Freitag, 29. März 2024

Archiv


Podcasts im Studium

Es gibt Zigtausende Podcasts im Internet, immer mehr stammen aus dem Bereich der Hochschulen. Viele Universitäten und Fachhochschulen haben inzwischen diese Möglichkeiten erkannt und senden Spezialinhalte zum Studium übers Internet.

Moderation: Maximilian Schönherr | 12.01.2008
    Podcast kommt von Pod (englisch: die Hülse, die Schale) und to cast, werfen. Das hilft nicht viel weiter.

    Im Grunde genommen ist das Wort Podcasts nur schick, aber unnötig. Denn es handelt sich dabei um nichts anderes als Töne, die auf irgendwelchen Rechnern herumliegen, und die sich jeder in seinen Computer herüberladen und anhören kann. Weil das für die modernen tragbaren Musikabspielgeräte, die so genannten MP3-Player, zu altmodisch klang, musste ein neues Kunstwort her. Es suggeriert, dass die Töne der Podcasts nur für MP3-Player von der kalifornischen Computerfirma Apple, die iPods, geeignet sind. Aber natürlich kann man Töne auch auf jedem PC zu Hause und auf anderen MP3-Geräten unterwegs hören. Damit Podcast nicht nur ein schickes Wort ist, hat man ihm ursprünglich noch einen Mehrwert beigemischt, nämlich die Abo-Funktion. Gefällt einem das Tontagebuch von Hans Schmidt, kann man sagen: Wenn der Hans seinen nächsten Tagebucheintrag ins Netz stellt, soll er automatisch auf meinem MP3-Player landen. Heute ist diese Funktion nicht mehr von Bedeutung. Aber der Name bleibt. Und deswegen hören Sie in dieser Sendung das Wort Podcast inflationär oft, obwohl eigentlich Audio gemeint ist, Töne und Musik, gelegentlich auch Filme, Videos. Übrigens wird Podcast gelegentlich als ein Merkmal des Internets der Zukunft, des Web 2.0 gesehen. Das Web durchläuft aber keine Revolution, nur dadurch, dass sich Töne heute so rasant verbreiten und die Menschen mehr "bloggen", sprich: sich über Textbotschaften miteinander austauschen als früher. Sie haben das früher schon getan.

    Wer einen Internet-Anschluss hat, kann selber senden. Nicht über Antenne, Satellit oder Kabel, so wie Sie jetzt den Deutschlandfunk hören, aber übers Internet. Es kostet nur geringen Aufwand, weil so genannte Podcast-Portale dazu einladen, seine eigenen Tontagebücher zur Verfügung zu stellen, und weil es leicht ist, sich aus vorgegebenen Bausteinen selber eine Podcaster-Webseite zu basteln. Für uns interessant ist, dass inzwischen einige Universitäten diese Möglichkeiten erkannt haben und senden - keine klassischen Radiosendungen, sondern Spezialinhalte zum Studium.

    O-Ton: Ausschnitt aus dem jCast

    Das ist ein Podcast, der sich jCast nennt, "j" für Jura. Die Internet-Anlaufstelle dafür ist www.jcast.de, eine Seite der Universität Münster. Genau genommen: eine Initiative des Instituts für Medienrecht. Hier kurbeln vier angehende Juristen im Partykeller des Instituts am Kickertisch herum.

    Am Kickertisch diskutieren die Studenten nicht nur über die Liebe, die Wäscheberge in der Wohngemeinschaft, das schlechte Mensaessen und freche Einsprüche gegen Bußgeldbescheide, sondern auch über

    "Urheberrecht, Markenrecht. Dann auch ein bisschen aus dem Telekommunikationsrecht, Datenschutz. Hier gibt es praktisch für jeden Spezialbereich einen Experten. Und, klar, im Tagesgeschäft kommen immer wieder irgendwelche spannenden Themen auf, wo ich sofort denke, ja, das könnte ein Podcast-Thema sein, und dann machen wir eben ein Podcast-Gespräch dazu."

    sagt die Stürmerin für die weißen Figuren und Initiatorin des jCast, Laura Dierking.


    Online-Durchsuchungen; sind Online-Durchsuchungen legal?

    Ein Ausschnitt aus einem Podcast von Anfang Mai, moderiert und kurz darauf ins Netz gestellt von Laura Dierking. In voller Länge sind die meisten Hintergrundgespräche, die sie führt, etwa eine halbe Stunde lang. Es gibt beim Podcasting keine Zeitbeschränkung.

