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Plattenvertrag per Zufall

"Beste Band 2012", findet die britische Musikzeitschrift NME: Das erste Album von Palma Violets geht mit vielen Vorschusslorbeeren ins Rennen. Ins Musikbusiness sind die vier Jungs geradezu hineingestolpert.

Von Amy Zayed |
    Keyboarder Pete Mayhew:

    "Ich frage mich manchmal, wie wir es überhaupt soweit geschafft haben. Ende 2011 saßen wir irgendwann zum ersten Mal zusammen in unserem Proberaum und dachten: Wow! Wir sind jetzt eine Band! Wie geil! Aber nun brauchen wir doch auch Songs! Und dann haben wir uns hingesetzt und irgendwas zusammengeschrieben. Dabei sind Songs wie zum Beispiel "Tom The Drum" entstanden. Und wir dachten: Das ist doch total bescheuert! Wir schreiben Songs darüber, wie wir uns mit unseren Instrumenten unterhalten. Das will doch keiner hören. Aber Hauptsache wir haben Spaß."

    Anscheinend gab es doch Menschen, die Lieder darüber hören wollten, wie sich Musiker mit ihren Instrumenten unterhalten. Denn schon nach den ersten zwei, drei Konzerten bekamen sie ein Angebot von einer Plattenfirma. Sänger Sam Fryer, Bassist Chili Jesson, Keyboarder Pete Mayhew und Drummer Will Doyle waren über den unverhofften Plattenvertrag zwar überglücklich, aber gleichzeitig auch ein bisschen verwirrt.

    "Wir wollten, dass unsere Songs so klingen, als ob wir sie gerade live spielen würden. Allerdings wussten wir gar nicht, wie wir das anstellen sollten. Wir hatten also diesen Plattenvertrag, aber weder genug Songs, noch ausreichend Live-Erfahrung. Also gingen wir ins Studio und nahmen die Songs einfach in einem Rutsch auf, wirklich so, als wäre es live! Ob das funktioniert hat, haben wir eigentlich erst gemerkt, als das Album fertig war."

    Das Ergebnis ist eine Mischung aus Garagenrockgeschrammel, das die schnellen, tanzbaren Stücke begleitet, gekrönt von Sänger Sam Jessons dreckigem Gesang, der wie eine Mischung aus Sid Vicious, Johnny Rotten und Bruce Springsteen klingt.

    Dabei schwankt die Platte zwischen eingängig-tanzbaren Rockstücken und sperrigen, etwas langsameren Songs, die zwar weniger melodisch, dafür aber roher klingen. Man merkt den Songs die Unausgegorenheit an, aber irgendwie macht genau das die Platte auch authentisch. Vor allem bei den Texten merkt man, dass das alles vollkommen spontan entstanden ist.

    "Wenn Du weißt, dass Du bis zu einem gewissen Termin so und so viele Songs fertig haben musst, dann schreibst Du halt einfach irgendwas. Wir hatten unheimlich viel Spaß, weil das für uns eine neue Erfahrung war. Deshalb wollten wir auch, dass unsere Texte ein bisschen nach Nonsens, aber einfach auch lustig klingen. Best Of Friends ist zum Beispiel so ein Song. Jedes Mädchen hasst Dich, wenn Du sagst: Ich will eigentlich nur Dein Kumpel sein, bloß keine Beziehung! Aber gleichzeitig ist das eine Situation, die jeder kennt. Sie hat etwas Komisches, aber auch etwas Tragisches, und genau so fühlten wir uns auch, als wir die Songs geschrieben haben."

    Kurz, nachdem die ersten Songs im Internet auftauchten und lange bevor das Album fertig war, waren die Palma Violets in Großbritannien plötzlich in aller Munde: Die Musikzeitschrift NME kürte "Best Of Friends" zum Song des Jahres 2012, die BBC nahm die Band in ihre Empfehlungsliste "Sound of 2012" auf - und die Palma Violets wurden eingeladen, im Rahmen der "NME Awards Tour" aufzutreten.

    Und plötzlich spielten sie Anfang dieses Jahres in den riesigen "Maida Vale Studios der BBC", wo Bands wie Suede, Blur und Paul Weller zuvor aufgetreten sind.

    "Wir standen in diesem Riesenraum mit all dieser Technik und sollten vor einem relativ großen Publikum spielen. Es war ein Radiokonzert und wir dachten: Hilfe! Bitte langsam! Das geht hier alles viel zu schnell! Manchmal kriegen wir wirklich kalte Füße, wenn wir sehen, wie toll uns viele Musikmagazine finden. Wir sind in diese Sache mit der Musik so hineingeschlittert, weil wir natürlich gern Musik machen, aber vor allem weil wir das als Abenteuer sehen. Aber der Druck ist manchmal viel zu stark. Dann kann man nur den Kopf schütteln, und hoffen, dass all diese Kritiker schnell eine andere Band finden, die sie abfeiern können."