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Platanenleid

Platanen sind seit Jahrzehnten sehr beliebte Straßenbäume. In Zukunft werden die Platanen wohl vermehrt aus dem Straßenbild verschwinden und auch weit weniger angepflanzt werden als bislang. Die klimatischen Veränderungen machen den Bäumen zu schaffen, weniger die Temperaturen an sich als vielmehr zwei neu eingewanderte Schädlinge: die Platanennetzwanze und der Weißfäulepilz.

Von Mechthild Kevenhörster | 20.07.2007
    Bislang galten Platanen als ideale Stadtbäume. In den 60er und 70er Jahren wurden deshalb in den Städten von München bis nach Hamburg häufig Platanen als Straßenbäume angepflanzt. Sie sind robust und Abgase scheinen ihnen verhältnismäßig wenig anzuhaben. Außerdem eigenen sich die ursprünglich im Mittelmeerraum beheimateten Bäume gut für trockene Standorte und genau das sind die Städte aufgrund ihrer hohen Bodenversiegelung. Die Belastungen für die Platanen haben jedoch in den vergangenen vier Jahren zugenommen. Die Platane wird zum Problembaum, erklärt Dr. Joachim Bauer. Er ist der Leiter des Arbeitskreises Stadtbäume, der sich aus den Gartenamtsleitern verschiedener deutscher Städte zusammensetzt:

    "Er ist ein Problembaum, weil die natürlichen Krankheitserreger der Platane, die vorher nur an den Ursprungsstandorten vorkamen, die kommen jetzt auch verstärkt hier bei uns an. Das eine ist die Platanennetzwanze, ein anderes Problem ist ein Weißfäulepilz, also ein Pilz, der das Holz zerstört. "

    Die Städte sehen die Entwicklung aus Sicherheitsgründen als alarmierend an. In Mannheim sind allein 50 Prozent der Bäume Platanen, in Köln liegt die Zahl etwas darunter. Die gallertartigen mit dem Augen kaum wahrnehmbaren Platanennetzwanzen sind Neuankömmlinge aus Nordamerika und über Italien zu uns eingewandert. In Mannheim sind sie seit 2003 bekannt, in Köln erst seit 2006. Die Wanzen sitzen an der Unterseite der Blätter und saugen die Zellinhaltsstoffe heraus, wie das Chlorophyll. Die im gesunden Zustand kräftig grünen Blätter werden somit schon Ende des Sommers hellgrün. In den befallenen Blättern kann der Baum kein Chlorophyll mehr aufbauen, er stirbt jedoch nicht ab. Die Wanzen sind allerdings eine zusätzliche Belastung für die Platane, neben den Auto- und Industrieabgasen, dem Wassermangel, dem eingeschränkten Wurzelraum und der Sauerstoffknappheit unter dem Asphalt. Die gestressten Bäume wiederum sind sehr anfällig für den Massariapilz, sagt Hans-Peter Herrmann vom Amt für Landschaftspflege und Grünflächen in Köln

    "Also zum Massariapilz an den Platanen ist eigentlich zu sagen, dass der Pilz ungefähr seit 2003 in Deutschland entdeckt worden ist, entdeckt worden ist wohl vor allem aufgrund der extremen Verbreitung des trockenen Jahres 2003, ganz schlimm ist Mannheim, dort gibt es etwa 5000 Platanen, von denen sind mindestens die Hälfte schon betroffen. Das Holz bekommt eine Fäule in einer Geschwindigkeit, wir sprechen mittlerweile da von einer sogenannten Turbofäule, dass man innerhalb weniger Monate diesen Baum absägen muss oder es kommt zum Bruch."

    Herunterstürzende Äste können Passanten verletzen oder Autos beschädigen und stellen somit ein Sicherheitsrisiko dar. Es ist jedoch äußerst schwierig, den Pilz bei den üblichen visuellen Baumkontrollen festzustellen. Das Gefährliche ist, dass die befallenen Stark-Äste meistens grün brechen, da die untere Seite des Äste weiter mit Nährstoffen versorgt wird. Der Baum selbst wird zwar geschwächt, überlebt jedoch den Pilzbefall. In Zukunft werden deshalb in den Städten vermehrt sogenannte Steiger, Fahrzeuge mit Hebebühne, eingesetzt werden müssen, um die befallenen Äste rechtzeitig zu erkennen. Dafür ist ein erheblicher Mehraufwand an Kosten und Personal nötig. Als Straßenbaum wird die Platane wohl aus diesem Grund in Zukunft an Bedeutung verlieren, prophezeit Dr. Joachim Bauer:

    "Die Gartenamtsleiterkonferenz gibt eine sogenannte Straßenbaumliste heraus, das ist eine Empfehlungsliste, wo eine Vielzahl von Baumarten und Sorten aufgelistet sind, die geeignet sind in Straßen gepflanzt zu werden, das kann ein Ginko sein, das kann eine Rhobinie sein oder wie auch immer."

    Bei der Bekämpfung der Platanenwanze wartet man die weitere Entwicklung ab. Eine Chemiekeule will man in den Städten nicht einsetzen. Man setzt darauf, dass sich mit der Zeit, bei den Wanzen Fressfeinde entwickeln, ähnlich wie die Schlupfwespe bei der Kastanienminiermotte.

    "Man diskutiert in europäischen Ländern, gegebenenfalls die Fraßfeinde aus dem Ursprungsland aus Nordamerika hier auszusetzen. Das ist eine Diskussion, die hier anders geführt wird, weil man mit solchen neuen Fraßfeinden natürlich wieder neue Probleme schafft."