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Platz für Kunst

Der Schweizer Ort Stans im Kanton Nidwalden ist um eine Attraktion reicher. Das Museum der Frey-Näpflin-Stiftung, ein neues - privat finanziertes Museum - ist eröffnet worden. Werke Schweizer Künstler sowie alter Meister vom späten 15. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert werden hier gezeigt.

Von Sigrid Nebelung |
    Ausstellungsraum der Frey-Näpflin-Stiftung, Stans
    Ausstellungsraum der Frey-Näpflin-Stiftung, Stans (Frey-Näpflin-Stiftung, Stans (Schweiz))
    Sein Lieblingsbild? Auf ein einziges lässt er sich nicht festlegen. Schließlich ist Anton Frey Herr über 2500 Gemälde, erlesene Möbel und Skulpturen, von denen noch viele in Kellern lagern. Unübersehbar, dass sein Herz für das "Goldene Jahrhundert" der Niederländer schlägt:

    "Ich muss ehrlich sagen, das 17. Jahrhundert, Holland, gibt mir Antworten auf alle Fragen, auf alle Sehnsüchte und auf alle Erkenntnisse, die die Kunst einem Menschen darstellen kann."

    Freys Privatbüro aber schmückte über Jahre das asketische "Porträt des Patriarchen Lorenzo Giustiniani" von Venedig, eine kleine Holztafel von Gentile Bellini.

    Wie kommt einer, der mit einer Treuhandfirma und einem florierenden Immobilienhandel zu Wohlstand gelangt ist, zur ungleich unübersichtlicheren Kunst?

    Vielleicht hat alles in den Kindertagen mit einem Ferienjob in der Galerie Fischer in Luzern angefangen, wo die Jungs das Kunstlager putzen und aufräumen mussten. Als Geschenk von Fischer brachte Frey am Ende ein kleines Bildchen mit nach Hause.

    In den 50er-Jahren - er war Anfang 30 - wurde ihm der Rubens-Zyklus "Christus und die Zwölf Apostel" angeboten. Er griff zu und hängte die Serie von 13 Holztafeln mit Christus in der Mitte, gemalt in feinster braun-warmer Tonigkeit, in sein Privathaus. Was ursprünglich nur als gute Kapitalanlage gedacht war, zog das Ehepaar Frey-Näpflin in seinen Bann. Von nun an sammelten sie Kunst.

    Gesammelt hatte Anton Frey schon früher, 37 Rolls-Royce gehörten ihm und wurden später in New York versteigert, außerdem eine der größten Pferdesportwagen-Sammlungen der Welt:

    "Es hat immer mit Kultur und mit Schönheit zu tun."

    Sein Sammlerglück verließ ihn auch bei der Kunst nicht. Irgendwann aber gab es in den Privathäusern akute Platznot. Frey und Ruth Näpflin, seine Frau, eine Malerin, gründeten 2004 in Stans bei Luzern, die FreyNäpflin-Stiftung, zu der ein Ausstellungssaal im oberen Stockwerk eines Industriegebäudes gehörte. Als sie das Parterre dazu erwerben konnten und oben noch einen großen Saal für Wechselausstellungen, war das heutige Museum, ein reines Privatmuseum, geboren. Die Sammler wollten unabhängig bleiben.

    Haben andere Museen Frey inspiriert?
    "Die Alte Pinakothek in München - für mich ist das eines vom Größten, was ich überhaupt gesehen habe. Ich bin dort stundenlang gewesen in meinen Münchener Jahren. Ich habe dort einmal drei Stunden lang vor dem Bild des "Betenden Apostel" von Rembrandt gesessen. Und da ist der Wärter gekommen und hat gefragt: "Ist es Ihnen nicht gut?" Und ich: "Mir ist es noch nie so gut gegangen wie jetzt."

    Das Erdgeschoss des neuen Museums ist der Schweizer Malerei des 19. Jahrhunderts gewidmet. Hier, in den kleinen "Salons" mit den taubenblauen Wänden in alter Museumstradition, sind die in Stans geborenen Maler Jakob Zelger und Melchior Paul von Deschwanden zu entdecken. Deschwanden war ein richtiger Nazarener-Star.

    Zelger erlangte Berühmtheit als Landschaftsmaler. Sein "Bergbach bei Gewitterstimmung" erweckte sogar die Aufmerksamkeit der Queen Victoria, die sechs Ölgemälde und Aquarelle von ihm erwarb.

    Die Sammlung der Alten Meister im Obergeschoß vor weinroten Wänden präsentiert eine Auswahl des 16. bis 18. Jahrhunderts.

    Welches Geheimnis mag sich hinter Ferdinand Bols Brustbild eines "Jungen Edelmannes" und dem dazugehörigen "Porträt einer edlen Dame" verbergen? Kennen wir die beiden nicht längst aus der Kunstgeschichte? Der skeptische Blick des Mannes erinnert an Rembrandts Blick. Und die Dame? Sieht sie nicht aus wie Rembrandts Lebensgefährtin und Hendrickje Stoffels? Ferdinand Bol war zuerst Schüler von Rembrandt und später sein guter Freund. Hier müssen die Kunsthistoriker weiter recherchieren.

    Viele Spitzenwerke des Museums stammen aus der Sammlung Axel Wenner-Gren. Der schwedische Werftbesitzer in Hamburg musste sich Ende der 50er-Jahre in Krisenzeiten von seiner Kunst trennen. Auch die beiden Rubens-Porträts des Erzherzogs Albrecht und seiner Frau Isabella stammen aus seiner renommierten Sammlung. Vor dem Hintergrund der grün-changierenden Seidenbespannung wirkt das Herrscherpaar, übrigens auch ein Sammler-Paar, besonders lebendig.

    Das neue Privatmuseum in Stans hat, bezogen auf die Nachbarschaft der Stiftung Rosengart in Luzern und zur Fondation Beyeler in Riehen bei Basel, einen schweren Stand. Durch die Hände der Kunsthändler Siegfried Rosengart und Ernst Beyeler gingen die besten Werke der Moderne und beide integrierten die schönsten Stücke in ihre Privatsammlungen. Anton Frey ist im Vergleich dazu ein Spätberufener. "Wir sind bescheiden.", resümiert er, "aber die Werke, die gezeigt werden, sind es nicht."