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Plant die Regierung Schnüffelmethoden gegen die Schattenwirtschaft?

Finanzminister Hans Eichel war fassungslos. Da wollte er endlich Ernst machen im Kampf gegen die Schwarzarbeit und mit einem neuen Gesetz kriminellen Machenschaften ein Ende bereiten. Und dann das: Seit Wochen diskutiert die Republik über die Frage, ob Privathaushalte, die eine unangemeldete Putzhilfe beschäftigen oder Handwerker ohne Rechnung arbeiten lassen, eine Straftat begehen oder nicht.

Von Ilka Münchenberg | 17.02.2004
    Von Kriminalisierung der Haushaltshilfen war die Rede, von Bespitzelung und Denunzierung ungeliebter Nachbarn. Mancher Kommentar sprach zynisch von einem "Putzfrauen-Bekämpfungsgesetz". Der öffentliche Aufschrei blieb nicht ohne Folgen: der Bundeskanzler reagierte verärgert, das Gesetz wurde noch einmal "entschärft" und morgen soll es im Bundeskabinett beraten werden. Christine Scheel, finanzpolitische Sprecherin der Grünen:

    Ich habe mich sehr darüber geärgert, dass es nicht gelungen ist, das zu vermitteln, was man eigentlich will. Uns geht es darum, dass wir Schwarzarbeit, die gewerblich organisiert ist, bekämpfen wollen. Und aufgrund der Tatsache, dass die Regierung einen Entwurf, dass also die Beamten einen Entwurf ins Internet gestellt haben, wo man mit einzelnen Beispielen auch falsche Schlussforderungen ziehen konnte, hat dazu geführt, dass wir eine abstruse Debatte bekommen haben, als ob die Zollverwaltung jetzt jeden Haushalt kontrollieren soll.

    Schon seit geraumer Zeit hat Hans Eichel einen schweren Stand in der Regierung. Einst angetreten mit dem makellosen Ruf als Sparer und Sanierer, häuften sich unter seiner Führung Rekordschulden an. Auch Kritiker aus den eigenen Reihen werfen ihm zudem fehlendes politisches Fingerspitzengefühl vor. Das umstrittene Gesetz gegen Schwarzarbeit passt da gut ins Bild. Christine Scheel:


    Da waren sehr viele am Werk, die das sehr systematisch, sehr technisch und sehr lebensfremd beurteilt haben. Und auch die Begründungen geliefert haben, die nicht so unbedingt mit der Lebensqualität in Übereinstimmung zu bringen waren. Was bei den Bürgern zu Recht ein Gefühl ausgelöst hat, sind die jetzt völlig bekloppt?

    Für die Opposition ist der Gesetzentwurf eine Steilvorlage. Die Regierung sei ohnehin dafür verantwortlich, dass die Schwarzarbeit in den vergangenen Jahren stark gestiegen sei. So sieht es auch FDP-Vize Rainer Brüderle:

    Wenn der Staat quasi als Raubritter empfunden wird, als Wegelagerer abkassiert, dann ist die Bereitschaft viel höher, auch mit dem Risiko einer strafbewehrten Tat Steuerhinterziehung zu begehen, als wenn man sagt, es ist einigermaßen anständig und gerecht, damit komme ich hin. Deshalb müssen wir endlich wegkommen davon, die Symptome für die Ursachen zu halten. Endlich Nägel mit Köpfen machen, etwas mal vernünftig zu machen, nicht halbherzig dranzugehen, mit der Folge, dass die Unzufriedenheit auch bei den Parteien, die regieren, was wir ja gerade aktuell erleben beim Bundeskanzler, so zunimmt, dass man sich in der Funktion als Parteivorsitzender nicht halten kann.


