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Pinguine in deutschen Amtsstuben

Lange Zeit dominierte in deutschen Behörden Windows die Monitore der Beamten und Angestellten. Doch die Dominanz der Microsoft-Betriebssysteme hat die Verfechter der Open-Source-Software nicht ruhen lassen. Gefördert durch peinliche Pannen beim Markführer aus Redmond, wie etwa die Affäre um Programmteile, die aus der Feder von Scientology-Anhänger stammen sollen, hält nun auch bei der Bundesregierung ein Sinneswandel in Sachen Informationsplattform ein. In einer Untersuchung kommen die Beamten der Koordinierungs- und Beratungsstelle für Informationstechnik des Bundesinnenministeriums zu eindeutigen Ergebnissen.

Wolfgang Nitschke |
    Viele Argumente für den Einsatz von Open-Source-Software auf Rechnern von Bundes- und Landesbehörden waren Anhängern von Linux und Co. auch ohne Lektüre der neuen Studie bereits bekannt. Dabei wiegt vor allem der Vorteil geringerer Kosten besonders schwer: Linux kostet gerade 99 Mark und darf überdies beliebig oft kopiert werden. Für Microsofts Windows zahlt der Steuerzahler dagegen ein Vielfaches und dies zudem für jeden einzelnen Rechner. Ein weiteres Plus für das freie Betriebssystem ist sein offener Quellcode – ohne weiteres könnten Experten der verschiedenen Behörden neue Funktionen einbetten, Programmfehler beheben und Treiber für exotische Geräte selbst entwickeln. Bislang müssen hierfür eigens Spezialisten der Programmhäuser bestellt und bezahlt werden. Außerdem schont Linux auch die Ressourcen des eingesetzten Hardware – auch ältere Rechner könnten so problemlos weiter ihren Dienst für das Vaterland verrichten und neue Systeme entsprechend länger genutzt werden.

    Die aktuelle BSI-Studie bestätigt diese Argumente für Linux und entkräftet die immer wieder ins Feld geführten Einwände. Software, Office-Produkte und Treiber stünden, so die Autoren der Untersuchung, in ausreichendem Umfang zu Verfügung. Auch sei die Sicherheit und der Investitionsschutz gewährleistet. Die große Resonanz im Umfeld der IT-Industrie stelle sicher, dass das alternative Betriebssystem auch langfristig fortbestehe.

    Insgesamt beurteilen die Experten Open-Source-Software durchweg positiv und kommen zu dem Schluss, dass "auf absehbare Zeit eine erfolgreiche Strategie, sich aus der Abhängigkeit eines Herstellers zu lösen, nur in der Koexistenz dessen Produkte mit Linux, FreeBSD und anderer Open-Source-Software bestehen kann".

    Die Untersuchung stellt eine klare Absage gegen Microsoft und die Windows-Welt dar: "Die Situation im Bürobereich der Bundesverwaltung ist geprägt durch den Einsatz von Bürokommunikationspaketen eines Herstellers", so die Studie. Die aus dieser Abhängigkeit herrührenden Nachtteile seien vielfältig: Die Produkte seien oft teuer und von häufigem Release-Wechsel gekennzeichnet.

    Doch die billige Linux-Lösung ist wahrscheinlich noch auf Jahre hin nur Theorie, denn ganz einfach gestaltet sich der Wechsel nicht. So stellten viele Behörden erst in den letzten Jahren auf Windows 95 oder Windows 98-Systeme um und schulten ihre Mitarbeiter entsprechend, die dann auf die kostengünstige Alternative umlernen müssten. Ein weiteres Hindernis stellen bestehende Netzwerkstrukturen dar, in die Linux nur dann hinein wachsen kann, wenn dabei keine technischen Probleme entstehen. Kritiker entgegnen überdies, dass auch ein offener Quellcode nicht gleichbedeutend sei mit der Beherrschung desselben – Kostspielige Betreuung durch Drittanbieter sei auch weiterhin kaum umgänglich. (Weitere Informationen zu der Studie des BSI unter http://www.kbst.bund.de)