Archiv


Plötzlicher Reichtum führt zu Übergewicht

Medizin. - Bei Ernährungsproblemen in Ländern Afrikas oder Südamerikas steht üblicherweise die Unterernährung im Mittelpunkt. Gleichzeitig gibt es aber in armen Ländern eine gegensätzliche Entwicklung: Immer mehr Menschen leiden an Übergewicht.

    Wenn eine Gesellschaft Anschluss an die internationalen Handelsströme findet, verändert sich der Körperbau ihrer Mitglieder, oft in einer einzigen Generation. Ein Beispiel sind die Maya Guatemalas. Sie galten als die Pygmäen Lateinamerikas. Das änderte sich schlagartig, als sie Richtung USA auswanderten. Dort geborene Mayakinder sind im Vergleich zu ihren Verwandten in Guatemala durchschnittlich zehn Zentimeter größer. Das ist die stärkste Größenzunahme, die jemals innerhalb einer Generation beobachtet wurde. Gleichzeitig mit dem Wachstum, das ein Zeichen guter Ernährung darstellt, ist aber auch das Gewicht stark gestiegen. Etwa die Hälfte der jungen Maya in den USA leiden inzwischen an krankhafter Fettsucht. Der Anthropologe Barry Bogin von der Universität von Michigan in Dearborn untersucht die Maya seit vielen Jahren. Die Ernährungsprobleme beschreibt er so: "Die Maya kommen in die USA, wo die Unterernährung plötzlich wegfällt. Parasiten und Infektionen werden bekämpft, es gibt sauberes Wasser und genug zu essen. All das zusammen ist wichtiger als irgendein Gen für Fettsucht."

    Nicht nur die Maya wurden untersucht. Bogins Kollegen studierten Südafrikaner, Menschen von den pazifischen Inseln und aus den Wüsten Australiens. Der Trend ist überall ähnlich: Die Menschen werden größer, vor allem aber werden sie immer dicker. In vielen Gruppen sind mehr als die Hälfte der Erwachsenen krankhaft übergewichtig. Unterschiede gibt es aber doch: Während bei den Mayas die Kinder übergewichtig sind, sind bei den Aborigines die Erwachsenen zu dick. Eine Erklärung liegt in der hohen Arbeitslosenquote. Die Erwachsenen bewegen sich wesentlich weniger als ihre Kinder. Und sie haben weniger Infektionen, die offenbar mehr Menge Energie verbrauchen als in der bei jung und alt beliebten Fast Food steckt.

    Bei Untersuchungen in Südafrika stellten Forscher fest, dass das Einkommen einen geringeren Einfluss auf das Gewicht hat als die Umgebung: Besser gestellte Mitglieder des beobachteten Stammes leiden vor allem dann an Übergewicht, wenn sie in Städten wohnen. Aus dem Dorf bekommen die wohlhabenderen zwar mehr zu essen, bewegen sich aber genug, um die Kalorien zu verbrennen.

    [Quelle: Volkart Wildermuth]