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"Pille danach"
Freigabe oder Rezeptpflicht?

Der Bundestag debattiert heute über die Rezeptpflicht für die "Pille danach". Viele Experten sind für die Freigabe des Medikaments. Gesundheitsminister Hermann Gröhe will die Rezeptpflicht beibehalten. Er erntet dafür Kritik von fast allen Seiten.

    13 Prozent aller Frauen haben die "Pille danach" schon mindestens einmal genommen. Jetzt wird um die Rezeptpflicht für das Präparat gestritten. Die Opposition und auch die SPD fordern vehement die Freigabe der "Pille danach". Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will hingegen die Rezeptpflicht behalten. Er hält eine Freigabe für verantwortungslos. Heute steht die "Pille danach" auf der Debattentagesordnung des Bundestags.
    Kein Schwangerschaftsabbruch
    Die Tablette gilt ausdrücklich nicht als Schwangerschaftabbruch, sondern als ein Mittel zur Schwangerschaftsvermeidung. Sie ist ein Hormonpräparat, dessen Einnahme bis zu 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eine Schwangerschaft verhindern soll. Das geschieht durch Progesteron, ein Gelbkörperhormon, das auch in der Antibabypille enthalten ist. Die Konzentration aber ist in der Pille danach wesentlich höher.
    Dadurch wird der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut gebremst. Eine Einnistung der Eizelle wird verhindert, eine Blutung ausgelöst. Mit ihr wird die Eizelle aus dem Körper herausgespült. Ob sie befruchtet wurde oder nicht, lässt sich nicht feststellen.
    Ärzte wollen Rezeptpflicht
    Uneinigkeit herrscht auch über die gesundheitlichen Risiken. Der Fachverband der Gynäkologen und die Bundesärztekammer halten die Einnahme für nicht ganz ungefährlich. Die Pille bedeute einen gravierenden Eingriff in den Hormonhaushalt. Sie könne in Einzelfällen Nebenwirkungen wie Migräne und Unregelmäßigkeiten bei den folgenden Monatsblutungen haben.
    Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, fordert deshalb die Beibehaltung der Rezeptpflicht. Ein Arztbesuch sei unverzichtbar. "Wir möchten den großen Vorteil des deutschen Gesundheitssystems bewahren, dass man in einem Gespräch mit einem Arzt eine kompetente Beratung bekommt, wie der Gebrauch des Medikaments in Zukunft verhindert werden kann“, sagte Montgomery. Die Familienberatung "pro familia" hingegen hält die Pille für "gut verträglich, wirksam und sicher" und beruft sich dabei auf eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese kam 2010 zur Einschätzung, dass das Medikament von Frauen und Mädchen auch ohne ärztliche Beratung und Rezept ohne größeres Risiko eingenommen werden kann.
    Gröhe befürchtet leichtfertigen Umgang
    Die Opposition im Bundestag argumentiert, dass durch einen schnellen Zugang zur Pille danach ungewollte Schwangerschaften und spätere Schwangerschaftsabbrüche verhindert würden und will die Freigabe. Gesundheitsminister Gröhe sieht das ganz anders: "Die Sexualaufklärung ist gut. Bei uns sind die Schwangerschaftsabbrüche von Teenagern rapide gesunken, während sie in anderen Ländern mit rezeptfreier "Pille danach" sogar angestiegen sind", sagte Gröhe. Die Union warnt davor, dass Mädchen und Frauen zu leichtfertig mit dem Hormonpräparat umgehen.