1993 feierte Witten-Herdecke seinen 10-jährigen Geburtstag in großer illustrer Runde. Unter den Gratulanten befand sich nicht nur der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl, sondern auch Detlef Müller-Böling. Als heutiger Leiter des Centrums für Hochschulentwicklung setzt er sich für mehr Wettbewerb unter den einzelnen Universitäten ein. Vor zehn Jahren war das noch anders gewesen: Als damaliger Direktor der Dortmunder Universität musste Müller-Böling vor allem auf die Vorzüge seiner eigenen staatlichen Hochschule aufmerksam machen:
Ich denke, so ganz lebensfähig sind die auch nicht ohne unsere Nähe, wenn ich sehe, wie viele Studierende in unsere Universitätsbibliothek kommen.
Auch einige Mitglieder der Hochschulrektorenkonferenz sahen die Wittener Privatuniversität in den neunziger Jahren noch kritisch, räumte Klaus Landfried als damaliger stellvertretender Vorsitzender der HRK als Redner auf der Geburtstagsfeier ein.
Das ist ein großer Verein, lassen Sie mich mal heute meine Sympathie ausdrücken.
Inzwischen ist die Wittener Uni Mitglied der Hochschulrektorenkonferenz geworden, doch bis dahin war es ein weiter Weg: Erst Anfang der achtziger Jahre wurde die Gründung nicht-staatlicher Universitäten im Hochschulrahmengesetz erstmalig erlaubt, und das nur unter bestimmten Bedingungen: Die Privatuniversität war vom Land Nordrhein-Westfalen vor 20 Jahren nur genehmigt worden, weil sich die Hochschule dazu verpflichtet hatte, sich weder aus öffentlichen Mitteln, noch aus Studiengebühren finanzieren zu dürfen, erinnert sich Konrad Schily, Gründer und jetziger Präsident der Hochschule.
Wir wären nicht genehmigt worden, wenn wir erklärt hätten, wir würden Studiengebühren nehmen. Wir mussten diese Kröte schlucken, dass wir ausgeschlossen wurden von staatlicher Förderung auf Dauer, und wir mussten die Kröte schlucken, dass kein Mensch wusste, woher das Geld kommen sollte. Wir haben das 13 Jahre lang durchgehalten. Wir sind ein Modell, das jetzt 20 Jahre alt ist und sich 20 Jahre bewährt hat und schon eine gewisse Strahlkraft entwickelt hat.
Mitte der neunziger Jahre geriet die Wittener Uni erstmalig in finanzielle Schwierigkeiten. Als die Gelder von Sponsoren und Förderern nicht mehr ausreichten, um die Existenz der Hochschule zu sichern, unterstütze die Düsseldorfer Landesregierung die Wittener mit einer Finanzspritze von sechs Millionen Mark. Heute werden 17 Prozent des Gesamthaushalts der Uni von Landesfördermitteln getragen. Seit acht Jahren müssen nun auch die Studierenden zahlen, sei es sofort, oder auch erst nach dem Examen. Dieses Wittener Modell gilt in der aktuellen Debatte um Studiengebühren als beispielhaft. In letzter Zeit war erneut von finanziellen Schwierigkeiten der Universität die Rede. Man sei jedoch auf der Suche nach neuen Finanzierungsmodellen, um die Zukunft der Universität zu sichern, so Olaf Kaltenborn, Pressesprecher der privaten Hochschule.
Ich denke, wir werden noch mehr Geschäftsfelder entwickeln. Einige sind ja jetzt schon in Ansätzen erkennbar, beispielsweise der Versuch, Unternehmen mit den Erkenntnissen zu versorgen und dort Führungskräfteausbildung auf neue Füße zu stellen oder aber ein klinisches Zentrum im Bereich Medizin zu etablieren. Das sind so Ansätze, wie sie in nächster Zeit noch ausgebaut werden.
Die Wittener Privatuniversität hat sich trotz finanzieller Schwierigkeiten und überstandener Personalquerelen in der deutschen Hochschullandschaft eine bedeutenden Position mit Modellcharakter sichern können und belegte im jüngsten CHE-Hochschul-Ranking einen guten Platz. Dennoch haben die Wittener ihren 20. Geburtstag in diesem Jahr nicht ausgelassen gefeiert. Vielleicht möchte man das Geld lieber sparen, um die Universität wieder auf finanziell sichere Füße zu stellen.
[Autorin: Antje Allroggen]