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Pointenjägerei stoppt Erzählfluss

Allem Anschein nach langweilt sich Robert Menasse beim kunstgerechten Erzählen genauso wie sein Held beim Sex. Der entscheidende Unterschied: Nathan hat sich in dem Roman "Don Juan de la Mancha" wenigstens eine Therapeutin zugelegt.

Von Eberhard Falcke | 02.09.2007
    Ein Kavalierstart - keine Frage! Nicht nur, dass Robert Menasse im Titel seines neuesten Romans auf einen Schlag gleich zwei Kavaliere der Weltliteratur von allererstem Rang untergebracht hat. Er sichert sich im Handstreich auch noch das Verdienst, den Kavalierstart wenn nicht überhaupt literaturfähig gemacht, dann zumindest auf ungeheure Touren gebracht zu haben. "Don Juan de la Mancha oder Die Erziehung der Lust" beginnt mit den folgenden zugleich Ehrfurcht und Schrecken gebietenden Zeilen:

    "Die Schönheit und Weisheit des Zölibats verstand ich zum ersten Mal, als Christa Chili-Schoten zwischen den Händen zerrieb, mich danach masturbierte und schließlich wünschte, dass ich sie - um es mit ihren Worten zu sagen - in den Arsch ficke. Es gebe dafür, also für die Kombination von Chili und Analverkehr, im Altgriechischen ein eigenes Verbum, sagte sie.

    Sie sagte das altgriechische Verbum, sie schrie es, ich schrie auch, und wenn das, was ich schrie, ein Wort war, dann war es älter als Altgriechisch. Ich hatte Wasser in den Augen. Ich glaube nicht, dass ich in einem brennenden Haus größere Panik empfunden hätte."

    In Ordnung! Den Preis für die schärfste Nummer und den fetzigsten Romananfang des Jahres soll er haben, der Robert Menasse. Ein echter Kavalierstart, mit röhrendem Motor, quietschenden Reifen und befeuert von der Absicht, die bewundernden Blicke der Frauen sowie den blanken Neid der Männer auf sich zu ziehen. Freilich mehr Potenzgehabe als Potenzbeweis, wie heute jeder weiß. Aber wir wollen nicht vorgreifen.

    Don Juan und Don Quichotte also. Das heißt: Der erotische Zwangstäter wird in Menasses Romantitel gekreuzt mit dem edelmütigen Ritter, dem seine Ideale den Kopf vernebeln. Und "Die Erziehung der Lust" ist als Schlagobers noch draufgekleckst, damit auf höchstem Niveau auch noch Flauberts Éducation sentimentale intertextuell angespielt werden kann. Nathan darf also, nachdem er das exorbitante Abenteuer der ersten Romanseite überstanden hat, mit der allergrößten Aufmerksamkeit rechnen. Nathan, das ist er nämlich, der Ich-Erzähler oder genauer der Plauder-Held von Menasses Roman. Allerdings hat Nathan mit Don Juan oder Don Quichotte nicht viel zu tun – ebenso wenig wie mit der "Erziehung der Lust". Tatsächlich wurde er nämlich verzogen und zwar zur Unlust. Menasse hat sich an einem negativen Bildungsroman versucht, dem Roman einer Verbildung.

    "Es ist ein Irrtum zu glauben, dass man kaum noch Sex hat, nur weil man keine Lust mehr auf Sex hat. Im Gegenteil: ich hatte nie ein so exzessives Sexualleben wie jetzt, wo Sex mich langweilt.

    Das hat zwei Gründe: Erstens bin ich nicht mehr nervös. Warum sollte ich in einer Situation nervös sein, die mich langweilt? Die Nervosität beeinträchtigt die Virilität viel mehr, als die Langeweile es könnte. [...] Zweitens aber ist die Lustlosigkeit zu wenig Grund, um an Sex desinteressiert zu werden. Im Gegenteil. Es gibt wahrscheinlich keinen Antrieb, der so gewaltig ist, wie der, der in einem Mann zu glühen beginnt, wenn er die Lust verloren hat in einer Gesellschaft, die nicht einmal einen Liter Mineralwasser verkaufen kann, ohne diese Ware erotisch zu besetzen."