    "Beim jCast bin ich immer scharf auf Themen, die aktuellen Bezug haben, wo man in den normalen Medien schon gehört hat, da gibt's ein Problem mit einer Vorratsdatenspeicherung, was ist das eigentlich? Und dann ist unser Anspruch, das mit juristischen Hintergründen auszukleiden, das, was normale Medien in der Breite und Tiefe nicht leisten können. Natürlich sind wir auch immer heiß auf ein Thema, was spannend und lustig ist, wo Marken oder Urheber drin ist, was aber von der Story was hergibt. Da haben wir zum Beispiel einen Podcast über Erkan und Stephan gemacht, die gegen McDonalds geklagt haben, weil die das Wort "krosser Döner" verwendet haben - aber in dieser Sprache, die Erkan und Stephan für sich beanspruchten, womit sie leider gescheitert sind. Aber der Fall gab natürlich einiges an Potenzial für einen lustigen Podcast."

    Erkan und Stefan gegen McDonalds - rechtlicher Schutz für das Image?

    Ursprünglich wollte Laura Dierking übrigens Journalistin werden, bis sie einen Vortrag des Justiziars des Bayerischen Rundfunks hörte und ihr Studium herumriss. Sie fängt jetzt an, zu promovieren, natürlich über ihr Lieblingsthema: das Recht von Podcasts. Dazu hören Sie später in dieser PISAplus-Sendung mehr.

    Podcast "Informationsrecht"

    "Das ist der Podcast "Informationsrecht". Der ist parallel zur Vorlesung Informationsrecht entstanden. Es gibt 10 Episoden, die sich über die gesamte Vorlesung hinzogen. Die Vorlesung ist jetzt vorbei. Wir wollten was Neues machen, und Mitschnitte von Vorlesungen gab's schon. Deswegen haben wir ein kleines Potpourri an Informationen rund um die Vorlesung. Einen kleinen Einstieg mit Urteilen, die in der Vorlesung kurz angesprochen werden, die man als braver Student eigentlich nach der Vorlesung noch mal nachschlagen und nachlesen sollte. Unser Service ist es, dass es diese Urteile jetzt in der Besprechung gibt. Das macht jedesmal ein anderer Mitarbeiter, der dann sagt: Da und darum ging's, das hat das Gericht entschieden, und das sind die Folgen dieses Urteils für weitere Rechtssprechung oder auch für die Gesetzgebung."

    In den Vorlesungen saßen übrigens typischer Weise 60 Studenten. Aber bis zu 700 Interessierte haben sich die Podcasts anschließend angehört. Laura Dierking ist nicht die einzige Jura-Podcasterin in Deutschland. Eine Konkurrenz gibt es nicht, sondern eher, wie sie sich ausdrückt, eine kleine feine Szene, wo man sich gegenseitig kennt und natürlich auch gern zitiert. Zum Aufnehmen braucht sie nur ein Mikrofon. Mit einem Programm schneidet sie das Material, überträgt es dann auf einen Computer in einer anderen Stadt, der sich aufs Verbreiten von Podcast spezialisiert hat. Und wenige Stunden nach Aufnahme kann sich dann jeder bedienen. Das einzige, was wirklich Arbeit macht, sind die Blogs, die Text-Kommentare von Hörern der Podcasts.

    "Alle web 2.0-Medien, Podcasts und Blogs, funktionieren halt viel über die Kommunikation mit den Hörern. Das ist ja das Besondere gegenüber klassischen Medien, dass man viel mehr mit seinen Hörern oder Lesern in Kontakt steht. Und ich kriege natürlich ganz viele Hinweise, klar, auch technischer Art, aber auch inhaltlicher Art, viele Themenanregungen: Mach doch mal einen Podcast zu dem und dem Thema. Und dann findet sich direkt noch ein Dritter, der auch was dazu betragen kann. Das macht die Sache natürlich noch viel spannender. Also, ich finde, dass man Audio ganz neu entdecken kann, dass man so viel mehr Persönlichkeit in eine Stimme legen kann, in so einem Podcast, der eben die Möglichkeit hat, viel persönlicher zu sein als klassisches Radio. Aber ich glaube einfach, dass es diese Bereich beim Autofahren, in der Bahn oder beim Joggen gibt, wo ich tatsächlich viele Podcasts höre - das kann man durch Video gar nicht ersetzen. Natürlich ist die Konkurrenz da, und es gibt inzwischen auch sehr gute Video-Podcasts, auch einen Jura-Video-Podcast, der wirklich sehr gut gemacht ist, mit Schauspielern, die dann die ganzen juristischen Probleme nachstellen. Klar, aber ich glaube, es wird ein Nebeneinander geben, einfach weil die Produktion mit so einem reinen Audio-Podcast ja so unglaublich einfach ist. Man setzt sich vor das Mikro, und schon geht's los, und eine Dreiviertel Stunde später ist das Ganze online. Und dadurch kommt auch jeder dazu, das zu machen, dadurch kriegt es eben die Breite. "

    "Mein Name ist Sebastian Breßler. Ich bin Projektleiter bei House of Research."

