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Pierre Balmain
Die Verkörperung französischer Eleganz

Er arbeitete mit Christian Dior und entdeckte Karl Lagerfeld: Der französische Modeschöpfer Pierre Balmain gilt als Erfinder des "New French Style" der Nachkriegsjahre. Vor 100 Jahren wurde er in den Savoyer Alpen geboren.

Von Björn Stüben | 18.05.2014
    Schwarz-weiß-Aufnahme: Pierre Balmain, mit Halbglatze, im Anzug, kniet vor einem Vorhang, um ihn herum knien und stehen vier Models, die Gartenutensilien und Blumen in den Händen halten.
    Pierre Balmain am 6. März 1951 in Paris. Die Models tragen seine Kollektion "Rund um die Uhr". (dpa/picture alliance/UPI Rene Jarland)
    In den 50er-Jahren schneiderte der französische Modeschöpfer Pierre Balmain bereits Filmroben für Leinwandstars wie Lana Turner oder Vivien Leigh, Simone Signoret oder Brigitte Bardot. Sophia Loren und Jane Fonda folgten, aber auch die dänische, belgische und thailändische Königin hüllten sich in seine schlichten und eleganten Haute-Couture-Modelle, die er immer Typ und Stil seiner illustren Kundinnen entsprechend kreierte. Eine unkritische Haltung dem Modediktat gegenüber lehnte Balmain 1963 in einem Interview ab:
    "Man sollte sich lediglich für das interessieren, was auch zur eigenen Persönlichkeit passt. Es ist lächerlich, wenn Frauen Kleider anziehen, die ihnen nicht stehen. Sie tun dies nur, weil sie modisch sein wollen. Momentan gibt es diese sehr hohen Stiefel, deren Schäfte bis zum Knie reichen. Darin sehen manche Frauen so lächerlich aus, aber sie können eben nicht widerstehen, nur weil sie meinen, es wäre aktuell."
    Zusammenarbeit mit Lucien Lelong und Christian Dior
    Balmain, geboren am 18. Mai 1914 in Saint-Jean-de-Maurienne in den Savoyer Alpen, verließ Anfang der 30er-Jahre die Provinz und das Stoffgeschäft seiner Eltern, um in Paris ein Architekturstudium zu beginnen, das er aber schnell zugunsten einer Laufbahn als Modeschöpfer aufgab. In den Haute-Couture-Ateliers von Edward Molyneux und Lucien Lelong in Paris lernte er sein Handwerk, bis der Zweite Weltkrieg seine Karriere unterbrach und er zunächst zu seinen Eltern nach Savoyen zurückkehrte. Doch Lucien Lelong überredete den begabten Couturier, neben dem jungen Christian Dior wieder für ihn zu arbeiten. 1945 eröffnete Balmain schließlich sein eigenes Modehaus.
    "Die Mode ist ein Phänomen, das eine Art von Wellen ausstrahlt und der Modeschöpfer ist derjenige, der diese Wellen wie ein Medium spürt und sie dann umsetzt. Mode entsteht nicht etwa aus dem Nichts oder spontan, sie wird vielmehr aus der Opposition zu dem geschaffen, was ihr vorausging."
    1954 wurde Balmain bei einem Modewettbewerb, zu dessen Jury er gehörte, auf den jungen und talentierten Karl Lagerfeld aufmerksam. Er engagierte ihn als seinen Assistenten bis 1963. Die Marke Balmain war inzwischen zu einer der beliebtesten Modeadressen des internationalen Jetsets aufgestiegen. Die amerikanische Schriftstellerin und Kunstmäzenin Gertrude Stein bescheinigte Balmain, den "New French Style" der Nachkriegsjahre geschaffen zu haben. Marlene Dietrich oder Michèle Morgan etwa entdeckten den modern-schlichten Balmain-Stil für sich. Sogar Fluggesellschaften statteten ihr Bordpersonal mit seinen Modellen aus. 1970 sah sich Balmain dennoch gezwungen, sein Haus zu verkaufen. Aber er blieb weiterhin der kreative Kopf der Marke. Seine Prêt-â-Porter-Linie, die er nun ins Leben rief, machte seine Mode auch für ein breiteres Publikum erschwinglich und stärkte wieder den Umsatz. Doch sein Herz hatte immer an der edleren Haute-Couture und deren erlesenen Kundinnen gehangen.
    "Die ideale Frau existiert für den Modeschöpfer nicht. Er bevorzugt weder braun- oder rothaarige noch blonde, weder große noch kleine Frauen. Für mich zählt vielmehr die moralische Haltung einer Frau. Als Modeschöpfer ist sie für mich dann ideal, wenn sie sich wie eine Dame verhält."
    "Meine Mode verkörpert französische Eleganz"
    Der Erfolg Balmains war der durchdachten Schlichtheit seines Entwurfs zu verdanken. Diesem Credo treu zu bleiben, fiel dem Modehaus nach dem Tod Balmains im Juni 1982 zunächst schwer. Erst mit Designern wie Oscar de la Renta 1992 oder Christoph Decarnin 2006 an der Spitze konnte die Marke wieder an vergangene Erfolge anknüpfen. Seine Vorstellung von Mode hatte Pierre Balmain Zeit seines Lebens sehr genau definiert:
    "Ich bin davon überzeugt, dass meine Mode französische Eleganz verkörpert. Meine ganze künstlerische Kreativität beruht auf dem Streben nach Qualität und dem Gleichgewicht in der Konstruktion. Für mich ist kein Detail an einem Modell akzeptabel, das nicht direkt zu dessen Konstruktion beiträgt. Von einer Verzierung um der Verzierung willen halte ich überhaupt nichts."