Die irische Hauptstadt Dublin wird grössenwahnsinnig: Die eigentliche Stadt an der Mündung des Flusses Liffey hat zwar nur eine halbe Million Einwohner, aber die Groß-Agglomeration, die sich in einem Halbkreis von 50 Kilometern Radius darum legt, hat allein in den letzten zehn Jahren eine Viertelmillion mehr Menschen angelockt. Zwei von fünf Iren wohnen in diesem Ballungsraum. Sie kaufen ihre Windeln und Kartoffeln zum Beispiel hier, im riesigen Liffey Valley Shopping Centre. Es liegt bezeichnenderweise nicht an einer Bahn- oder Tramlinie sondern an einem Autobahnkreuz. Eamon Ryan, Parlamentsabgeordneter für die irischen Grünen, ist zum ersten Mal in seinem Leben hier, denn er fährt eigentlich nur Velo. Wie muss man sich denn das heutige Dublin vorstellen?
Amerikanische Städte wie Huston oder Dallas seien wohl am ehesten vergleichbar, derart weit ausgreifend erstrecke sich die Stadt in ihr Hinterland. Aber diese Siedlungsform erreiche ihre Grenzen.
Aus der Luft sieht Dublin wohl aus wie der unachtsam verstreute Inhalt eines Sacks voller winziger Bauklötzchen: Monoton reihen sich die Wohnsiedlungen an einander, jede einzelne besteht aus Hunderten von identischen, inzwischen astronomisch teuren Reihenhäuschen.
Die irische Seele sehnt sich nach einem Häuschen mit Garten, wo die Kinder im Grünen spielen können, erklärt Ryan, der selbst vier kleine Kinder hat.
Und das wäre ja eigentlich der Punkt, wo die staatliche Raumplanung einsetzen müsste. Nicht so in Irland. Warum?
Dublin werde, sagt Ryan in etwas weniger rüden Worten, von Landpomeranzen verwaltet, von Autofahrern, die übers Wochenende bloß raus aufs Land nach Hause wollten. – Und in der Tat: alle Strassen und alle Eisenbahnlinien führen sternförmig nach Dublin; Querverbindungen sucht man vergeblich. Und das scheint sich so bald nicht zu ändern. In einem modernen Hotel gleich neben dem Liffey Valley Einkaufszentrum laden die Grünen zu einer Bürgerkonsultation über den öffentlichen Verkehr ein.
Breda Kenny, eine Dame Mitte 50, ist eben erst Parteimitglied geworden. Um von ihrem Wohnort zu ihrem Arbeitsort zu gelangen, verbringt sie täglich zweimal über eine Stunde im Auto für eine Distanz, die höchstens eine Viertelstunde beanspruchen dürfte.
Manchmal sei ihr zum Heulen zumute, derart furchtbar ist die Verstopfung auf der brandneuen Ring-Autobahn Dublins, der M50. Nähme sie allerdings den Bus, dann müsste sie eine Spitzkehre in der Innenstadt machen, und die beiden Endstationen zum Umsteigen seien nicht einmal beisammen. – Und was möchte sie denn von den Politikern? Breda Kenny schlägt in ihrer Verzweiflung eine Radikalkur vor:
Es sei wohl schon zu spät, aber man sollte das Autofahren mal für einen Monat verbieten, um zu sehen, was dann geschehe. – Das wäre krass, aber so ist das Problem: Dublin wächst entsprechend den Bedürfnissen der Spekulanten, die Häuschen bauen. Der irische Zentralismus erlaubt den Gemeinderäten zwar, die Zonenordnung festzulegen, aber die Baubewilligung wird von ungewählten Beamten erteilt. Paul Gogarty, der lokale Parlamentsabgeordnete – auch er für die Grünen – fasst das Übel zusammen:
Blindheit oder Inkompetenz und altmodische Korruption. Legalisierte Korruption, nennt er es.
Luas – irisch für Geschwindigkeit – heißt die ersehnte Lösung. Aber es gibt erst zwei Tramlinien in Dublin, und die beiden sind nicht einmal mit einander verbunden. Der Verkehrsinfarkt, die fehlenden Klassenzimmer, die immer längeren Pendlerzeiten werden den Dublinern noch eine Weile erhalten bleiben.
Amerikanische Städte wie Huston oder Dallas seien wohl am ehesten vergleichbar, derart weit ausgreifend erstrecke sich die Stadt in ihr Hinterland. Aber diese Siedlungsform erreiche ihre Grenzen.
Aus der Luft sieht Dublin wohl aus wie der unachtsam verstreute Inhalt eines Sacks voller winziger Bauklötzchen: Monoton reihen sich die Wohnsiedlungen an einander, jede einzelne besteht aus Hunderten von identischen, inzwischen astronomisch teuren Reihenhäuschen.
Die irische Seele sehnt sich nach einem Häuschen mit Garten, wo die Kinder im Grünen spielen können, erklärt Ryan, der selbst vier kleine Kinder hat.
Und das wäre ja eigentlich der Punkt, wo die staatliche Raumplanung einsetzen müsste. Nicht so in Irland. Warum?
Dublin werde, sagt Ryan in etwas weniger rüden Worten, von Landpomeranzen verwaltet, von Autofahrern, die übers Wochenende bloß raus aufs Land nach Hause wollten. – Und in der Tat: alle Strassen und alle Eisenbahnlinien führen sternförmig nach Dublin; Querverbindungen sucht man vergeblich. Und das scheint sich so bald nicht zu ändern. In einem modernen Hotel gleich neben dem Liffey Valley Einkaufszentrum laden die Grünen zu einer Bürgerkonsultation über den öffentlichen Verkehr ein.
Breda Kenny, eine Dame Mitte 50, ist eben erst Parteimitglied geworden. Um von ihrem Wohnort zu ihrem Arbeitsort zu gelangen, verbringt sie täglich zweimal über eine Stunde im Auto für eine Distanz, die höchstens eine Viertelstunde beanspruchen dürfte.
Manchmal sei ihr zum Heulen zumute, derart furchtbar ist die Verstopfung auf der brandneuen Ring-Autobahn Dublins, der M50. Nähme sie allerdings den Bus, dann müsste sie eine Spitzkehre in der Innenstadt machen, und die beiden Endstationen zum Umsteigen seien nicht einmal beisammen. – Und was möchte sie denn von den Politikern? Breda Kenny schlägt in ihrer Verzweiflung eine Radikalkur vor:
Es sei wohl schon zu spät, aber man sollte das Autofahren mal für einen Monat verbieten, um zu sehen, was dann geschehe. – Das wäre krass, aber so ist das Problem: Dublin wächst entsprechend den Bedürfnissen der Spekulanten, die Häuschen bauen. Der irische Zentralismus erlaubt den Gemeinderäten zwar, die Zonenordnung festzulegen, aber die Baubewilligung wird von ungewählten Beamten erteilt. Paul Gogarty, der lokale Parlamentsabgeordnete – auch er für die Grünen – fasst das Übel zusammen:
Blindheit oder Inkompetenz und altmodische Korruption. Legalisierte Korruption, nennt er es.
Luas – irisch für Geschwindigkeit – heißt die ersehnte Lösung. Aber es gibt erst zwei Tramlinien in Dublin, und die beiden sind nicht einmal mit einander verbunden. Der Verkehrsinfarkt, die fehlenden Klassenzimmer, die immer längeren Pendlerzeiten werden den Dublinern noch eine Weile erhalten bleiben.