irrmeldungen gegeben, dass Feuerwehren nicht löschen, wenn sich eine Solaranlage auf dem Dach befindet."
    In Zusammenarbeit mit Feuerwehren und dem Technischen Hilfswerk haben Reil und seine Mitarbeiter deshalb Löscheinsätze simuliert.
    "Wenn der Sicherheitsabstand eingehalten wird, kann der Schutz vor elektrischem Schlag nach wie vor gewährleistet werden. Und wir haben über diese Zusammenarbeit vielfach Normen beflügelt, wo wir Hinweispapiere bzw. Hinweisschilder in Fachmedien eingetragen haben. Das hat geholfen, die Debatte zu versachlichen."