    Das Finanzministerium übt sich derweil in Schadensbegrenzung. Unermüdlich bekräftigt Staatssekretärin Barbara Hendricks:

    Es war von Anfang an nicht unsere Zielrichtung, in privaten Haushalten herumzuschnüffeln. Was das anbelangt, möchten wir die Bürger auf den legalen Weg aufmerksam machen und sagen: Das ist ganz einfach. Macht das mit Minijob und dann ist der Fall erledigt.

    So einfach wird die Regierung die leidige Diskussion jedoch nicht los. Das zeigt der Wirbel um die so genannte "Nachbarschaftshilfe". Macht sich der Schüler von nebenan strafbar, der für ein paar Euro den Rasen mäht? Oder sind für einen gelegentlichen Babysitter Steuern fällig? So zumindest las sich der erste Gesetzentwurf von Hans Eichel. Allenfalls dürften sich Nachbarn durch kleine Aufmerksamkeiten wie, so wörtlich, "einen Blumenstrauß oder eine Gartenpflanze" bedanken.

    Inzwischen hat das Finanzministerium die ursprünglichen Pläne überarbeitet: Kleinere Gefälligkeiten und Hilfsarbeiten etwa in der Verwandtschaft oder Nachbarschaft sind von den Schwarzarbeit-Regelungen ausgenommen. Auf eine klare Verdienst-Obergrenze, eine so genannte Bagatellgrenze, soll jedoch verzichtet werden. Hilfe gegen ein kleines Taschengeld ist legitim, darf aber nicht auf Gewinn ausgerichtet sein, betont Staatssekretärin Barbara Hendricks:

    Also nehmen wir ein Beispiel. Jemand hilft seinem Nachbarn den ganzen Samstag beim Umzug. Und dafür kriegt er Geld. Ich spreche jetzt nicht von der Höhe. Das tut er aber nur einmal, denn der Nachbar zieht ja auch nur einmal um. Dann ist das ja auch nicht nachhaltig auf Gewinn gerichtet. Fängt aber einer an, Kleinanzeigen zu schalten, in denen steht: "Ich helfe ihnen beim Umzug", dann muss er ein Gewerbe anmelden und versteuern. Das ist völlig klar. Eigentlich liegt es auf der Hand.

    Bis zuletzt musste das Finanzministerium nachbessern und unter dem Druck der Grünen und der SPD-Fraktion das Gesetz massiv entschärfen. So wollte Hans Eichel ursprünglich bei nicht angemeldeten 400-Euro-Minijobs auch das Hinterziehen von Sozialbeiträgen unter Strafe stellen. Dazu wird es nicht kommen. Darauf hatte Justizministerin Brigitte Zypries gedrängt.

    Wer also in seinem Haushalt geringfügig Beschäftigte nicht anmeldet, handelt in Zukunft ordnungswidrig, begeht aber keine Straftat. Jeder, der eine Putzfrau oder Haushaltshilfe bis maximal 400 Euro im Monat beschäftigt, muss mit 13,3 Prozent Abgaben rechnen – zwei Prozent Steuern und 11,3 Prozent Sozialabgaben. Wem eine Ordnungswidrigkeit nachgewiesen werden kann, muss zahlen – im günstigsten Fall ein Verwarnungsgeld zwischen 5 und 35 Euro, im schlimmsten eine Geldbuße bis 50.000 Euro.

    Offen bleibt, ob solche Strafen abschrecken. Die Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, die sich heute zu Wort meldeten, meinen ja. Deshalb dürfe das Gesetz nicht aufgeweicht werden, eine abschreckende Wirkung sei notwendig. Aber: Bislang gilt Schwarzarbeit in großen Teilen der Bevölkerung als Kavaliersdelikt. Umfragen, so Jürgen Schupp vom Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, verdeutlichen das Ausmaß:

    Die zeigen, dass nahezu die Hälfte der Bevölkerung kokettiert mit der Vorstellung, Schwarzarbeit entweder auszuführen oder in Anspruch zu nehmen. Und etwa 25 Prozent der Befragten einer Untersuchung zeigt, dass sie dies auch schon getan hat. Entweder selbst schwarzgearbeitet hat oder selbst Schwarzbeschäftigung in Auftrag gegeben hat.