    Sie machen Repräsentativumfragen. Was ist denn repräsentativ an einer Umfrage?

    "Repräsentativ ist eine Umfrage dadurch, dass jedes Mitglied der Grundgesamtheit die gleiche Chance hat, ausgewählt zu werden, sprich: durch eine Zufallsauswahl."

    Haben Sie bei dieser Podcast-Umfrage 'zufällig' ausgewählt, oder haben Sie jeden genommen, der etwas sagen konnte?

    "Also, ich denke, dass es bei einem Bereich wie Podcast einfach nicht möglich ist. Wenn man da eine Telefonumfrage machen würde, bräuchte man einfach sehr viele Interviews, bis man genug Leute beisammen hat, die wirklich Podcasts hören. Deswegen ist die einzige Möglichkeit, die wir im Moment zur Verfügung haben, das über eine Online-Umfrage zu machen, und dann die Ergebnisse, die wir haben, bezüglich vor allem der demografischen Variablen darauf hin zu überprüfen, ob die plausibel sind für die Leute, für die wir vermuten oder auch wissen, dass sie Podcasts hören. Und das war hier der Fall. Es geht halt darum, überhaupt einmal etwas über diese Podcaster herauszufinden."

    Signifikant scheint zu sein, dass die Podcast-Empfänger, also die Abonnenten, an wissenschaftlichen Inhalten interessiert sind.

    "Ja. Ich denke, das hängt auch teilweise damit zusammen, dass es sehr hoch gebildete Leute sind."

    Wer macht denn diese Wissenschafts-Podcasts?

    "Die gibt's von verschiedenen Stellen, aber viele sind von privaten Personen, die von Gebieten, wo sie sich auskennen, einfach einen Podcast machen. Es sind ja nicht nur Wissenschafts-Podcasts, sondern auch Wissens-Podcasts."

    Und eine andere Sache, die ich auffällig fand: dass es noch leichter werden könnte, die Podcasts auf seinen MP3-Player zu bringen. Hab ich das richtig verstanden?

    "Ja, ich denke das ist im Moment noch ein bisschen das Hemmnis, das verhindert, dass das volle Potenzial ausgeschöpft wird. Man kann sie halt sehr leicht am PC hören, aber wenn man sie auf ein anderes Gerät transportieren will, ist das auf jeden Fall ein Zusatzaufwand, auch wenn man einen iPod hat, wo das dann weitgehend automatisiert ist. Man muss ihn erst mal holen, einstöpseln und dann warten, bis es heruntergeladen ist und so. Die Idee ist eben, dass der PC nicht mehr als Brücke notwendig ist, sondern dass das Handy selbst ins Internet geht und wo man sich die Inhalte dann direkt auf dieses Gerät legt, ohne den Umweg über den PC noch gehen zu müssen. Ich denke, wenn die Endgeräte selbst, also sowohl die mobilen MP3-Player als auch stationäre Geräte im Wohnzimmer in der Lage wären, sich diese Inhalte direkt zu holen, dann würde das auf jeden Fall die Verbreitung extrem begünstigen und das Potenzial erhöhen."

    Sebastian Breßler hat knapp 1000 Podcast-Interessierte direkt im Internet mit Hilfe eines Formulars befragt. Einige Zahlen, die sicherlich schon allein deshalb nicht repräsentativ sind, weil einfach viele Leute nicht und andere besonders gern auf solche Online-Befragungen antworten. Also: 2/3 der Befragten hörten Podcasts, 1/3 machten sie selbst. Fast nur Männer, etwas über 30, mit Abitur, oft Hochschulabschluss. Über die Hälfte hören Podcasts am PC, und nach Inhalten aufgeschlüsselt primär Nachrichten aus der Computerbranche und Wissenssendungen. Die Beliebtheit von wissenschaftsnahen Podcasts bestätigen auch ARD-Hörfunksender, die inzwischen viele Sendungen zum Nachhören bereitstellen. Die Zugriffe auf "Forschung Aktuell" im Deutschlandfunk oder "Wissen" auf SWR 2 übersteigen deutlich die anderer Sendungen.

