Ivar Olufson hält einen Plastikbecher mit Kaffee in der Hand. Unter seinem dunkelblauen Kapitänspullover guckt ein hellblauer Hemdkragen hervor. Auch nach vierzig Jahren aus See ist er immer noch von Spitzbergen und der rauhen Natur des Nordens fasziniert.
Langsam zieht Olufsons Kutter an enormen Steilküsten vorbei, dreißig Meter entfernt, rechts auf der Steuerbordseite, sind drei Wale zu erkennen – in regelmäßigem Rhythmus stechen ihre schwarzen Flossen durch die Wasseroberfläche hindurch. Etwa vier Stunden dauert die Fahrt von Longyearbyen zum russischen Barentsburg.
Ein Dutzend Touristen ist an diesem Tag mit an Bord. Für die meisten ist der Besuch Barentsburgs eine Reise in eine andere Welt. Früher, während des Kalten Krieges, erzählt Olufson, während er hinaus auf das Wasser blickt, wäre diese Fahrt so nicht möglich gewesen. Auch wenn Barentsburg schon damals unter norwegischer Hoheit stand, hätten die russischen Behörden Besucher stets der Spionage verdächtigt. Eine unsichtbare Mauer hätte das Inselreich seinerzeit durchzogen. Ivar Olufson:
Natürlich hat sich das Verhältnis nach dem Kalten Krieg verändert – nach Barentsburg zu fahren, ist heute nicht mehr so kompliziert. Zwischen den Minenarbeitern hat es eigentlich immer ein gutes Verhältnis gegeben, wir haben uns gegenseitig besucht, Fußballspiele organisiert, solche Sachen … Doch wenn die politischen Verhältnisse entspannter gewesen wären, wer weiß, vielleicht hätten wir noch viel mehr dergleichen gemacht.
Vorsichtig nähert sich das Schiff dem Kai, terrassenförmig liegen die Häuser entlang des Berges. Es ist ein erschreckendes Bild, das sich den wartenden Touristen auf dem Vorderdeck eröffnet: Gammelige Holzhäuser stehen neben Plattenbauten sozialistischer Prägung. Entlang des Hafenbeckens Schrotthaufen, verrostete Werkzeuge, Maschinen und Container. Dazwischen streunende Hunde auf der Suche nach Nahrung, ein Souvenirstand, der alte sowjetische Militärabzeichen zum Kauf anbietet. Der Kontrast zur atemberaubenden Natur um die Stadt herum könnte größer nicht sein.
An der Kaikante steht Alek Kantanka und heißt die Besucher willkommen. Der 24jährige ist der wohl einzige Mitarbeiter des Touristenbüros. In der kommenden Stunde wird er die Gruppe durch Barentsburg führen.
Aleks Engagement ist kaum zu stoppen. In brauner Lederjacke, schwarzer Hose und korrekt-wirkender Informationsmappe unter dem Arm berichtet er von allen Vorzügen seiner Stadt. Einen eigenen Bauernhof, ein Sport- und Freizeitzentrum, modernste Computerräume in der Schule – in Barentsburg gibt es offenbar nichts, was es nicht gibt. Währenddessen müssen die Besucher aufpassen, nicht über die großen Spalten zwischen den Betonplatten des Weges zu stolpern. Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen. Alek Kantanka:
Die Tiefe der Kohlenminen hier in Barentsburg beträgt etwa 400 Meter. Meine Freunde haben mir erzählt, dass das für unsere Minenarbeiter eine kleine Mine ist – denn die meisten kommen ja aus Russland und der Ukraine. Vielleicht haben Sie schon einmal gehört, wie gefährlich es dort ist – die russischen und ukrainischen Minen sind sehr alt und sehr tief, dort passieren sehr viele Unfälle. Da wo ich herkomme, aus dem Osten der Ukraine, sind die Minen 1000 Meter tief, hier sind es nur 400.
Am Ende des Rundgangs hat Alek die Touristen in das einzige Restaurant am Platze geführt, bis zur Abfahrt des Bootes werden sie dort verköstigt. Auf dem Weg zurück zu seinem Büro erzählt Alek, sein Vater habe einst als Kumpel in Barentsburg gearbeitet. Er selbst habe sich nach dem Kommunikationsstudium in der Ukraine für den hiesigen Job beworben. Die Zukunft Barentsburgs sieht Alek – natürlich – optimistisch. Trotz des offensichtlichen Verfalls spottet er eine Zukunft in rosigen Farben.