    Nach Schätzungen arbeiten allein drei Millionen Menschen schwarz in privaten Haushalten – das entspräche jedem 13. Haushalt. Die für die Unfallversicherung zuständigen Berufsgenossenschaften gehen davon aus, dass 98 Prozent aller Putzfrauen nicht legal beschäftigt sind. Unter den Schwarzarbeitern sind auch Tausende illegale Ausländer, die ihre Arbeit zu niedrigen Löhnen anbieten. Doch ohne Arbeitserlaubnis ist auch keine offizielle Anmeldung möglich. Wirtschaftsforscher Jürgen Schupp glaubt jedoch, dass nicht alle Privatleute bewusst Schwarzarbeit in Kauf nehmen:

    Ich vermute, dass gerade im Haushaltsbereich vielfach auch Unkenntnis einfach darüber vorliegt, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen wird. Von daher ist die gegenwärtige Debatte sicherlich auch sinnvoll, dass überhaupt einmal in der breiten Öffentlichkeit über dieses Phänomen, das ja immerhin zu vielen Steuerausfällen und zu Marktverzerrungen, öffentlich debattiert wird und versucht wird, die Begriffe klarzubekommen.

    Doch der Vorstoß des Finanzministeriums hat weitaus mehr in Bewegung gesetzt. Plötzlich treibt viele die Sorge um, möglicherweise der Schwarzarbeit überführt zu werden. Das zeigt der derzeitige Ansturm bei den Minijobs. Viele wollen möglichst schnell ihre Haushaltshilfen anmelden und in die Legalität wechseln. Bei der Hotline der Bundesknappschaft in Bochum gehen zurzeit täglich bis zu 30.000 Anrufe von Privatleuten ein, die sich informieren wollen. Waren Ende des vergangenen Jahres nur 38.000 Beschäftigte in Privathaushalten offiziell gemeldet, schnellte die Zahl bereits Ende Januar auf über 70.000 hoch.

    Das so genannte Haushaltsscheck-Verfahren, das durch die Hartz-Kommission modifiziert worden ist, ist seit April vergangenen Jahres in Kraft. Damit sollen geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse bis 400 Euro monatlich vereinfacht werden. Für diese Minijobs im Haushalt können dabei maximal 510 Euro von der Steuerschuld abgezogen werden. Wer eine Dienstleistungsagentur engagiert, kann bis zu 600 Euro jährlich weniger Steuern zahlen.

    Der Opposition geht die Minijobregelung längst nicht weit genug. Um Schwarzarbeit wirklich einzudämmen, sollten Haushalte endlich als Arbeitgeber legalisiert werden, fordert CDU-Politiker Karl-Josef Laumann:

    Ich glaube, das wirksamste Instrument wäre, wenn ein Haushalt genau wie ein Unternehmer die Kosten für eine Putzhilfe im Grunde von der Steuer absetzen kann. Ein Arbeitgeber zahlt Steuern nach Umsatz minus Kosten, dazu gehören auch die Löhne. Was übrig bleibt, ist der Gewinn und der wird versteuert. Nur im privaten Haushalt ist das anders. Da müssen Sie Mitarbeiter im Grunde aus dem Nettolöhnen der Familie zahlen. Und das führt natürlich dazu, dass man es möglichst billig haben will. Und das führt natürlich dazu, dass es schwarz passiert.

    Nach wie vor werde der Haushalt als möglicher Arbeitgeber nicht ernst genommen, klagt Laumann. Obwohl gerade im privaten Bereich eine Vielzahl fester Arbeitsplätze entstehen könnte. Wer allerdings kann sich private Angestellte leisten?

