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Plutoniumschmugglern auf der Spur

Technologie.- Wenn gestohlene radioaktive Substanzen unverhofft wieder auftauchen, landen sie oft am Karlsruher Institut für Transurane. Dank eines neuartigen Verfahrens können dessen Nuklear-Detektive bestimmen, wer das radioaktive Material in den Händen hatte.

Von Ralf Krauter |
    Wer Klaus Mayer am Institut für Transurane besuchen will, braucht Chipkarte, Dosimeter, einen weißen Mantel und Überschuhe. Erst dann gelangt man durch eine Sicherheitsschleuse ins Analyselabor des Karlsruher Instituts für Transurane.

    "Das ist die Massenspektrometrie für Uran und Plutonium. Das ist die Massenspektrometrie für die anderen Elemente. Dafür haben wir ein eigenes Gerät. Die anderen Handschuhkästen sind für die Probenvorbereitung beziehungsweise die Gerätewartung."

    Die Handschuhkästen, das sind eine Handvoll luftdichter Plexiglasboxen, die den Laborraum füllen. In ihrem Inneren hantieren die Wissenschaftler durch dicke Gummihandschuhe, geschützt mit verdünnten Lösungen radioaktiver Substanzen.

    Dr. Klaus Mayer ist Experte für nukleare Forensik. Seine Untersuchungsobjekte sind strahlende Stoffe, die irgendwo in Europa sichergestellt wurden. Rund ein Dutzend Proben bekommt er jedes Jahr geschickt. Im Auftrag der EU-Kommission versucht er dann die Quelle des radioaktiven Materials ausfindig zu machen. Zum Beispiel mittels Isotopenanalyse, die bei angereichertem Uran oft verrät, aus welchem Reaktor oder welcher Brennelementfabrik der Stoff stammt.

    Neben solchen nuklearen Fingerabdrücken können die Experten seit Kurzem aber auch ganz gewöhnliche nehmen – zwecks Spurensicherung für die Kripo.

    "Was wir hier haben, das ist eine Einrichtung, mit der wir Fingerabdrücke auf kontaminierten Gegenständen sichtbar machen können. Kontaminierte Gegenstände können nicht in ein normales Polizeilabor gehen, ganz klar. Deshalb haben wir diese Box in Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden entwickelt, wo wir eine Standardmethode, die in vielen Polizeilabors gebraucht wird, hier jetzt angepasst haben für diese Handschuhkasten-umgebung, wo wir also Fingerabdrücke auf nicht saugenden Untergründen sichtbar machen können."

    Also zum Beispiel auf einer Plastiktüte, einem Stück Aluminiumfolie oder einem Zigarettenpapier. Für Spurensicherer ist das eine gute Nachricht. Denn in der Vergangenheit standen sie vor einem Dilemma, wenn Beweisstücke im Umfeld einer radioaktiven Fracht verstrahlt waren, erklärt Klaus Mayer.

    "Der Strahlenschützer sagt: Ich muss die Oberfläche abwischen, damit ich die Kontamination wegbekomme. Der Ermittler sagt: Ich möchte gerne die Fingerabdrücke behalten. Wisch' mir bloß die Oberfläche nicht ab."

    Die Handschuhbox in Karlsruhe entschärft diese Zwickmühle. In ihr lassen sich Fingerabdrücke berührungslos sichern - ohne Gesundheitsgefahr. Dazu wird die Probe zunächst erhöhter Luftfeuchte ausgesetzt, um die verborgenen Fingerabdrucklinien aus Fett, Eiweiß und anderen Substanzen mit Wasser zu sättigen. In einem zweiten Schritt wird dann in einer kleinen Schale neben der Probe Sekundenkleber verdampft. Das im Kleber enthaltene Cyanacrylat reagiert mit dem feuchten Abdruck zu einem weißlichen Polymer. Die verräterischen Linien werden sichtbar, lassen sich fotografieren und elektronisch speichern. Alles ganz einfach. Klaus Mayer zeigt auf ein Stück Pappe, mit einem bekannten Logo darauf.

    "Das ist ein Karton, beschichtet, eine Verpackung von einem Eis. Da war ein Fingerabdruck drauf, auf dieser schwarzen Farbe .Also was wir hier sehen, dieser helle Fleck, das ist ein sichtbar gemachter Fingerabdruck auf diesem Untergrund des farbbedruckten Kartons. Das haben wir da in unserer Einrichtung bedampft. Das wäre jetzt ein Beweisstück."

    Vor rund drei Jahren haben die Karlsruher Forscher die Aussagekraft ihrer Fingerabdruck-Ferndiagnose für strahlende Oberflächen wissenschaftlich validiert. Seitdem warten sie auf den Ernstfall. Wie schnell oder häufig der aufgrund der bisherigen Erfahrung eintreten könnte, darf Klaus Mayer nicht verraten. Allein die Existenz der Messapparatur verrät aber: Der Bedarf ist offenbar da.

    "Das Bundeskriminalamt kommt regelmäßig zu uns, damit wir eine gemeinsame Übung machen. Damit wir das Verfahren im Griff haben und die Ergebnisse dann auch gerichtsfest präsentiert werden können. Aber wir hatten bisher glücklicherweise noch keinen Fall, wo das nötig war."

    Die Botschaft der Nuklear-Detektive ist aber auch so klar: Wer strahlenden Stoff in den Fingern hatte oder in seiner Nähe Fingerabdrücke hinterließ, muss damit rechnen, dass ihm die Polizei auf die Schliche kommt.