    Podcasts sind Tondateien, die man sich aus dem Internet herunterladen und auf dem PC oder dem tragbaren MP3-Player anhören kann. Auf eine Erfindung von Apple, dem Hersteller der iPods, geht ein Programm zurück, das Musik, Videos und Podcasts auf die iPods überspielt. Diese Software heißt iTunes. Sie synchronisiert die Daten aus dem Internet, etwa Laura Dierkings neuestes Jura-Special, mit dem mobilen Abspielgerät. Die Brücke ist der PC mit seiner USB-Buchse; ohne PC geht es im Moment noch nicht. Aber ein PC ohne iTunes oder eine ähnliche Software ist zum Überspielen von Podcasts nutzlos.

    Ein Medienstudent aus Weimar hatte die einfach Idee, iTunes von seinem Thron zu stoßen und so das Leben mit Podcasts leichter zu machen. Die Uni bot ihm Möglichkeiten zum Forschen; zur Vermarktung flog er in die USA, wo man ihm sofort alle Türen öffnete. Ich traf ihn Anfang des Jahres auf dem iPod-Kongress in Köln.

    "Mein Name ist Christian Rotzoll, ich bin Student an der Bauhaus-Universität Weimar. Das ganze ist ein Projekt, was damals bei uns an der Uni entstanden ist, und was dann nachher zur Ausgründung in den Staaten geführt hat. Die Idee dabei ist, dass die Software, mit der ich die Podcasts herunterladen, nicht mehr auf meinem Computer ist, sondern dass ich die direkt auf meinen USB-MP3-Player packe. Dadurch kann ich die Software zu jedem Computer mitnehmen, der Internetanschluss hat, kann die Software dort starten, kann sagen: Lad mir alle Podcasts herunter. Das Programm lädt sie herunter, packt sie direkt auf meinen MP3-Player. Dann kann ich die Software ausmachen, meinen Player abstöpseln und habe meine Podcasts für unterwegs dabei."

    Verdienen Sie inzwischen Dollars an dem Produkt?

    "Ich bin offiziell Gründer der Firma und damit auch beteiligt. Die Rechte an dem Produkt - das Produkt ist ja auch patentiert in den Staaten, es ist ein Softwarepatent - diese Rechte habe ich an die Firma abgegeben und meine Anteile bekommen. Es ist im Moment so, dass es gut reicht, mein Studium zu finanzieren. Ich war vorher Bafög-Student und kann jetzt zumindest meinen Studienalltag damit bestreiten, indem ich dann immer auch noch zuarbeite, gegenüber der Firma."

    Und die Miete können Sie auch davon zahlen?

    "Meine Miete, ja. Aber ich wohne in einer WG, es ist kein großes Apartment. Wir haben ja ziemlich früh mit Podcasting angefangen beziehungsweise haben uns frühzeitig mit der Materie beschäftigt und sahen dann in der Entwicklung: Was ursprünglich mit den privaten Podcastern angefangen hatte - es kamen immer mehr bekannte Broadcaster dazu, also Radio und TV, die das Medium auch genutzt haben. Der Gedanke beim Podcasting, da muss man verstehen, wo das herkommt. Es kommt aus der Blogger- beziehungsweise Audioblogger-Szene, und da ging es am Anfang eigentlich darum, dass sich einige Leute - das sind Zahlen von 100 bis 1000 - sich gewisse Dateien, die da jemand produziert hat, abonnierten können. "

    Tagebücher meistens?

    "Genau. Audio-Tagebücher Es waren aber auch oft Interviews, die die Leute gemacht und online auf ihre Webseite gestellt und über die Verbindung als Podcast anderen Leuten abonnierbar gemacht haben."

    Also war die eigentliche Idee: Subkultur?

    "Richtig. Bei dieser Bloggerszene, Grassroots-Media, sind die Ursprünge der Szene. Und auf einmal haben wir gesehen, sie wird aufgegriffen von den Leuten, die eigentlich ein Massenpublikum erreichen wollen. ZUM BEISPIEL gibt es die Tagesschau als Podcasting. Und wenn man sich mal überlegt, welche Nutzerzahlen jetzt dahinter stehen, hat das natürlich eine andere Dimension bekommen."

    O-Ton: Ausschnitte aus dem PodCampus der Uni Hamburg

    Das waren einige Ausschnitte aus Podcasts der Universität Hamburg, zuletzt ein Videopodcast. Wir sehen dabei (im Internet oder sehr klein auf dem iPod) Snowboarder in den Alpen. Snowboards sind diese breiten Ein-Bretter, die auf den Pisten den Skiern Konkurrenz machen. Eigentlich sind die jungen Menschen in dem Video keine normalen Snowboarder, sondern Snowboard-Forscher. Sie erforschen und demonstrieren, unter anderem durch seltsame Rutschbewegungen, die Physik und Bewegungstechniken beim diesem Sport. Der "Boardcast" ist im Rahmen des Projekts "RUN! - eLearning in Bewegungs- und Sportwissenschaft" entstanden, und zwar am Fachbereich Bewegungswissenschaft der Uni Hamburg.