    Zum Beispiel junge Leute, die gut verdienen, in der Frage der Kinderbetreuung. Oder ältere Menschen, anstatt dass sie in ein Seniorenheim gehen, sich eine Haushaltshilfe leisten können. Es gibt auch ältere Menschen, die das bezahlen können. Und der Haushalt ist in Deutschland unzureichend Arbeitgeber, und das ist auch ein Grund für unsere Arbeitsmarkt-Probleme.

    Doch nur die wenigsten Schwarzarbeiter in privaten Haushalten sind nach Meinung von Wirtschaftsforschern an einer offiziellen Anmeldung interessiert - wie etwa der Maler, der nach Feierabend Wände anstreicht oder der Freiberufler, der einen Teil seiner Einnahmen dem Finanzamt verheimlicht. Lieber wirtschaften sie den Nebenverdienst ohne Abzüge in die eigene Tasche. Der Linzer Professor Friedrich Schneider, der als führender Experte in Sachen Schwarzarbeit gilt, veranschaulicht, was es bedeuten würde, alle Schwarzarbeiter im privaten Bereich zu kriminalisieren:

    Die Masse der Schattenwirtschaft in Deutschland kommt von Selbstständigen und selbstständig beschäftigten Deutschen oder in Deutschland legal arbeitenden Ausländern, die nebenher schwarz arbeiten, 3, 4, 500 Euro im Monat verdienen. Das sind zwei Drittel, das sind ungefähr 30 Millionen Leute. Wollen Sie die alle einsperren?

    Zumal sich die Kontrollen als äußerst schwierig erweisen. Und die Haushalte sollen für die Zoll-Fahndung "tabu bleiben", heißt es aus dem Finanzministerium.

    Will die Regierung aber wirklich etwas nachhaltig verändern, müssten die Ursachen der Schwarzarbeit, nicht die Symptome bekämpft werden, kritisiert Professor Schneider:

    In Deutschland ist die Steigerung auf die zunehmende Belastung des Faktors Arbeit mit Abgaben zu Steuer- und Sozialabgaben zurückzuführen, und auf die enorme Regulierungsdichte am Arbeitsmarkt. Das sind die beiden wesentlichen Faktoren, warum die Schattenwirtschaft in Deutschland so steigt. In Deutschland ist es bis zur Mitte 2003 sehr stark gestiegen oder am stärksten gestiegen. Jetzt durch die erweiterte Minijobregelung seit April 2003 haben wir auch in Deutschland zum ersten Mal ein Stagnieren.

    Auf der einen Seite entsteht nach dieser Einschätzung Schwarzarbeit erst durch die hohen Abgaben. Auf der anderen Seite könnten die Lohnnebenkosten rein rechnerisch um ein Vielfaches sinken, wenn es keine Schwarzarbeit mehr gäbe - ein Teufelskreis, stellt SPD-Finanzexperte Rainer Wendt fest:

    Da muss man eine ehrliche Debatte darüber führen, was wir am sozialen Sicherungssystem noch leisten sollen und was nicht. Aber man macht es sich zu leicht, wenn man pauschal sagt, man müsste nur die Abgaben senken, dann gäbe es keine Schwarzarbeit mehr. Die Abgaben dienen ja dazu, ein Gesundheitssystem zu gewährleisten, unser Rentenversicherungssystem für die ältere Generation zu sichern, und wenn denn alles so zu erledigen wäre, ohne diese Beitragszahlungen, dann möchte ich wissen, wie man das organisieren will.

    Fest steht, dass die Abgabenlast bei derzeit rund 42 Prozent liegt – mehr als je zuvor. Wenig deutet darauf hin, dass sich das in nächster Zeit wesentlich ändern könnte.

