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Pille mit Code
EU will Medikamentenfälschung erschweren

Zehn Prozent aller Medikamente weltweit sollen gefälscht sein. Vorsicht ist besonders beim Einkauf über das Internet geboten. Statt der Original-Präparate können Käufer leicht an Pillen aus dubiosen Quellen geraten. Ab 2017 sollen vor allem verschreibungspflichtige Medikamente besonders gesichert und gekennzeichnet werden. Das schreibt eine EU-Richtlinie vor.

Von Michael Stein | 23.06.2014
    Ein Haufen gemischert, bunter Tabletten
    Besonders mit gefälschten Potenzpillen machen Kriminelle ein Riesengeschäft. (dpa / picture alliance / Klaus Rose)
    Eine Apotheke in der Kölner Innenstadt. Wer es nicht weiß, der ahnt nicht, dass hier Technik getestet wird, die erst ab 2017 in allen deutschen Apotheken zum Einsatz kommen wird. Der Apotheker Arne Spohr holt ein teures Medikament gegen AIDS aus dem Regal und demonstriert, wie das neue System funktioniert, das "Securpharm" heißt.
    "Wenn der Patient zu uns gekommen ist, uns das Rezept gegeben hat und wir alle Medikamente nach vorne geholt haben, dann werden wir sie erst einmal einscannen . Dann wird der Patient beraten zu den Nebenwirkungen und zu den Einnahmehinweisen und zu eventuellen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Dann wird bezahlt vom Patienten. Und in dem Moment, wo wir den Bezahlvorgang einleiten, gibt uns die Kasse den Hinweis, das es ein Medikament ist, dessen Echtheit man mit Securpharm überprüfen kann."
    Weltweit gültige Pharmacy Product Number
    Wenn man sich die Medikamenten-Packung nämlich genau ansieht, dann gibt es darauf außer einem normalen Strichcode noch einen weiteren Code - ein quadratisches Feld mit einem Punktmuster. In diesem Code stecken in verschlüsselter Form die weltweit gültige Pharmacy Product Number, kurz PPN, das Verfallsdatum, die Bezeichnung der Charge und eine weltweit einmalige Seriennummer. Jede Medikamenten-Packung wird mit dieser Seriennummer in einer zentralen Datenbank geführt. Arne Spohr hält die Medikamenten-Packung noch einmal unter den Scanner.
    "Das ist so ein 2D-Data-Matrix-Code. Den kennt man auch von den QR-Codes, den man mit seinem Handy scannen kann, mittlerweile sind die ja immer mehr im Kommen. Und dann scannen wir ein zweites Mal. Und dann führt das System den Check durch und sagt uns dann: OK, in diesem Fall handelt es sich um eine legitime Packung."
    EU will ab 2017 Arzneimittelfälschungen unterbinden
    Das Code-System hat dabei gleich zwei Funktionen: Durch die Überprüfung der Seriennummer wird in der Datenbank nachgesehen, ob das Medikament echt ist. Blitzschnell nimmt das Kassenterminal in der Apotheke übers Internet dazu Kontakt mit dem zentralen Datenbankrechner auf. Zweite Funktion: Die Seriennummer wird durch das Scannen ungültig gemacht - das Medikament wird in der Datenbank als "verkauft" gespeichert und kann nicht noch einmal in den Handel gelangen - auch nicht seine womöglich mit gefälschten Medikamenten wiederbefüllte Verpackung.
    Originalitätsverschluss als Sicherheitsmerkmal
    Denn außer mit der Codierung werden Medikamente zukünftig auch mit einem speziellen Verschluss versehen, der beim Öffnen der Packung sichtbare Spuren hinterlässt. Joachim Odenbach vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie:
    "Die EU hat eine Richtlinie erlassen, die bis 2017 umzusetzen ist und die vorsieht, dass Sicherheitsschritte unternommen werden müssen, um Arzneimittelfälschungen in der legalen Vertriebskette zu unterbinden. Und dazu gehört neben dem sogenannten Originalitätsverschluss, der gemacht werden muss, auch das Aufbringen von Sicherheitsmerkmalen, die jede Packung zu einem Unikat machen und ermöglichen müssen, dass man sie auf Echtheit überprüfen kann. Und das Ganze ist natürlich dadurch getrieben, dass weltweit Arzneimittelfälschungen immer mehr zunehmen."
    20.000 Prozent Gewinn mit gefälschten Potenzpillen
    Gefälscht wird dabei so ziemlich alles: Medikamente gegen Aids, Krebs, Malaria oder sogar gegen Magenschmerzen. Kein Wunder, denn mit gefälschten Medikamenten lässt sich richtig Geld verdienen. Zum Vergleich: Während die Gewinnspanne zum Beispiel bei Heroin nach Schätzungen von Experten bei etwa 2.400 Prozent liegt, lassen sich etwa mit gefälschten und illegal übers Internet verkauften Potenzpillen nicht selten 20.000 Prozent Gewinn erzielen. Und immer wieder einmal gelangen gefälschte Medikamente eben auch in die sogenannte "legale Lieferkette", also bis in die Apotheke oder - im schlimmsten Fall - sogar bis zum Patienten. Zumindest das wird durch das neue System ab 2017 für Kriminelle deutlich schwerer.