    Annette Stöber ist die Verbindungsperson, wenn es darum geht, solche Themen an die Öffentlichkeit zu bringen. Sie leitet das Multimedialabor im Multimediakontor, Hamburg, und steckt hinter dem größten deutschen Universitäts-Podcast-Vorhaben. Sie finden es im Internet unter www.podcampus.de.

    "Wir müssen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern schon erklären, was wir hier machen. Nicht jeder ist von Natur aus medien-affin. Was wir machen - ein eLearning Projekt fördern oder einen Podcast aufsetzen -, ist schon recht erklärungsbedürftig. Und es ist nun mal auch so, dass Wissenschaftler keine geborenen Radio- oder Fernsehmacher sind, sondern die beschäftigen sich mit ihrem Thema. Und ich denke, es ist auch wichtig, dass es so bleibt. Es ist schön, wenn sie medienaffin sind und sich auch in den Medien tummeln und da mitmachen, das ist gut, und wir können helfen, dass sie ihr Wissen auch medial umsetzen können."

    Die Palette der angebotenen Podcasts ist breit; sie geht quer über fast alle Fakultäten der Hamburger Universitäten. Annette Stöber:

    "Es gibt verschiedene Podcasts bei uns. Wir machen einmal diese blanke Vorlesungsdokumentation, wo wir sagen: Okay, das ist ein Vortrag, da geht es um ein politisches Thema, da redet jemand 45 Minuten, das zeichnen wir auf, und dann wird das im Grunde nicht mehr groß nachbearbeitet, vorn und hinten abgeschnitten und ins Internet gestellt. Wir machen aber auch eigens produzierte Bildungsbeiträge für das Portal. Das heißt, wir suchen uns Wissenschaftler, die ein Thema vertreten, und machen denen den Vorschlag, das mal in einer kleinen Sendung, wie man sie aus dem Radio oder Fernsehen kennt, eine solche Form erarbeitet. In dem Snowboard-Podcast ist es tatsächlich so, dass der Dr. Andreas Hebbel-Seeger ein Stückweit als Moderator fungiert und die einzelnen Experten, die jetzt zu dem Thema sprechen, auch vorstellt. Und da lehnt man sich natürlich schon an die Formen an, die man aus dem Fernsehen oder Radio kennt."

    Auf dem Fensterbrett des Besprechungsraums in Hamburg stehen mehrere schwarze Ledertaschen, etwa so groß wie der Duden. Darin befinden sich kleine digitale Ton-Aufnahmegeräte und Mikrofone. Manche Dozenten oder Studenten holen sie sich hier im Medienkontor ab und kommen dann mit fertig aufgenommenen Podcasts zurück. Zu den meisten muss Annette Stöber hingehen und selber aufnehmen. Bei den Vorlesungen hat der Vortragende in der Regel ein Ansteckmikrofon, dessen Ton man direkt abnehmen kann. Aber die Diskussionen in politischen Seminaren finden sich nicht bei podcampus.de. Hier würde ein Mikro nicht reichen.

    "Wenn bei einer Podiumsdiskussion oder in einem Seminar, wo's sehr lebhaft zugeht, mehrere Leute sprechen, da hat man Schwierigkeiten, diesen Ton überhaupt einzufangen, hörbar einzufangen. Ich denke, man muss schon gewährleisten, dass man als Nutzer irgendwie auch hören kann, wer da hinten links in der Ecke etwas zur Diskussion beigetragen hat, sonst kann man dem auch einfach nicht folgen. Dann hat man wieder diese verschiedenen Mikrofone, die man alle koordinieren muss, da muss dann ein Techniker sitzen, der diese ganze komplizierte Technik überhaupt in der Lage ist, zu bedienen, und da wird's dann schwierig."

    Aber man macht ja Podcasts, keine Radiohörspiele.

    "Wenn ich jetzt einen Beitrag, eine Vorlesung habe, wo ich weiß, die dauert 45 Minuten, und ich habe sie nicht unterteilt, sodass ich innerhalb des Podcasts sozusagen von einem Punkt zum nächsten springen kann, dann muss ich mir das von vorn bis hinten anhören, und ich glaube, das stellt hohe Anforderungen an die Disziplin des Hörers. Aber oft ist es so, dass wir bei diesen 45-minütigen Vorlesungen die Leute ansprechen, die sich diese Vorlesung sozusagen im Nachgang anhören: Die waren in der Präsenzveranstaltung des Professors und hören sich diese Vorlesung noch einmal an, um diesen Inhalt intensiv nachzuarbeiten, in ihrem Lerntempo, das vielleicht noch einmal zu hören, und vielleicht auch in den Intervallen, die für sie am besten verträglich sind - man hört mal eine Viertelstunde, macht eine Pause, hört nochmal weiter eine Viertelstunde, sodass man diese Sache intensiv nacharbeitet."

