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Pillen im Postfach

Konkurrenz belebt das Geschäft - und macht manchmal erfinderisch. Um auf dem umkämpften Markt der Medikamente mithalten zu können, sind Christine und Philipp Heift - wie andere Kollegen auch - online gegangen. Neben ihrer klassischen Apotheke betreiben sie seit fünf Jahren die "Deutsche Internet Apotheke".

Von Christoph Herwartz |
    Eine typische Dorfapotheke im beschaulichen Erftstadt-Kierdorf unweit von Köln. Hier versorgt das Apotheker-Ehepaar Christine und Philipp Heift die 3.000 Einwohner des Dorfes mit Medikamenten. "Martinus-Apotheke" steht in Frakturschrift über dem Schaufenster.

    Drei Kilometer weiter hat die Beschaulichkeit ein Ende. Hier, in Erftstadt-Köttingen, sitzt die Versand-Abteilung der Martinus-Apotheke aus Erftstadt-Kierdorf. Ein nüchterner Industriebau in einem Gewerbegebiet, 2.000 Quadratmeter groß. In diesem Logistikzentrum nimmt die Deutsche Internet Apotheke pro Tag über 1.000 Bestellungen entgegen und verschickt entsprechend viele Pakete.

    Der Versand von Medikamenten war in Deutschland bis zum Jahr 2003 verboten. Das Bestellen bei einer ausländischen Apotheke konnte der Staat aber nicht unterbinden. Vor allem der niederländische Arzneimittelversand DocMorris nutzte diese Chance und eroberte sich Marktanteile. Dem wollte Philipp Heift nicht länger zusehen. Als am 1. Januar 2004 das Versandverbot und die Preisbindung gestrichen wurden, tat sich auch für die Landapotheker aus Erftstadt-Kierdorf ein neuer Markt auf.

    "Die Martinusapotheke ist eine gängige Landapotheke. Wir sind da in einer Gemeinde von etwa 3.500 Einwohnern und hatten bis dahin ein recht ruhiges Leben. Wir hatten die Zeichen der Zeit erkannt und hatten aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen jetzt die Möglichkeit, gewisse Geschäftsideen umzusetzen."

    Diese Idee hatten auch andere Apotheker, weshalb es inzwischen hunderte Versandapotheken in Deutschland gibt. Viele von ihnen packen ihre Päckchen aber nur nebenher und bearbeiten nur eine Handvoll Bestellungen pro Woche. Nur ein knappes Dutzend arbeitet wie die Deutsche Internet Apotheke mit professioneller Logistik und eigenen Callcentern und kann so relevante Rabatte anbieten.

    "Unsere Internetapotheke war mit die erste, die auf dem Markt war, direkt im Januar 2004. Wir hatten anfangs noch ne Stückzahl von fünf bis zehn Paketen pro Tag. Und das hat sich dann stetig entwickelt. Und wir hatten jetzt, also im vergangenen Jahr, über 250.000 Pakete verschickt und einen Umsatz von cirka 24 Millionen erzielt."

    Zu dem Erfolg trug auch die Internetadresse bei: Mit www.deutscheinternetapotheke.desicherte sich Philipp Heift einen einprägsamen und Vertrauen fördernden Markennamen.

    "Das war wichtig. Wir wollten auch gegenüber ausländischen Versandapotheken uns direkt schon in der Webadresse unterscheiden; dass für den User eindeutig erkennbar war, um welche Internetapotheke es sich handelt."

    Auch als Deutsche Internet Apotheke unterliegen die Erftstädter mit ihrem Versandgeschäft den gleichen Sicherheitsvorschriften wie normale Apotheken: Verschreibungspflichtige Medikamente bekommt nur, wer nach der Bestellung über das Internet das Original-Rezept per Post einreicht. Erst dann wird die Arznei verschickt. Die Beratung wird über Telefon und E-Mail gewährleistet. Gerade das Thema Beratung wurde lange vernachlässigt und bot Apothekerverbänden eine Angriffsfläche gegen die große Konkurrenz aus dem Internet.

    "Man muss aber hier natürlich auch vorausschicken, dass natürlich der Versandhandel noch in den Kinderschuhen steckte und sich natürlich berechtigterweise Kritik gefallen lassen musste und inzwischen auch aus den Fehlern gelernt hat."

    Mittlerweile können sich Kunden über eine kostenfreie Hotline von Apothekern beraten lassen. Seitdem ist die Kritik der Standeskollegen weitgehend verstummt. Doch die eigentliche große Bewährungsprobe kommt noch. Deutsche und europäische Gerichte beschäftigen sich derzeit mit dem Fremdbesitzverbot: Es besagt, dass eine Apotheke einem Apotheker gehören muss, also nicht von einer Kapitalgesellschaft getragen werden kann.

    Fällt dieses Gesetz, könnten ausländische Gesellschaften wie DocMorris hier schneller expandieren und deutsche Versandapotheken aus dem Markt drängen. Diese könnten sich aber auch Kapital am Aktienmarkt besorgen und sich damit einen harten Konkurrenzkampf liefern. Philipp Heift beobachtet die Entwicklung genau.

    "Man muss sich natürlich im Klaren sein: Wenn das Fremdbesitzverbot fällt, hat man es danach mit ganz anderen Konkurrenten zu tun. Das heißt also, es werden dann ganz andere Machtverhältnisse geschaffen. Auf der anderen Seite, wenn das Fremdbesitzverbot nicht aufgehoben wird, heißt das, dass sich nicht viel ändern wird. Aber es wird dann sicher unter den bestehenden Versandapotheken zu einer gewissen Marktbereinigung kommen, so dass nur noch die Größten bestehen werden."

    Heift ist optimistisch, dass seine Internetapotheke zu den Gewinnern dieser Bereinigung gehören würde. Unter Druck geraten könnte eher die Dorfapotheke seiner Frau, die immer noch der Träger der Deutschen Internet Apotheke ist. Schließen wollen die Heifts die Martinusapotheke aber nicht.

    "Wenn Sie Schnupfen haben oder sonst was, gehen Sie natürlich direkt in die Apotheke und lassen sich beraten,weil Sie da einfach einen zeitlichen Vorsprung haben, den wir nicht wettmachen können."