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Plädoyer für das Mammographie-Screening

Die Mammographie, eine Röntgenaufnahme der weiblichen Brust, ist heute die einzige eingeführte Vorsorgeuntersuchung, mit der sich Brustkrebs frühzeitig erkennen lässt. So wird die Mammographie in einigen europäischen Nachbarländern, etwa in Dänemark und Schweden, als regelmäßige Untersuchung für Frauen über 50 bereits seit einigen Jahren betrieben. Hierzulande dagegen hielten sich Fachverbände und Experten mit der Empfehlung dieser regelmäßigen Vorsorge lange zurück. Grund hierfür waren wissenschaftliche Zweifel am Sinn der Mammographie. Anlässlich einer Tagung Ende vergangener Woche im texanischen San Antonio bekräftigten US-amerikanische Brustkrebsexperten dagegen nochmals ihre Befürwortung der Reihenuntersuchung.

    "Die Brustkrebs-Vorsorgeuntersuchungen retten Leben. Bei Frauen, die an verschiedenen Mammographie-Studien in Schweden beteiligt waren, sank die Sterblichkeit durch Brustkrebs um mehr als 50 Prozent. Würde jede Frau über 40 jedes Jahr untersucht, sänken die Todesraten sogar noch mehr", unterstrich Professor Stephen Feig, Radiologe am Mount Sinai Hospital in New York anlässlich einer Fachtagung texanischen San Antonio. Der Facharzt lässt keinen Zweifel daran, dass seiner Meinung nach der Brustkrebs deutlich weniger Todesoper fordern würde, wenn alle Frauen über 40 ihre Brust jährlich röntgen und nach frühen Anzeichen eines Tumors absuchen lassen würden. Dem stehen allerdings Stimmen anderer Mediziner entgegen. So erklärten die beiden Dänen Ole Olsen und Peter Gotzsche in einem Artikel im Medizin-Journal "The Lancet", dass jene sieben wesentlichen Studien, die den Sinn der Mammographien belegten, wegen falscher Analysen keine Gültigkeit besäßen. Befürworter der Mammographie-Reihenvorsorge wie Feig stellen wiederum die These der Dänen in Frage: "Wir nahmen ihre Einwände ernst und untersuchten alle ihre Argumente. Inzwischen wurden die Argumente beispielsweise von der Weltgesundheitsorganisation WHO, der Amerikanischen Krebsgesellschaft sowie der dänischen und der schwedischen Gesundheitsbehörden widerlegt." So sei die Hypothese von Olsen und Gotzsche nicht wasserdicht gewesen. Überdies ist Stephen Feig der Ansicht, die beiden dänischen Forscher hätten Fehler in ihren Methoden und Annahmen begangen, so dass der Artikel niemals von einer Fachzeitschrift hätte angenommen werden dürfen.

    Olsen und Gotzsche hatten unter anderem vorgebracht, dass die Vorsorgeuntersuchungen zu aggressiveren und unnötigen Behandlungen führten, weil sich im Frühstadium die Bösartigkeit eines Befundes oft nicht zuverlässig erkennen lasse. Zwar akzeptierten beider Wissenschaftler die Abnahme der Todesraten ei Brustkrebs durch die Mammographie. Allerdings sei die allgemeine Todesrate gleich geblieben. Grund hierfür sei unter anderem, dass die Mammographie selbst in wenigen Fällen der Anlass für unnötige und letztlich tödliche Behandlungen gewesen sei. Zum Teil sei die Statistik auch dadurch verfälscht worden, dass Frauen, bei denen Brusttumore korrekt erkannten worden waren, während der Behandlung verstorben seien und so nicht in der Brustkrebs-Todesrate mitgezählt wurden, obwohl die Todesursache letztlich Brustkrebs gewesen sei. Die Dänen forderten deshalb, dass der Erfolg der Mammographie an einem Rückgang der allgemeinen Todesrate betroffener Frauen gemessen werden müsse, nicht aber an der Zahl an Brustkrebs-Toten. Das aber sieht Feig ganz anders: "Es ist nicht vernünftig, von Vorsorgestudien dieser Art zu erwarten, dass man statistisch einen Rückgang der allgemeinen Mortalität sieht, selbst wenn die Zahl an Brustkrebstoten um die Hälfte vermindert würde." Überdies hätten einige Studienleiter, darunter auch Schweden, die ihre Daten aufgrund der Lancet-Veröffentlichung nochmals untersuchten, festgestellt, dass sie tatsächlich doch einen Rückgang der allgemeinen Mortalität belegen können.

    Auch das Argument, die Röntgenstrahlung der Mammographie könnte bei jüngeren Frauen mehr Krebserkrankungen hervorrufen als sie verhindern, lässt Feig nicht gelten, da die einerseits die Strahlendosen heute sehr niedrig, andererseits der Nutzen aber so groß sei: "Das Risiko liegt heute vielmehr darin, keine jährliche Mammographie-Untersuchung vorzunehmen." Doch der US-Experte räumt ein, dass die Qualität der Mammographien für den Erfolg von Vorsorgeprogrammen entscheidend sei. In den nebligen Röntgenaufnahmen die ersten Anzeichen eines Tumors zu sehen, erfordere viel Erfahrung von den Ärzten und vor allem eine konstante Überprüfung der eigenen Leistungen.

    [Quelle: Grit Kienzlen]