    Die Professoren, die im letzten Semester ihre Vorlesungen gepodcastet haben, machen das alle im neuen Semester wieder. Manche haben inzwischen gelernt, mit dem Audiomedium so umzugehen, dass sie zum Beispiel das, was an der Tafel steht, beschreiben und akustisch nicht verständliche Fragen aus dem Publikum für den Podcast-Hörer zusammenfassen. Patrick Peter, technischer Leiter beim Medienkontor:

    "Das wissenschaftliche Handwerk war bis vor 10, 15 Jahren letztlich, Bücher und Artikel zu publizieren. Auch das ist eine mediale Aufbereitung, die alledings in der Wissenschaft auch gelehrt wird, aktiv gelehrt wird, und auf die auch besonderes Augenmerk gelegt wird. Jetzt kommen durch die Verfügbarkeit neuer Technologien immer mehr Techniken zur Übermittlung von Wissen hinzu, die zwar wissenschaftlich noch nicht so anerkannt sind, wie der Buchdruck, aber doch zunehmend an Bedeutung gewinnen. Und insoforn muss auch der Wissenschaftler sich diese Medien annehmen und wissen, wie setze ich sie sinnvoll ein? Oder: Kann ich sie überhaupt sinnvoll einsetzen?"

    Die amerikanischen Universitäten, allen voran Stanford, setzen Podcasts von Vorlesungen seit längerem und konsequent ein, wobei konsequent auch heißt: zeitnah. Kaum ist die Vorlesung zuende, kann man sie im Internet nachhören. Dahinter steckt nicht der reine Spaß an zusätzlichen Lehrwegen, sondern auch Selbstdarstellung, oder, um mit einem modernen Wort zu sprechen: Hochschulmarketing.

    "Ja, wir haben das Podcasting auch als Mittel für das Hochschulmarketing entdeckt. Hochschulen müssen ja jetzt auch mehr und mehr zusehen, sozusagen Studenten für sich zu interessieren, und da ist das Podcasting ein sehr geeignetes Mittel."

    Deswegen stellt Podcampus jetzt auch Studieninfos für Interessierte vor, jede Woche ein anderes Fach, gespeist von Dozenten aus allen sechs Hamburger Hochschulen. Bei Podcasts kann man sehen, von wo die Leute sich diese Beiträge abholen, und gerade die Studieninfos scheinen viele Interessierte im Ausland anzusprechen. Sie können sich ein Bild von der Universität machen, ohne eigens anreisen zu müssen. Das Modell ist inzwischen so populär, dass andere Universitäten in anderen Städten angefragt haben, wie das geht, und ob sie sich an podcampus.de dranhängen können. Sie dürfen. Eigentlich die klassische Arbeit von Pressestellen. Aber die Pressestellen vieler Unis scheinen auf einem anderen Planeten zu wohnen. Auf die Frage nach ihrem Verhältnis zur Pressestelle der Uni Hamburg sagt Annette Stöber diplomatisch:

    "Das wird."

    Annette Stöber versteht sich als Initiantorin, die die Technik stellt, Tipps gibt. Aber früher oder später soll das von selbst laufen.

    "Da ist mir Amerika sozusagen immer ein Vorbild, dass so ein Service wirklich auf breiter Basis auf vielen Schultern verteilt werden muss. Das muss quasi als selbstverständlicher Service einfach nur noch "funktionieren". Ich denke, dass dem Podcast ein Charme innewohnt, dadurch, dass er noch beide Komponenten hat: Da gibt es Leute, die haben Spaß dran, sich mit irgend einer Sendung zu irgend einem Hobby zu äußeren, das im Internet zu verbreiten und auch einen großen Zuhörerkreis zu finden. Es gibt aber auch professionelle Anbieter, professionelle Sender, die ihr Angebot podcasten, und ich finde, diese Spanne zwischen dem einen und dem anderen, tut dem Podcasting sehr gut und macht ihn sehr charmant."

