Laura Buffet zeigt einen lehmartigen, tiefschwarzen Brocken. Wir sind bei Transport & Environment in Brüssel, einer Dachorganisation für Umweltverbände mit Schwerpunkt Verkehr:
"So sehen Teersande aus. Die müssen extrem aufwendig bearbeitet und raffiniert werden, bevor sie zu Öl werden, das wir für Transport nutzen können. Es gibt unzählige wissenschaftliche Studien, die belegen, dass dabei drei bis viermal so viele schädliche CO2 Gase entstehen wie bei herkömmlichen Öl."
Abbau und Verarbeitung der riesigen Teersand-Vorkommen in Alberta, Kanada sind höchst umstritten: Eine Fläche so groß wie Deutschland wurde bereits abgeholzt, enorme Mengen an Wasser und Chemie werden benötigt und giftige Seen aus Ölschlick bleiben zurück. Aber vor allem: Die CO2 Bilanz ist verheerend, 23 Prozent höher als bei konventionellem Öl.
Abbau und Verarbeitung der riesigen Teersand-Vorkommen in Alberta, Kanada sind höchst umstritten: Eine Fläche so groß wie Deutschland wurde bereits abgeholzt, enorme Mengen an Wasser und Chemie werden benötigt und giftige Seen aus Ölschlick bleiben zurück. Aber vor allem: Die CO2 Bilanz ist verheerend, 23 Prozent höher als bei konventionellem Öl.
Die EU-Kommission hatte schon im April 2009 beschlossen, dass Treibstoffe in Europa keine so schlechte CO2 Bilanz haben dürfen. Jedoch ist die sogenannte Kraftstoffqualitäts-Richtlinie bis heute nicht umgesetzt. Sie werde von der Industrie und der kanadischen Regierung bekämpft, sagt Buffet:
"Sie haben viel Geld in die Hand genommen und Leute nach Europa gebracht, sich mit den Entscheidern der EU und den einzelnen Regierungen getroffen haben."
Buffet spricht von mehreren hundert Treffen mit EU-Entscheidern in den vergangenen Jahren. Auch und besonders als die Verhandlungen zu den Handelsabkommen mit Kanada und der USA losgingen:
"Wir wissen, dass die Richtlinie mehrfach genannt wurde innerhalb der Verhandlungen. Kanada und die USA machen beide Front gegen eine ambitionierte europäische Klimaschutzpolitik. Kanada hat sogar gedroht, die Verhandlungen daran platzen zu lassen."
100 Milliarden Dollar sind jetzt schon in Alberta investiert. In den kommenden 25 Jahren sollen noch mal rund 360 Milliarden hinzukommen. David N. Friedman vom Ölindustrieverband American Fuel & Petrochemical Manufacturers in Washington DC:
"Das Problem mit der Kraftstoffqualitätsrichtlinie ist, dass sie ein Handelshindernis aufbaut. Unsere Exporteure müssten die Ölsande aus Kanada genau dokumentieren, solche Vorschriften haben wir in den USA bisher nicht, das würde unsere Exporte nach Europa erheblich erschweren."
Kanadier sehen Kraftstoffqualitätsrichtlinie als Handelshemmnis
Handelshindernis, ist das Stichwort! Direkt verknüpft mit dem in diesem Jahr schon so oft genannten und umstrittenen Investorenschutz, der in den Freihandelsverträgen verankert ist. Seit wenigen Wochen liegt der Vertrag mit Kanada vor. Den Ölkonzernen und Investoren räumt die EU darin ein Klagerecht ein. In früheren Entwürfen sollte dieses Klagerecht bei Klimaschutzauflagen nicht gelten. Auf den Passus wurde nun verzichtet. Bärbel Höhn, von den Grünen:
"Es ist eindeutig so, dass die Formulierung, die jetzt in diesem kanadischen Freihandelsabkommen drinsteht, dass die die Unternehmen berechtigt zu klagen gegen Auflagen, die man ihnen macht, beispielsweise mit dieser EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie, um ihre Produkte in der EU absetzen zu können."
Das kann auch David Friedman im Gespräch nicht abstreiten:
Das kann auch David Friedman im Gespräch nicht abstreiten:
"Das heißt mit dem Handelsabkommen könnte die Industrie klagen? Ja, das ist möglich – ob das passieren wird, kann aber jetzt noch niemand sagen."
Bisher gab es keine günstigen Exportwege für Öl nach Europa. Wichtiger Abnehmer für Teersande war jahrelang die USA, doch die haben dank eigenem Energieboom weniger Bedarf.
Bisher gab es keine günstigen Exportwege für Öl nach Europa. Wichtiger Abnehmer für Teersande war jahrelang die USA, doch die haben dank eigenem Energieboom weniger Bedarf.
Auch durfte aufgrund des alten Embargos aus den 70-ern nicht via USA exportiert werden – bisher! Diesen Frühling hat das Handelsministerium erstmals Re-Export-Lizenzen vergeben. Auf der Liste, die Plusminus vorliegt, stehen unter anderem auch Deutschland, England, die Niederlande und Spanien. Dort kam im Mai der erste Teersandöl-Tanker in einer Repsol Raffinerie in Bilbao an.
Die Industrie bringt sich also bereits in Stellung: Wenige Wochen später hat der Ölmulti Exxon bekannt gegeben, rund eine Milliarde Dollar in den Umbau seiner Raffinerie in Antwerpen zu stecken - um das zähflüssige Schweröl aus den Ölsanden verarbeiten zu können.
Der plusminus-Bericht läuft heute ab 21:45 Uhr.