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PISA-Informationen

Hat er nun etwas gebracht oder hat er nicht, der Ausbildungsgipfel diese Woche in Berlin? 140 000 Lehrstellen fehlen allein in diesem Jahr, so die alarmierende Prognose der Experten. 140 000 Jugendliche, die, wenn nichts passiert, Ende des Jahres in die Arbeitslosigkeit oder sogar die Sozialhilfe abrutschen könnten. Die vollmundig angekündigte Konferenz mit Polit- und Wirtschaftsprominenz allerdings schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Fast schon routiniert wurden die traditionellen Streitereien ausgefochten. Eine Zwangsabgabe für Ausbildungsmuffel? Eine Selbstverpflichtung der Industrie? Mehr Förderung durch die Bundesregierung? Die Einigung blieb aus, stattdessen gab es ein Kommunique mit der Aussage, dass nun alle Beteiligten freiwillig versuchen wollen, in den nächsten sechs Monaten das Problem doch noch zu lösen. Immerhin: Ab sofort darf jeder Betrieb ausbilden, nicht nur derjenige, der ausreichend qualifiziertes Personal beschäftigt. Ob dieser eher kleine Schritt allerdings tatsächlich den Durchbruch bringt, bleibt abzuwarten.

Von Armin Himmelrath |
    Nicht mehr länger warten wollten dagegen Geschichtsstudenten an der Universität Gießen. Sie waren unzufrieden darüber, wie oft jüngeren Kindern historische Themen vorenthalten und wie häufig verfälschte Darstellungen vermittelt werden. Begründung: Kindergarten- und Grundschulkinder hätten noch kein Zeit- oder Wirklichkeitsbewusstsein und keine Fähigkeit zur Perspektivenübernahme. Alles Quatsch, sagten sich die Studierenden in der Justus-Liebig-Stadt-Gießen. Und sie erstellten in Eigenarbeit ein Kindergeschichtsheft mit dem Titel "Justus" über den bahnbrechenden Wissenschaftler Liebig und die Lebensumstände seiner Zeit. Gießener Viertklässler werden in der nächsten Woche erstmals mit dem neuen Material im Sachkundeunterricht arbeiten. Und sie werden vielleicht erstaunt feststellen, dass Justus Liebig die Schule verlassen musste, seine Lehre abbrach, als junger Mensch seine Eltern enttäuschte - und trotzdem zu einem der bekanntesten deutschen Wissenschaftler wurde. Das Kindergeschichtsheft ist für Sechs- bis Zwölfjährige geeignet, enthält Arbeitstipps zum Lernen und für Experimente und wird auf Anfrage kostenlos an Schulen abgegeben. Die Kontaktadresse gibt es auf den Internet-Seiten von Forum PISA.

    Kontakt

    Rita Rohrbach Didaktik der Geschichte Fachbereich 04 - Geschichts- und Kulturwissenschaften Justus-Liebig-Universität Gießen Otto-Behaghel-Straße 10E 35394 Gießen E-Mail: Rohrbach-Wettenberg@t-online.de

    Dass Schülerinnen und Schüler mehr können, als ihnen gemeinhin zugetraut wird, wollen auch die Universitäten in Chemnitz und Bielefeld beweisen. In Chemnitz wurde dafür die Initiative "School Meets Business" ins Leben gerufen, bei der Schüler in einem computergestützten Planspiel ihr Können als Wirtschaftslenker unter Beweis stellen. Angesprochen sind Schüler der Klassen 10 und 11, denen unternehmerisches Denken und Handeln vermittelt werden soll. Und in Bielefeld öffnen sich nächsten Donnerstag zum dritten Mal die Türen der Universität zum "Girls Day", bei dem Schülerinnen in mehr als 30 Workshops erste Studienerfahrungen in naturwissenschaftlichen Fächern sammeln können. Das Angebot richtet sich an Schülerinnen ab der 5. Klasse, das Programm reicht vom Mikrokopieren bis zur Gestaltung von Internet-Auftritten und von der Genomforschung bis zum Schnittfeld zwischen Mathematik und Musik.

    Kontakt

    Chemnitz: andre.levin@wirtschaft.tu-chemnitz.de Bielefeld: www.uni-bielefeld.de

    Zum Schluss noch eine brandneue Erkenntnis aus der Wissenschaft. Migrantenkinder, hat der Sozialwissenschaftler Frank Kalter herausgefunden, haben es im Fußball schwerer als ihre deutschen Mitspieler. Sie müssen nicht nur durch sportliche Leistung überzeugen, sondern zusätzlich auch noch einen zeitlichen Vorsprung einholen: Migrantenkinder treten nämlich im Schnitt zwei Jahre später in die Fußballclubs ein als ihre deutschen Altersgenossen. Ein Startnachteil, der zunächst nur gering erscheint, aber gerade in der gezielten Talentförderung wichtig wird, wenn sogar der Geburtsmonat darüber entscheiden kann, ob ein Nachwuchstalent gefördert wird und vorwärts kommt - oder eben nicht. Jungen ausländischen Spielern fehlen außerdem oft die sonst im Kinderfußball üblichen sozialen Netzwerke wie elterliche Fahrgemeinschaften zu Auswärtsspielen. Hinzu kommt, dass gerade im Amateurbereich die Trainer - meist sind das fußballbegeisterte deutsche Väter - ihre deutschen und nicht-deutschen Zöglinge nicht immer gleich behandeln. Wer die Integration von Ausländern in der Gesellschaft fördern wolle, schlussfolgert Frank Kalter, dürfe den in Deutschland so wichtigen Bereich der Fußballvereine deshalb nicht unberücksichtigt lassen.

    Buchtipp

    Frank Kalter: Chancen, Fouls und Abseitsfallen. Migranten im Deutschen Ligenfußball. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2003)