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PISA-Nachrichten

Sind Sie heute schon mit ihren Kindern gehüpft und gesprungen? Sind die Kleinen schon draußen herumgetobt und sind gerannt, bis ihnen die Puste ausgegangen ist? Wahrscheinlich nicht, und das ist – leider – der Normalfall. Die Sportwissenschaftlerin Renate Zimmer von der Universität Osnabrück hat in einer Untersuchung festgestellt, dass Kinder von ihren Eltern viel zu wenig zur Bewegung animiert werden. Und dieser Bewegungsmangel beginnt schon Im Babyalter. Statt herum zu krabbeln, liegen die Kleinen im Kinderwagen oder werden in der Babyschale angeschnallt. Das ist zwar für die Eltern sehr bequem, sagt Renate Zimmer, aber die Babyschalen sorgen dafür, dass den Kindern wichtige Bewegungserfahrungen vorenthalten werden. Gerade das Herumrobben und Rollen auf dem Boden sei für die spätere Entwicklung eine ganz wichtige Grundlage. Deshalb plädiert die Sportwissenschaftlerin auch für ein pädagogisches Gerät, dass in den letzten Jahren völlig out war: Den Laufstall. Das Kinder-Gehege sei in Zeiten starker Bewegungsverarmung bei Kindern ein wahres Paradies. Überhaupt, sagt Renate Zimmer, drehe sich die ganze Bildungsdiskussion für ihren Geschmack viel zu viel um die harten Fächer Mathematik, Deutsch und Fremdsprachen und viel zu wenig um weiche Fächer wie Sport.

    Stimmt nicht, werden jetzt vielleicht ein paar Lehrer rufen. Denn am kommenden Mittwoch ist der "Tag des Sports in der Sonderschule”. Das Zentrum für Weiterbildung an der Universität Dortmund nimmt das zum Anlass, um einen Fortbildungstag für Sonderschullehrer und andere Interessenten anzubieten. Thema ist der Bewegungsunterricht für behinderte und nichtbehinderte Kinder. Dabei gibt es praktische Workshops mit so verheißungsvollen Titeln wie "Ringen und Raufen unter integrativen Aspekten”, aber auch theoretische und berufspolitische Vorträge. Ziel der Veranstaltung ist es, die körper- und bewegungsorientierte Förderung in der Sonderschule und im gemeinsamen Unterricht zu stärken. www.zfw.uni-dortmund.de

    Stärkung und Unterstützung brauchen Kinder im Moment auch, wenn es um den Krieg im Irak geht. Der belastet Kinderseelen nämlich mindestens genauso wie uns Erwachsene. Die Bilder und Eindrücke können Kinder bis in den Schlaf verfolgen, sagt der Psychologe Rainer Silbereisen von der Universität Jena. Schließlich sei das dramatische Kriegsgeschehen überall Thema: Beim Abendessen zu Hause, in der Schule, im Freundeskreis. Eltern stehen in dieser Situation vor einer schwierigen Herausforderung: Einerseits, sagt Rainer Silbereisen, müssen sie verhindern, dass die Ereignisse allzu dominant im Leben ihrer Kinder werden, andererseits dürfen sie den Krieg aber auch nicht verdrängen oder totschweigen. Um diese Balance zu schaffen, gibt es für jüngere Kinder eine Faustregel: Gerade so viel erklären, wie die Kinder selber fragen – und die Kriegsnachrichten im Fernsehen nicht völlig, aber immer wieder rechtzeitig ausschalten. Die Schule, sagen die Experten, könne daneben nur begleitend auf das Thema eingehen. Denn Krieg ist ein solch massives und existenziell bedrohliches Thema, dass in erster Linie die Eltern damit umgehen müssen.

    Zum Schluss noch ein Beitrag zur Debatte um die Schule der Zukunft. Der Sprachwissenschaftler Konrad Schröder hat angeregt, Englisch in Zukunft nicht mehr als erste Fremdsprache zu unterrichten. Deutsche Schüler sollen statt dessen zunächst eine Nachbarsprache mit regionalem Bezug lernen, also etwa Französisch in Baden-Württemberg, Italienisch in Bayern und Polnisch in Brandenburg. Englisch könne danach als zweite Sprache hinzu kommen, empfiehlt der Augsburger Professor. Seine Begründung: Wer Englisch von Anfang an lernt, komme damit bei Auslandsreisen in der Regel zurecht und lerne deshalb keine zweite Fremdsprache mehr. Englisch würde so zur einzigen Euro-Sprache, allerdings nur auf gehobenem schlechten Niveau. Das sei dann so etwas wie sprachlicher Imperialismus, sagt Konrad Schröder. Er plädiert statt dessen für das Unterrichtsziel Dreisprachigkeit: Deutsch, eine Nachbarsprache und Englisch. Ein Vorschlag, der zumindest bedenkenswert ist.