Hat man einmal eine Skulptur von Stephan Balkenhol gesehen, erkennt man seinen Stil sofort wieder. Denn seine Arbeiten leben auf den ersten Blick von der Betonung des immer selben, scheinbar simplen Widerspruches: Auf mehr oder weniger hohen Sockeln stehen Figuren, die vollkommen durchschnittlich sind. Ihre Gesichter, ihre Kleidung sind einheitlich, der Standard ist ein helles Hemd und dunkle Hose bei männlichen und ein Bürokostüm bei weiblichen Figuren. Die Haare sind kurz, und die Körperhaltung ist das, was man gern neutral nennt. Die Figuren wirken, als würden sie beobachtet, als wären sie bei einem offiziellen Anlass, einem geschäftlichen Meeting, und bemühten sich darum, kontrolliert und unverfänglich zu sein. Ihr lapidares Auftreten passt nicht zum Pathos des Denkmals und des Sockels. Hinzu kommt, dass sie aus Holz sind. Verglichen mit Marmor, Stein und Eisen ist Holz ein weiches, vergängliches Material, das eigentlich geschützt werden muss. Es wirkt privat und intim und fast wie ein öffentliches Missgeschick. Denn hier waltet pure Vergänglichkeit. Oft wird Stephan Balkenhol gefragt, ob er für seine Figuren irgendwelche Vorbilder hat, ob er da an jemanden Bestimmtes denke, und seine Antworten sind jedes Mal genauso lapidar wie seine Werke:
"Das hat meistens irgendwas mit der eigenen Physiognomie zu tun, vielleicht liegt's daran, dass man sich selber am meisten sieht im Spiegel morgens oder ich weiß nicht wie. Auf jeden Fall (...) gibt es eine bestimmte Familienähnlichkeit zu (...) dem eigenen Bild vom Menschen. Und da ich halt zu 99 Prozent ohne Modell arbeite, läuft es immer in eine ganz bestimmte Richtung, die ich natürlich variiere, oder je nach Tagesform fällt sie anders aus oder ich werde inspiriert und will ganz bewusst in eine bestimmte Richtung gehen, aber selbst da kann man diese Familienähnlichkeit nicht ganz wegpacken."
Als Schüler von Ulrich Rückriem in Hamburg war Balkenhol in seinem Studium zunächst mit abstrakter Skulptur konfrontiert. In den Deichtorhallen wird daher auch noch einmal die Entwicklung Balkenhols zur figürlichen Bildhauerei nachvollzogen, seine ersten großen Figurenköpfe aus den frühen achtziger Jahren verdeutlichen, dass die strikte Trennung von figürlich und abstrakt in seinem Werk nicht funktioniert. Die scheinbare Standardisierung der Figuren reflektiert bei Balkenhol durchaus auf die Erfahrung eines heutigen Lebensalltags, der die menschliche Erscheinung selbst immer mehr standardisiert, ebenso wie Konsumwaren, Architektur und nicht zuletzt auch die Kunst immer mehr globalisiert und standardisiert werden. Der Durchschnitt gibt den Ton an, und schon deshalb gebührt ihm der Heldenplatz auf dem Sockel. Das hat Balkenhol zum einen, möglicherweise in einem grandios lustigen Missverständnis, zum Vorzeigebildhauer für den demokratisch-öffentlichen Raum werden lassen. Doch in Wirklichkeit ist sein Werk eine ironische, verschmitzte Abkehr von den Pathosformeln des künstlerischen allgemein.
So ist die Ausstellung nicht zuletzt ein Streifzug durch die Kunst- und Architekturgeschichte, die Balkenhol immer wieder aufgreift, um die vermeintliche kulturelle Selbstgewissheit des Durchschnitteuropäers zu befragen. Die drei Grazien können dabei ebenso banal wirken wie Balkenhol berühmte Pinguine auf ihren kleinen Sockeln. Es kann keine Balkenhol-Ausstellung geben, in der man nicht irgendwann beginnt zu lachen.