    Und die Schattenwirtschaft boomt: Von der Putzhilfe bis hin zum illegalen Bautrupp - insgesamt wurden im vergangenen Jahr mehr als 17 Prozent des Bruttoinlandprodukts schwarz erwirtschaftet. Das meint Professor Friedrich Schneider, auf dessen Studien sich auch die Regierung bezieht. Seine komplizierten Berechnungen beruhen auf Veränderungen der Bargeldnachfrage. Denn Schwarzarbeit schafft in gewisser Hinsicht Wohlstand, verbotene Arbeit wird meist bar entlohnt. Das so verdiente Geld fließt zurück in die reguläre Wirtschaft. Schneider schließt von der zusätzlichen Nachfrage nach Euro-Scheinen auf den Umfang illegaler Machenschaften:

    Zwei Drittel dieses schwarz verdienten Geldes wird ja sofort in der offiziellen Wirtschaft wieder ausgegeben, und dadurch entsteht natürlich zusätzliche Wertschöpfung. Also: Schattenwirtschaft ist nicht nur typisch schwarz-weiß, sondern Sie haben alle Schattierungen drin. Und die Wertschöpfung in der Schattenwirtschaft wird im Jahr 2004 364 Milliarden Euro betragen.

    Unbestritten aber richtet vor allem die gewerbliche Schwarzarbeit große Schäden an: Dem Finanzamt und den Sozialversicherungen entgehen jährlich zweistellige Milliarden-Beträge. Das könne von der Politik nicht akzeptiert werden, betont die grüne Finanzexpertin Christine Scheel:

    Wir haben Schätzungen, dass allein bei der Umsatzsteuer 18 Milliarden Euro, national, Deutschland, pro Jahr verloren gehen.

    Das neue Gesetz gegen Schwarzarbeit zielt deshalb in erster Linie auf schwere Fälle, wie organisierte Wirtschaftskriminalität. Auf den Baustellen, im Hotel- und Gaststättenwesen oder im Taxigewerbe leiden besonders viele reguläre Betriebe unter der unfairen Konkurrenz der Schattenwirtschaft. Und das, obwohl die Höchstgrenzen für Geldstrafen in den vergangenen Jahrzehnten mehr als verhundertfacht worden sind.

    Handwerksbetriebe, die gesetzestreu alle Abgaben zahlen, können da kaum überleben. Vergleicht man die Löhne, so kostet eine Stunde Schwarzarbeit rund 20 Euro, eine korrekt abgerechnete Stunde dagegen 50 bis 70 Euro. Eine fatale Entwicklung, so Dieter Philipp, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Seine Forderung an die Politik:

    Härter zugreifen. Insbesondere dort, wo es professionell organisiert wird, das gilt auch für Bereiche des Handwerks, wo es Unternehmen gibt, die sich voll und ganz im Markt etablieren, in dem sie durch unlauteren Wettbewerb gegenüber voll zahlenden Unternehmen auftreten und die Beschäftigung von Schwarzarbeitern durch Mechanismen inzwischen sind, dass sie auch den Markt, der ohnehin sehr angespannt ist, mit Niedrigpreisen in Kombination mit Schwarzarbeit kaputt machen.

    Im Gesetzentwurf hat die Regierung bereits neue Straftatbestände vorgesehen. Sollten Arbeitgeber keine Beiträge an die Sozialversicherungen abführen, betont die Staatssekretärin im Finanzministerium, Barbara Hendricks, kann dies strafrechtlich geahndet werden:

    Das bezieht sich auch ausschließlich auf den gewerblichen Bereich, nicht auf den privaten Bereich. Und es gibt einen neuen Strafbestand, das ist die Erschleichung von Transferleistungen. Das heißt, wenn jemand Transferleistungen erhält, z.B. Arbeitslosengeld oder –hilfe, und daneben schwarz arbeitet. Auch das war früher schon verboten, da musste aber dann betrügerische Absicht nachgewiesen werden. Das sind die einzigen neuen Tatbestände.

