Dienstag, 30. April 2024

Archiv


PISA für Akademiker

Die OECD will einen internationalen Vergleich der Hochschulen durchführen, basierend auf der Leistungsfähigkeit der Absolventen. Eine Art PISA-Test für Unis also, der prüft, was Hochschulen an Fähigkeiten und Wissen vermitteln. In einer Vorstudie justieren die Bildungsforscher zurzeit ihre Testmethoden.

Von Anja Braun | 12.02.2010
    "Es wird da sehr erstaunliche Ergebnisse geben","

    versichert OECD-Direktorin Professor Barbara Ischinger, zuständig für die Machbarkeitsstudie zum Hochschul-PISA. Allein für diesen Vorabcheck werden in den kommenden Monaten 30.000 Studierende aus sechzehn Mitgliedsländern der OECD getestet. Allerdings legt Ischinger Wert darauf, den Hochschul-PISA-Test bei seinem richtigen Namen zu nennen: Und der lautet AHELO für Assesment of Higher Education Learning Outcomes:

    ""Also wir nennen es nicht PISA, weil es nicht wirklich vergleichbar ist und sich nicht auf die Systeme stützt, sondern auf einzelne Hochschulen."

    Obwohl die nationale Performance also nicht im Vordergrund steht, sondern die einzelne Hochschule im globalen Wettbewerb - fürchten einige Länder offenbar, dass aus der Bewertung letztendlich doch Vergleiche gezogen werden. Und diese zu ihrem Nachteil ausfallen könnten. Wie sonst könnte man sich erklären, warum gerade Deutschland, Frankreich und England in Deckung gehen- während beispielsweise die USA und Australien von der Möglichkeit ihre Hochschulen testen zu lassen, ganz begeistert sind. Die rechte Hand des baden-württembergischen Wissenschaftsministers, Ministerialdirektor Klaus Tappeser, begründet das so:

    "Rankings und Evaluationen im Hochschulbereich sind bei uns an der Tagesordnung, wir stehen aber dennoch der OECD-Studie skeptisch gegenüber. Eine einfache Vergleichsmessung, die nicht berücksichtigt, dass es unterschiedliche Hochschulprofile mit unterschiedlichen Bildungszielen gibt, die zu unterschiedlichen Bildungsergebnissen führt, stiftet mehr Schaden als Nutzen, weil sie dann im Endeffekt auch zur Nivellierung der Profile führt."

    Dennoch hofft in Paris OECD-Bildungsdirektorin Ischinger immer noch darauf, dass sich die deutschen Bildungsminister noch eines Besseren besinnen:

    "Wir haben jetzt 16 Länder. Russland hat gerade noch zugesagt. Wir haben von Deutschen Hochschulen gehört, die gerne dazukommen möchten. Eine große deutsche Stiftung würde auch Geld bereitstellen also ist da noch eine große Chance, dass wir auch deutsche Hochschulen bekommen."

    Ischingers Kollege Andreas Schleicher, der bei der OECD für die PISA-Schul-Tests zuständig ist, verstieg sich bei der Ankündigung des Hochschul-PISA zu der Aussage: Einige deutsche Elitehochschulen zitterten jetzt schon. Auf die Frage, ob Deutschland den Wissens- und Kompetenzcheck seiner Studenten wirklich fürchten muss, antwortet Bildungsdirektorin Ischinger sehr viel diplomatischer:

    "Allerdings braucht Deutschland nun auch nicht zu glauben, dass sie da den Wettbewerb nicht halten können, denn Ingenieurswissenschaften und Wiwis aus Deutschland beliebt und gefragt und das sind die Disziplinen, in denen die Machbarkeitsstudie nun als Test durchgeführt wird."

    Die beiden Fachdisziplinen Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften wurden von den Experten als Testfächer ausgewählt, da sie methodisch recht einfach zu erfassen seien. Der Rektor des Karlsruher Instituts für Technologie und damit Mitglied des machtvollen Zusammenschlusses der TU 9, der technischen Universitäten Deutschlands, Horst Hippler versichert:

    "Es wäre sicherlich wichtig dabei zu sein. Um wenn schon solche Studien nachher durchgeführt werden, an den Kriterien mitzuarbeiten. Ein absolutes Nein führt nur dazu, dass Kriterien aufgestellt werden von anderen, wo man nicht daran teilhaben kann. Wo auch klar ist, wie die Messlatte dann aussieht, wenn man einsteigt."

    Hipplers KIT hat im Exzellenzwettbewerb den Titel Elite errungen und kann sich über den Zulauf an Studierenden nicht beklagen. Auch in Rankings erringt das KIT- die einzigartige Fusion aus Forschungszentrum und Universität - gute Plätze. Trotzdem schränkt selbst Rektor Hippler ein, für einen derartigen Leistungsvergleich sei es eigentlich noch zu früh:

    "Wir haben noch keinen wirklichen europäischen Hochschulraum. Gerade im Ingenieursbereich. Deutschland und Frankreich sind eben Länder, die Ingenieure ganz anders ausbilden als Amerikaner und Engländer. Insofern wäre das sehr, sehr schwierig. Aber ich denke es wäre auch eine Herausforderung das zu tun. Insofern ist es ein bisschen schade. Aber es ist eine Entscheidung der Kultusminister gewesen und nicht der Universitäten."

    Trotz der Weigerung der europäischen Kernländer hat die OECD nun mit dem Vortest begonnen. Pro Teilnehmerland werden Studierende an jeweils 5 Hochschulen getestet, wobei die Bildungsforscher darauf achten, dass die unterschiedlichen Hochschultypen darunter vertreten sind.

    "Und wir testen um den Bachelor herum und das können etwa 200 Studierende pro Hochschule. Der Studierende bekommt Dokumente, Texte vorgelegt, ähnlich wie man es auch von PISA kennt. Analytisches Denken, das sind die Bereiche und auch gut schreiben zu können."

    Innerhalb des nächsten Jahres sollen die Ergebnisse zeigen, ob die Kompetenztests auch in jedem Land funktionieren oder ob und wo sie noch besser auf die Kultur- oder Hochschulunterschiede angepasst werden müssen. Dabei können die bereits jetzt teilnehmenden Länder noch Einfluss nehmen auf die Tests und ihre Durchführung. Ob die Öffentlichkeit anschließend von den Ergebnissen des Pretests erfährt, entscheiden die beteiligten Länder, versichert Barbara Ischinger:

    "Sicherlich wird die Machbarkeitsstudie in den meisten Ländern noch anonym gehandhabt werden, kann mir vorstellen manche stolz auf Ergebnisse, wollen an die Öffentlichkeit, aber das überlassen wir mit dieser Machbarkeitsstudie den Ländern selbst."