Freitag, 17. Mai 2024

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''Plopp!'' und mehr

"Noise", zu deutsch "Lärm", so lautete der Titel der 16. Woche des Hörspiels. Doch Lärm bekam das zahlreiche Publikum in dieser Woche nicht geboten. Die präsentierten Hörstücke bewegten sich eher brav zwischen realistisch gehaltenen Pärchendramen und modisch schnell geschnittenen Wortkaskaden. Kein Lärm, nirgends. Nur die Klangkulisse in "Musik aus Gägelow", Horst Hussels genialer, wenn auch etwas zu lang gehaltener Persiflage eines Komponistenporträts, erinnerte an die sperrigen Tongebilde von Tom Waits. Jeden Abend hörte man zwei verschiedene Klangwelten und im Anschluss daran diskutierten Macher und Publikum das zuvor Gehörte. Das konnte ermüden, wie im Fall des übermäßig durchsichtigen Sozialkrimis "9 Millimeter" von Lionel Spycher, oder erheitern, wie im Falle der "Musik aus Gägelow". Neben bekannten Hörspielveteranen wie Ror Wolf oder Volker Braun bekamen aber auch junge Autoren wie Sabine Stein und Eran Schaerf ein Forum.

16.11.2002
    Die Woche des Hörspiels setzte in diesem Jahr unter ihrem neuen Leiter Oliver Sturm besonders auf die Behandlung von Zeitgenössischem: In Workshops wurden Regie-Klassiker entstaubt und in der neuen Reihe mit dem Titel "Stoffe" ging es um Aktuelle Themen wie "Terror” oder "Pubertät und Gewalt”. Oliver Sturm:

    In dieser Reihe sprechen Autoren über Inhalte, Material, mit dem sie arbeiten. in den letzten Jahren ist viel diskutiert innerhalb Hörspiel-Szene über Digitalisierung, neue Medien, Intermedialität, und die Frage nach den Inhalten ist zu kurz gekommen.

    Die Hörspiele gewinnen jedoch, wenn sie nicht vordergründig auf Reizthemen setzen, wie vor einigen Jahren ein Stück über Kindesmisshandlung, sondern sich mit den speziellen Mitteln des Hörspiels mehrschichtig ihr Material behandeln. So zum Beispiel das Stück "Oderwassersucht”. Die Regisseurin Barbara Plensat bearbeitete den Theatertext "Vineta” von Armin Petras , eine gefährlich nah am Klischee rangierende Ostgeschichte. Doch durch den Einsatz von Musik und chorischen Kommentaren bekam die Hörspielversion einen erfrischend ironischen Ton.

    Bei "Elite 1.1” von John von Düffel ist es umgekehrt - hier gab es erst das Hörspiel, das dann zum Theaterstück wurde. Es ist ein kurzweiliges Stimmengewirr, das genaue Beobachtungen aus dem kreativen Singlemilieu, zu einer Art deutscher Ally McBeal-Soap kondensiert.

    Die vor einiger Zeit noch beklagte Tendenz des Hörspiels zum Monologisieren wird dieses Jahr nicht bestätigt. Dialog, Austausch und immer wieder die gemeinsame Hörerfahrung waren die herausragenden Merkmale dieser Woche. Eine Neuerung ist in diesem Jahr das aus Frankreich importierte mobile Klangkunststudio "Cybersongosse”, das nicht nur den Kindern großen Spaß machte: An vier farbigen Konsolen voller Schalter, Knöpfe und Kabel konnten sich die Besucher selbst als Klangkomponisten betätigen, was mitunter ziemlich schräg ausfiel.

    In der Rubrik "Plopp!” auf Hörspiele, die von begeisterten Amateuren zu Hause aufgenommen wurden und auf eine rege Szene jenseits der großen Rundfunkanstalten schließen lassen. Von Klangkunst bis zum Krimi war auch hier alles dabei, zum Beispiel das überraschende Minidrama "Radio Trottoir” von Sabine Bohnen.

    In der 16. Woche des Hörspiels konnte man keine neuen akustischen Trends, sondern eine Vielfalt der Stile beobachten. Etwas mehr Mut zum Lärm jedoch könnte dem Hörspiel gut tun.

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