    Sie hören PISAplus, das Gesprächsforum für lebenslanges Lernen im Deutschlandfunk. Heute: Podcasts im Studium - oder wie der Professor aufs Ohr kommt. Darf der Professor überhaupt aufs Ohr kommen? Darf man seine etwas trockene Vorlesung vielleicht vorm Podcasten mit ein wenig Musik unterlegen? Zur Klärung offener rechtlicher Fragen kehren wir kurz zu Laura Dierking an der Universität Münster zurück. Hier ist einer ihrer Podcasts zu hören, in dem sie eine Podiumsdiskussion zu genau diesem Thema moderiert.

    "Was ich nicht gemacht habe, einige andere Podcaster aber schon, den Podcast unter eine Creative Commons Lizenz zu stellen. Das würde dann so viel heißen wie: He, der du diesen Podcast benutzen möchtest, darfst du das tun, wenn du dich an folgende Regeln hälst. Und dann kann man eine solche Lizenz ausgestalten, wie man das gern haben möchte. Man kann zum Beispiel sagen, du darfst sie nicht kommerziell nutzen. Oder du darfst zwar den Podcast nutzen, darfst ihn aber nicht inhaltlich bearbeiten, sondern musst ihn so lassen, wie er ist. Oder man sagt, benutz ihn, du bist frei, alles damit zu tun. Was natürlich gar kein Problem ist, ist, auf den Podcast zu verlinken. Dafür braucht man keine Lizenz. Das geht also auch so."

    Wenn ich in meiner Badewanne sitze und einen Podcast aufnehme, in dem ich sage, ich hatte letzte Nacht diesen Traum, und mache das öffentlich, dann habe ich alle Rechte daran. Ich verwirkliche mich quasi selbst, indem ich das in die weite Welt hinaus sende - falls es Leute dann auch hören wollen. Wenn ich jetzt zum Beispiel Franz Kafka zitiere, aus "Das Schloss", oder ich singe eine Melodie, die Michael Jackson komponiert hat ...

    "Ja, das Problem hier ist natürlich, dass da Urheberrechte berührt sind. Ob nun ein geschriebenes Werk oder ein Musikstück - die stehen in der Regel alle unter Urheberrechtsschutz. Ich habe jetzt aber die Möglichkeit, mich mit einem solchen Werk auseinanderzusetzen und es dann als Zitat zu verwenden. Also ein Teil eines Stücks wird verwendet, wiedergegeben, und dann ist ganz wichtig, dass man sich inhaltlich damit auseinandersetzt und nicht einfach nur wiedergibt und sagt, find ich prima oder find ich doof. Beim Podcasten gibt's noch eine andere Besonderheit, mit der Musik: Da ist genau das gleiche Problem. Wenn ich ein Musikstück spielen möchte, sind die Urheberrechte woanders, oft bei der Gema. Jetzt gibt es für die Podcaster einen eigenen Gema-Tarif. Man sich über diesen Tarif die Lizenz kaufen und darf dann Gema-Musik theoretisch spielen. Ich sage deswegen "theoretisch", denn das Problem ist immernoch, dass an einem Musikstück nicht nur die Urheberrechte des Komponisten bestehen, sondern gleichzeitig die Leistungsschutzrechte desjenigen, der das singt oder spielt. Und diese Rechte liegen bei der GVL, und die GVL, das ist die Verwertungsgesellschaft für die Leistungsschutzberechtigten, also für Musiker usw., hat keinen Podcast-Tarif. Insofern könnte ich jetzt, wenn ich ein Lied von Michael Jackson singen möchte, eins machen: Ich könnte mir diesen Podcast-Tarif besorgen von der Gema. Dann hab ich die Rechte, mit bestimmten Auflagen, die dann noch mit dabei sind. Man darf Stücke nicht komplett ausspielen, man muss hineinsprechen, wie auch immer, das muss man sich ganz genau anschauen."

    Kostet wie viel?

    "Das ist auch wieder gestaffelt, je nachdem wie viel man haben möchte."

    Und ob man kommerziell ist oder nicht?

    "Genau. Aber ich glaube, für 15 Euro im Monat kann man da schon was an Musik nutzen."

    Und die GVL, die Sie ganz zurecht ansprechen, wie gehe ich da vor? Muss ich mit denen dann auch reden?

