Montag, 06. Mai 2024

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Plakate gegen Rechts

Provozierende Plakate Studierende der FH Dortmund erhalten Preis für engagiertes Design gegen Rechts Die Würde des Menschen ist unantastbar, heißt es in Artikel 1 des Grundgesetzes. Unter dieses Motto stellten über 150 Studierende der FH Dortmund ein ganzes Grafikprojekt. Ihre provokanten Plakate wollen auf ganz unterschiedliche Weise gegen Fremdenfeindlichkeit aufrütteln und die rechtsextreme Szene direkt erreichen. Vor kurzem bekam das Projekt einen Preis vom bundesweiten Bündnis für Toleranz und Demokratie - einer Institution, die sich für Projekte gegen Extremismus und Gewalt einsetzt. Am heutigen Tag der Verfassung hat das Bündnis über 300 Jugendliche zu Workshops nach Berlin eingeladen. Auch einige Studierende aus Dortmund sind dabei.

23.05.2003
    Ein dumpf und verwirrt blickendes Kugelgesicht glotzt den Betrachter mit offenem Mund an. Darüber die fette Überschrift: "Mein Krampf". Auf einem anderen Plakat ist Hitler deutlich in die Breite gegangen und zu einer Art Überraschungsei mutiert. Daneben eine Arbeit, die eine Feinripp-Unterhose auf einer Wäscheleine zeigt, die im Schritt unappetitlich braun verfärbt ist mit dem lakonischen Titel: "Schöne Aussichten". Plakate von Studierenden aus dem Fachbereich Design der FH Dortmund.

    Was mich und meinen Kollegen Dieter Ziegenfeuter damals dazu bewogen hat, war, dass es gehäuft zu Übergriffen gegen Ausländerinnen und Ausländer kam und wir beschlossen haben, dass wir dieses Thema im Semester stellen und zwar als einziges Thema.

    Johannes Graf, Professor an der FH Dortmund. Vor drei Jahren hatte er das Projekt "Design gegen Rechtsradikalismus" ins Leben gerufen. Sechs Monate lang ließ er seine Studierenden Material zum Thema Ausländerfeindlichkeit sammeln. Erst dann machten sich die jungen Designer an die Arbeit. Für viele Projekt-Teilnehmer war nicht nur die intensive Vorbereitungszeit ungewöhnlich, sondern auch der künstlerische Umgang mit einem schwierigen politischen Thema. Ute Foerster motivierte ihre Mitarbeit beim Projekt dennoch dazu, sich weiterhin mit der Problematik Antisemitismus auseinander zu setzen.

    Ich denke, dass ich gerade über das Studium meine Leidenschaft für sozialpolitische Projekte entdeckt habe. Und so habe ich für meine Diplomarbeit das Thema "Anne Frank - eine Geschichte für heute" gewählt. Da habe ich für Dortmund ein ganz neues Ausstellungsplakat und auch weitere Plakatvorschläge entwickelt, die auch einen ganz anderen Blick auf Anne Frank geworfen haben.

    Das öffentliche Interesse an den provokanten Plakaten war von Anfang an groß. Allerdings kann zur Zeit nicht nachgedruckt werden, weil es an Geld fehlt. Der Großteil der für die Plakataktion notwendigen Kosten wurde von den Studierenden allein aufgebracht. Eine finanzielle Unterstützung durch das Land NRW oder die Stadt Dortmund blieb aus, obwohl es entsprechende Töpfe zur Förderung von Projekten gibt, die sich gegen Ausländerfeindlichkeit stark machen, weiß Johannes Graf.

    Ich weiß nicht, woran es liegt. Es gab ja auch mal ein Projekt des Landes, da wurde sehr viel Geld ausgeschüttet. Ich glaube, pro Einwohner größerer Städte ein Euro, da haben wir überhaupt nichts bekommen mit der Begründung, Grafikdesigner würden ja nur Kataloge gestalten. Die haben gar nicht begriffen, was wir machen.

    Da kam die finanzielle Unterstützung von 5000 Euro vom Bündnis für Toleranz und Demokratie gerade recht. Das Bündnis, das vor drei Jahren von der Bundesregierung gegründet worden war, fördert modellhafte Projekte, die sich öffentlich gegen Extremismus und Gewalt aussprechen. An den Dortmunder Plakaten gefiel dem Bündnis die direkte und jugendnahe Ansprache, erklärt Reiner Schiller-Dickhut, stellvertretender Geschäftsführer, und nennt direkt ein Beispiel:

    Dort hat eine Studentin einen Schal gestrickt, "Rechts ins Abseits", von beiden Seiten gleich beschriftet, und der ist bei Spielern von Borussia Dortmund gezeigt worden und war dort ein großer Blickfang. Gut gefallen hat uns, dass dieses bedrückende Thema nicht bierernst angegangen wurde, sondern auch mit einer gewissen Lockerheit , auch über Umwege, und auf diese Weise auch Zielgruppen erreicht werden, die man sonst über eine intellektuelle Ansprache nicht so sehr erreichen würde.

    Am heutigen Tag des Grundrechts feiert das Bündnis seinen dreijährigen Geburtstag. Zu diesem Anlas sind über 300 Jugendliche nach Berlin gereist, um in einzelnen Foren gemeinsam mit Innenminister Otto Schily und Justizministerin Brigitte Zypries über das Thema Rechtsextremismus zu diskutieren. Auch einige Dortmunder Design-Studierende sind dabei. Eine Auswahl ihrer Plakate haben sie gleich mitgebracht, um sie im Berliner Abgeordnetenhaus einer größeren Öffentlichkeit zu zeigen. Vielleicht treffen sie ja in diesem Umfeld den einen oder anderen Sponsoren, damit die Plakataktion auch im kommenden Semester weitergehen kann, erhofft sich Martin Schonhoff, der am Dortmunder Grafik-Projekt teilgenommen hat.

    Man sagt immer, wir müssen was tun, jetzt brennt es, Und wir sitzen hier und machen was, haben wunderbare Ergebnisse, und die wollen ja nicht in der Schublade liegen, sondern die wollen angewandt werden. Sonst funktioniert es nicht. Und ich wäre froh, wenn man sich auf politische oder wirtschaftlicher Ebene mal meldet und wenn wir uns einfach zusammenschließen und was machen.

    Von Antje Allroggen

    Links zum Thema

    Artikel 1 heißt die Webseite der Dortmunder Design-Studierenden gegen Rechts.