Die Abkehr vom künstlerischen Pathos rückt seine Methode auf verblüffende Weise in die Nähe jenes nüchternen Realismus der Fotografen der Becher-Schule, wie Thomas Ruff oder Andreas Gursky, die in etwa auch vom selben Jahrgang wie der 1957 geborene Balkenhol sind. Die neuesten Bilder, die Balkenhol eigens für die famose Ausstellung in Hamburg geschaffen hat, scheinen diese Nähe jedenfalls bestätigen zu wollen. Es sind großformatige Holzreliefs, die eintönige Stadtlandschaften oder Alltagsdinge zeigen und aus der Ferne wie Umsetzungen von Fotografien wirken, wie sie für die Becher-Schule lange typisch waren. Dass sie nun bei Balkenhol kunstvoll in Holz gekerbt und koloriert erscheinen, ist vielleicht so etwas wie ein finales Bekenntnis des Künstlers: Dass die Ironie eben vor nichts haltmacht, nicht einmal vor der eigenen Position.
"Das hat meistens irgendwas mit der eigenen Physiognomie zu tun, vielleicht liegt's daran, dass man sich selber am meisten sieht im Spiegel morgens oder ich weiß nicht wie. Auf jeden Fall (...) gibt es eine bestimmte Familienähnlichkeit zu (...) dem eigenen Bild vom Menschen. Und da ich halt zu 99 Prozent ohne Modell arbeite, läuft es immer in eine ganz bestimmte Richtung, die ich natürlich variiere, oder je nach Tagesform fällt sie anders aus oder ich werde inspiriert und will ganz bewusst in eine bestimmte Richtung gehen, aber selbst da kann man diese Familienähnlichkeit nicht ganz wegpacken."
Als Schüler von Ulrich Rückriem in Hamburg war Balkenhol in seinem Studium zunächst mit abstrakter Skulptur konfrontiert. In den Deichtorhallen wird daher auch noch einmal die Entwicklung Balkenhols zur figürlichen Bildhauerei nachvollzogen, seine ersten großen Figurenköpfe aus den frühen achtziger Jahren verdeutlichen, dass die strikte Trennung von figürlich und abstrakt in seinem Werk nicht funktioniert. Die scheinbare Standardisierung der Figuren reflektiert bei Balkenhol durchaus auf die Erfahrung eines heutigen Lebensalltags, der die menschliche Erscheinung selbst immer mehr standardisiert, ebenso wie Konsumwaren, Architektur und nicht zuletzt auch die Kunst immer mehr globalisiert und standardisiert werden. Der Durchschnitt gibt den Ton an, und schon deshalb gebührt ihm der Heldenplatz auf dem Sockel. Das hat Balkenhol zum einen, möglicherweise in einem grandios lustigen Missverständnis, zum Vorzeigebildhauer für den demokratisch-öffentlichen Raum werden lassen. Doch in Wirklichkeit ist sein Werk eine ironische, verschmitzte Abkehr von den Pathosformeln des künstlerischen allgemein.
So ist die Ausstellung nicht zuletzt ein Streifzug durch die Kunst- und Architekturgeschichte, die Balkenhol immer wieder aufgreift, um die vermeintliche kulturelle Selbstgewissheit des Durchschnitteuropäers zu befragen. Die drei Grazien können dabei ebenso banal wirken wie Balkenhol berühmte Pinguine auf ihren kleinen Sockeln. Es kann keine Balkenhol-Ausstellung geben, in der man nicht irgendwann beginnt zu lachen.
Die Abkehr vom künstlerischen Pathos rückt seine Methode auf verblüffende Weise in die Nähe jenes nüchternen Realismus der Fotografen der Becher-Schule, wie Thomas Ruff oder Andreas Gursky, die in etwa auch vom selben Jahrgang wie der 1957 geborene Balkenhol sind. Die neuesten Bilder, die Balkenhol eigens für die famose Ausstellung in Hamburg geschaffen hat, scheinen diese Nähe jedenfalls bestätigen zu wollen. Es sind großformatige Holzreliefs, die eintönige Stadtlandschaften oder Alltagsdinge zeigen und aus der Ferne wie Umsetzungen von Fotografien wirken, wie sie für die Becher-Schule lange typisch waren. Dass sie nun bei Balkenhol kunstvoll in Holz gekerbt und koloriert erscheinen, ist vielleicht so etwas wie ein finales Bekenntnis des Künstlers: Dass die Ironie eben vor nichts haltmacht, nicht einmal vor der eigenen Position.