Ja, ich denke schon, ja, warum nicht? Arbeit ist doch da, und in einigen Wochen kommen neue Männer. Ich denke, es wird auch weiterhin eine russische Siedlung auf Spitzbergen geben, aber wie lange, das kann ich natürlich nicht sagen.
Langsam zieht Olufsons Kutter an enormen Steilküsten vorbei, dreißig Meter entfernt, rechts auf der Steuerbordseite, sind drei Wale zu erkennen – in regelmäßigem Rhythmus stechen ihre schwarzen Flossen durch die Wasseroberfläche hindurch. Etwa vier Stunden dauert die Fahrt von Longyearbyen zum russischen Barentsburg.
Ein Dutzend Touristen ist an diesem Tag mit an Bord. Für die meisten ist der Besuch Barentsburgs eine Reise in eine andere Welt. Früher, während des Kalten Krieges, erzählt Olufson, während er hinaus auf das Wasser blickt, wäre diese Fahrt so nicht möglich gewesen. Auch wenn Barentsburg schon damals unter norwegischer Hoheit stand, hätten die russischen Behörden Besucher stets der Spionage verdächtigt. Eine unsichtbare Mauer hätte das Inselreich seinerzeit durchzogen. Ivar Olufson:
Natürlich hat sich das Verhältnis nach dem Kalten Krieg verändert – nach Barentsburg zu fahren, ist heute nicht mehr so kompliziert. Zwischen den Minenarbeitern hat es eigentlich immer ein gutes Verhältnis gegeben, wir haben uns gegenseitig besucht, Fußballspiele organisiert, solche Sachen … Doch wenn die politischen Verhältnisse entspannter gewesen wären, wer weiß, vielleicht hätten wir noch viel mehr dergleichen gemacht.
Vorsichtig nähert sich das Schiff dem Kai, terrassenförmig liegen die Häuser entlang des Berges. Es ist ein erschreckendes Bild, das sich den wartenden Touristen auf dem Vorderdeck eröffnet: Gammelige Holzhäuser stehen neben Plattenbauten sozialistischer Prägung. Entlang des Hafenbeckens Schrotthaufen, verrostete Werkzeuge, Maschinen und Container. Dazwischen streunende Hunde auf der Suche nach Nahrung, ein Souvenirstand, der alte sowjetische Militärabzeichen zum Kauf anbietet. Der Kontrast zur atemberaubenden Natur um die Stadt herum könnte größer nicht sein.
An der Kaikante steht Alek Kantanka und heißt die Besucher willkommen. Der 24jährige ist der wohl einzige Mitarbeiter des Touristenbüros. In der kommenden Stunde wird er die Gruppe durch Barentsburg führen.
Aleks Engagement ist kaum zu stoppen. In brauner Lederjacke, schwarzer Hose und korrekt-wirkender Informationsmappe unter dem Arm berichtet er von allen Vorzügen seiner Stadt. Einen eigenen Bauernhof, ein Sport- und Freizeitzentrum, modernste Computerräume in der Schule – in Barentsburg gibt es offenbar nichts, was es nicht gibt. Währenddessen müssen die Besucher aufpassen, nicht über die großen Spalten zwischen den Betonplatten des Weges zu stolpern. Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen. Alek Kantanka:
Die Tiefe der Kohlenminen hier in Barentsburg beträgt etwa 400 Meter. Meine Freunde haben mir erzählt, dass das für unsere Minenarbeiter eine kleine Mine ist – denn die meisten kommen ja aus Russland und der Ukraine. Vielleicht haben Sie schon einmal gehört, wie gefährlich es dort ist – die russischen und ukrainischen Minen sind sehr alt und sehr tief, dort passieren sehr viele Unfälle. Da wo ich herkomme, aus dem Osten der Ukraine, sind die Minen 1000 Meter tief, hier sind es nur 400.
Am Ende des Rundgangs hat Alek die Touristen in das einzige Restaurant am Platze geführt, bis zur Abfahrt des Bootes werden sie dort verköstigt. Auf dem Weg zurück zu seinem Büro erzählt Alek, sein Vater habe einst als Kumpel in Barentsburg gearbeitet. Er selbst habe sich nach dem Kommunikationsstudium in der Ukraine für den hiesigen Job beworben. Die Zukunft Barentsburgs sieht Alek – natürlich – optimistisch. Trotz des offensichtlichen Verfalls spottet er eine Zukunft in rosigen Farben.
Ja, ich denke schon, ja, warum nicht? Arbeit ist doch da, und in einigen Wochen kommen neue Männer. Ich denke, es wird auch weiterhin eine russische Siedlung auf Spitzbergen geben, aber wie lange, das kann ich natürlich nicht sagen.