    Rund 122,2 Millionen Euro Bußgeld hat die Bundesanstalt für Arbeit 2002 wegen Schwarzarbeit verhängt. Doch nur ein Viertel dieser Gelder konnte die Behörde tatsächlich eintreiben.
    Noch größeren Schaden richten Steuerhinterziehung und Betrug an, wenn ein undurchsichtiges Firmennetz die Machenschaften verschleiern soll. Mühsam ist es für die Fahnder auch, die Arbeitgeber zu ermitteln, wenn etwa ein Bauunternehmer Aufträge an Subunternehmen vergeben hat, diese dann wiederum weitere Sub-Sub-Firmen einspannen. Werden diese der Schwarzarbeit überführt, melden sie Insolvenz an. Das ist eine Variante. Geld fließt dann keines und die Drahtzieher bleiben meist unbehelligt. DGB-Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer fordert Konsequenzen:

    Das Gesetz genügt nicht, weil die Generalbauunternehmer sich immer darauf rausreden können, dass formal alles in Ordnung ist. Und deswegen muss man mit dem Gesetz auch wirksam die Kontrollmöglichkeit und Durchgriffs-Möglichkeit verschärfen. Also ein Beispiel: Es nützt natürlich nichts, wenn auf dem Bau ausländische Bauarbeiter ausgenützt werden, indem zwar formal der ihnen zustehende Lohn gezahlt wird, aber die Mehrarbeit soweit ausgedehnt wird, dass der Stundenlohn unterhalb einer Grenze liegt, die für ein Existenzeinkommen überhaupt noch ausreichend ist.

    Ohne verstärkte Kontrollen wird sich da jedoch wenig ändern, mahnt Putzhammer:

    Wenn man im Grunde damit rechnen kann, dass man von einer Kontrolle nicht behelligt wird, weil es einfach viel zu wenig Kontrolleure gibt, und weil Kontrollmaßnahmen nur ab und zu stattfinden und die meisten Betriebe durch die Maschen kommen, dann hat man natürlich den Eindruck, das Risiko kann man eingehen, mit Schwarzarbeit irgendetwas in die Höhe zu ziehen, und deswegen kommt es darauf an, dass die Zahl der Kontrollen auch verstärkt wird und dass da mehr gemacht werden muss bei den Kontrollen.

    Das soll künftig anders werden: Insgesamt sollen 7000 Beamte als so genannte "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" bundesweit nach illegal Beschäftigten fahnden. Seit 1998 jagen bereits 2000 Zollfahnder als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft die Missetäter. Nun haben sie Unterstützung von 3000 Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit und zusätzlich rund 2000 Fahndern aus Personalreserven von Post und Telekom. Stationiert sind sie an bundesweit insgesamt 113 Standorten.

    Ihre Informationen beziehen die Kontrolleure unter anderem von der Staatsanwaltschaft, den Ordnungs- und Gewerbeämtern, der Steuerfahndung und auch von Rentenversicherungsträgern. Oft gehen auch anonyme Hinweise ein, die dann verfolgt werden. Entscheidend ist, dass die Zollfahnder in Zukunft mehr Befugnisse erhalten sollen. So können sie dann beispielsweise auch außerhalb der Geschäftszeiten Unternehmen überprüfen und Akten einsehen oder – bei Verdacht - Autokontrollen durchführen.

    Nun muss sich zeigen, ob härtere Strafen und Fahndungsdruck zum Erfolg führen. Kritiker meinen, dass die neuen Kosten für Überwachung und Bürokratie ohnehin die zusätzlichen Steuereinnahmen aufzehren könnten.

    Finanzminister Eichel zumindest glaubt an sein Gesetz. Im Haushalt 2004 hat er bereits großzügig Einnahmen von einer Milliarde Euro aus dem Kampf gegen die Schwarzarbeit eingeplant. Ob diese Rechnung aufgehen wird, ist zweifelhaft. Zumal die Union bislang noch nicht entschieden hat, ob sie das zustimmungspflichtige Gesetz im Bundesrat mittragen wird.