Aber damit nicht genug: die entstandenen giftigen Stoffwechselprodukte im Getreide schaden denen, die es verzehren. Und deshalb hat der Gesetzgeber kurzerhand entschieden: Mykotoxine sollten möglichst draußen bleiben. Epidemiologische Studien hätten gezeigt, so Walther Quasigroch aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium, dass ab einer bestimmten Größenordnung Fusariengifte Nieren schädigend sind. Und da unser Getreide diese Werte in manchen Jahren überschreitet, habe die Regierung Handlungsbedarf gesehen und Höchstwerte festgesetzt.
So einfach ist das, auch wenn die, die sie einhalten müssen, stöhnen. Und das tun sie, nicht zu knapp. Vor allem, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen, wettern die Müllereien gegen die Regierung und gegen die Bauern. Warum im einzelnen, erläutert Manfred Weizbauer, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Mühlen, VDM:
Der erste Grund ist, dass es ein nationaler Alleingang ist, der dazu führt, dass es Handelshemmnisse und Wettbewerbsverzerrungen geben kann. Der zweite ist, dass die Landwirtschaft nicht eingebunden ist und die Landwirtschaft der Einzige ist, der nachhaltig Einfluss auf die Mykotoxinbelastung nehmen kann. Drittens gibt es keine verfügbaren Standards in Schnellmethoden und insofern die Politik die Wirtschaft mit der Problemstellung allein lässt.
Vor allem, dass die Verordnung die Bauern nicht zwingt, im Ackerbau dafür zu sorgen, dass die Fusarienbildung gering bleibt, ärgert die Mühlen. Dabei wäre das ihrer Meinung nach leicht möglich und der beste Ansatz, das Problem von vornherein in die Griff zu bekommen. So sollten die Bauern die Fruchtfolgen sinnvoll gestalten und den Boden fachgerecht im Hinblick auf den Pilzbefall bearbeiten.
Kurzfristig ist es möglich bei der Bodenbearbeitung durch Pflugführung den Boden vorzubereiten. Er kann dann reduzieren durch die Wahl der Vorfrucht, Mais sollte er ausschließen und dafür auf Zuckerrüben oder anderes Sommergemüse ausweichen. Er kann auf fusarienresistentes Getreide zurückgreifen, also bei der Wahl des Saatguts bereits Weichen stellen.
Wir haben keine Probleme mit den Grenzwerten, sagen die Bauern, weil sie sich nicht auf unsere Produkte beziehen. Aber natürlich helfen wir mit, die Belastung gering zu halten und geben entsprechende Empfehlungen, so Bernd Dittgens vom Deutschen Bauernverband, der aber den Ball gern zurückspielt:
Einfach pauschal sagen, eine andere Fruchtfolge, das reduziere den Mykotoxingehalt, ist schwierig. Wir sagen: Unter bestimmten regionalen ackerbaulichen Voraussetzungen sind solche Handlungsanweisungen notwendig, um das zu reduzieren. Wir sehen aber auch, dass innerhalb der Wertschöpfungskette weitere Schritte möglich sind, das heißt, durch gezieltes Reinigen kann der Gehalt des Mykotoxins weiter absinken. Das heißt: Sieben und ausreinigen, und ich denke, auch hier sind die Mühlen, die jetzt auf die Landwirtschaft zeigen, genauso gefordert wie wir als Bauern.
Beide Verbände verweisen auf die Launen der Natur und dass ein einziger Platzregen zur Blütezeit alle Bemühungen kaputtmachen kann. Wie zum Beispiel 1998. Da gab es kaum Getreide, das die jetzt gültigen Grenzwerte hätte einhalten können, bekennt Manfred Weizbauer. Genau diese Spitzen aber wollen wir kappen, heißt es dazu aus dem Ministerium. In der Regel jedoch ließen sich die festgesetzen Grenzwerte gut einhalten, sagt Referent Walther Quasigroch. Und was darüber liegt, werde verfüttert.
Spätestens dann, wenn die EU ihre Verordnung vorlegt, dürfte der Streit zwischen den Bauern und den Müllern auf Eis gelegt sein, zumindest aus Sicht der Müllereien. Denn die EU beabsichtigt, die Bauern stärker in die Pflicht zu nehmen. Mit ihrer Verordnung sollen 1000 Mikrogamm Mykotoxine pro Kilogramm für Getreide nach der sogenannten Weißreinigung erlaubt sein. Dann - so sagen die Müllereien - sind auch Werte von 500 Mikrogramm pro Kilogramm verarbeitetes Getreideerzeugnis und 300 für Brot und Backwaren locker einzuhalten.