    "Das ist tatsächlich richtig kompliziert, denn die GVL hat zwar Rechte hinsichtlich der Aufführung von Musik aber eben nicht zur öffentlichen Wiedergabe. Also das, was ich im Podcast tatsächlich mache, diese Rechte kann ich, selbst wenn sie will, nicht von der GVL bekommen, sondern nur von den Musikverlagen selbst oder von den Labels, die dahinterstehen. Da das so unglaublich kompliziert und schwierig ist, verwenden die meisten Podcaster gar nicht die klassische Gema-Musik, wie sie auch im Radio läuft, sondern so genannte "pod safe music". Das ist Musik, die unter der Creative Commons Lizenz steht, wo die Künstler gesagt habe, wir sind noch gar nicht so bekannt und berühmt und nicht bei der Gema unter Vertrag. Wir würden uns aber freuen, wenn ihr unsere Musik spielt. Und wer sich da bedient, hat eben schonmal zumindest diese Creative Commons Lizenz. Die kann einem dann aber Ärger bereiten, wenn die Künstler plötzlich berühmt werden und dann zur Gema gehen. Dann passiert nämlich mit diesen Creative Commons Lizenzen eins: Sie platzen wie eine Seifenblase. Also ganz sorgenfrei ist es auch nicht. Die beste Möglichkeit für Musik ist selber komponieren, selber singen. Ansonsten ist eben mit Pod Safe Music schon das ein oder andere zu machen, aber man muss eben tatsächlich immernoch ein wenig wachsam sein."

    Aber es wimmelt von Podcasts, wo Michael Jackson und Charts-Musik gespielt wird, und zwar nicht nur als Zitat, sondern ausgespielt. Riskieren diese Podcaster Kopf und Kragen?

    Ein bisschen schon, ja.

    O-Ton: Ausschnitt aus dem eLearning-Medientraining der Uni Hamburg. Eine eTrainerin stellt sich vor

    Auch das ist ein Podcast, allerdings ein kostenpflichtiger. Es geht um Weiterbildung für Akademiker. Hier stellt sich eine Pädagogin vor, die andere übers Internet zum eTrainer ausbildet. Diese Zusatzausbildung von 3 Monaten braucht jemand, der schon weiß, wie man Leuten etwas beibringt, aber noch nicht, wie man die Lehrinhalte so aufbereitet, dass sie auch Sinn machen, wenn man nicht mit den Studenten in einem Raum sitzt, sondern über hunderte oder tausende Kilometer entfernt, übers Internet.

    "Wie setze ich denn nun diese viel beschworenen Weblogs ein, wenn ich etwas vermitteln will? Oder Podcasting ja oder nein? Hab ich die Aufmerksamkeit meiner Zuhörer, wenn ich einen Audio-Beitrag einstelle, "

    fragt sich Stefanie Woll, Ausbilderin in diesem Kurs "Train the eTrainer" - trainiere den Internet-Trainer, an der Universität Hamburg. Sie kennt natürlich Podcasts und deren Potenzial für die Lehre, auch wenn sie sie bisher nur schwach einsetzt.

    "Ich glaube, das ist ein Trend, der erst ganz am Anfang ist. Da wird sich in der nächsten Zeit noch sehr viel tun. Dann hat Podcasting nur Sinn, wenn die Teilnehmenden auch einen entsprechend schnellen Internetzugang haben, um das abrufen zu können, denn sonst ist es eine sehr mühsame Downloaderei, oder man muss es doch wieder auf CD-ROMs zur Verfügung stellen, was nicht Sinn der Sache ist. Wir nutzen es im Moment zum Beispiel dafür, dass wir, bevor die erste Präsenzveranstaltung stattgefunden hat, kleine Audiostatements von den ModeratorInnen ins Forum gestellt haben, die man abhören konnte. Da hatte man schon mal den Klang im Ohr, eine erste Einleitung in das Thema. Dafür haben wir es bis jetzt genutzt. Aber es gibt sicherlich sowohl für Moderationstechniken als auch für die Ausarbeitung konkreter Inhalte noch andere Einsatzmöglichkeiten."



    Gesprächspartner:
    * Laura Dierking, vom Jura-Podcast-Portal "jcast" der Uni Hamburg
    * Sebastian Breßler von der Berliner Marktforschungsfirma "House of Research", die eine Internet-Umfrage zur Podcast-Nutzung durchgeführt hat
    * Christian Ruzoll, Medienstudent aus Weimar,
    * Annette Stöber, verantwortlich für das größte deutsche Hochschul-Podcast-Vorhaben "podcampus.de"
    * Stephanie Woll, E-Learning-Medientrainerin an der Uni Hamburg

    Angebote im Internet:

    www.jcast.de (Jura-Podcast Münster)
    www.podcampus.de (Podcast-Portal der Hamburger Hochschulen)
    www.aww.uni-hamburg.de/fstz_angebote_tet.html (Train the eTrainer)
    http://itunes.stanford.edu/(Podcasts der Universität von Stanford, USA)
    www.houseofresearch.de/news/News.htm (Podcast-Studie bei House of Research, Berlin)
    www.uni-weimar.de/cms/mitteilung.455.0.html?mitteilungid=21700 (Christian Rotzoll, Uni Weimar)
    Podcastseiten von Deutschlandradio