    Zu viel Sex und zu wenig Spaß - das ist Nathans Zentralproblem. Dem will er auf den Grund kommen, und davon handelt der Roman. Zunächst aber ist von Handlung wenig zu sehen. Denn bevor Menasse seinen Helden viel von sich selber erzählen lässt, gibt er ihm lieber reichlich Gelegenheit, zu demonstrieren, wie toll der über seine Wehwehchen reflektieren, theoretisieren und schwadronieren kann. Und damit das Schwadronieren so schnell kein Ende nehmen muss, wird geschwind die Umwegtechnik des Exkurses eingeführt. Der erste Exkurs geht so:

    "Als ich jung war, war das Glück alt. In der Werbung gab es nur Alte. Alle möglichen Formen des Glücks wurden von graumelierten oder weißhaarigen Männern in der Reife ihrer Jahre beglaubigt, saubere Wäsche, aromatische Kaffees, heiterer Alkoholismus ... Wie weit entfernt mir als Kind damals das Glück erscheinen musste! [...] Als ich endlich vorrückte zur Möglichkeit, Teilhaber des Glücks zu sein, waren alle Glücklichen, die das Glücklichsein in der Werbung ausstellten, dreißig Jahre jünger."

    Diese Sätze sind es wert, etwas genauer betrachtet zu werden. Wie war das in den 50er, 60er Jahren, als Robert Menasse, Jahrgang 1954, ebenso jung war wie sein Held Nathan? Es war jedenfalls anders. Erstens waren nicht alte, weißhaarige Männer für die Wäsche zuständig. Zweitens waren sie nicht die dominierenden Werbedarsteller, sondern schicke Frauen und vitale Männer. Und was soll das heißen, dass Nathan seinen Glücksmöglichkeiten erst näherrückte, als er schon 30 Jahre älter war als die Teenager in der Werbung? Das heißt jenseits der 40! Nein, so ein katastrophaler Spätentwickler war er denn doch nicht, wie der Fortgang des Romans klar demonstriert. Kurzum: Hier stimmt gar nichts. Unglücklicherweise hat der Autor ein Faible für derlei starke Behauptungen mit schwacher Begründung.

    Kein Wunder, dass darunter der Roman leidet. So kommt es gar nicht erst dazu, dass Thema, Stoff und Fabel in einer Exposition einigermaßen tragfähig, womöglich sogar spannungsreich entwickelt werden. Allem Anschein nach langweilt sich Menasse beim kunstgerechten Erzählen genauso wie sein Held beim Sex - mit dem entscheidenen Unterschied, dass Nathan sich wenigstens eine Therapeutin zugelegt hat. Und mit deren Hilfe kommt es dann doch allmählich zur Konkretisierung einer Romanhandlung.

    "Schreiben Sie, Nathan!, hat Hannah, also Frau Dr. Singer, meine Therapeutin, gesagt, schreiben Sie alles auf! Eine Reportage über die Reise, die sie zu diesem Punkt gebracht hat, dass Sie keine Lust empfinden. Damit können wir dann arbeiten! [...]

    Eigentümlicherweise vertraute ich Frau Dr.Singer. Ich dachte, sie paßte zu mir. Weil ich sie für eine Scharlatanin hielt. [...] Und weil sie dick und herrisch war. Sie war wie meine Mutter. Mehr noch: Sie war der Inbegriff einer jüdischen Mamme ... aber im radikalen Gegensatz zu einer Mamme versuchte sie nicht, mir Schuldgefühle einzuimpfen."

    Hier stellt sich nun endlich ein wenig Spannung ein, wie der lustinvalide Nathan die Sache wohl angehen wird. Doch der macht, wie es bei seinem originalitätssüchtigen Autor seltsamerweise oft geschieht, nur das Übliche. Er wendet sich der Vergangenheit zu und betreibt therapeutische Ursachenforschung. Er benutzt einfach die Gelegenheit, alle möglichen Schwänke und Anekdötchen aus seinem Leben kunterbunt durcheinanderzuwerfen. Außer um Frauen und Erotik geht es um den Journalismus, der Nathans Beruf wird, und ausführlich um seine wilde Jugend in den politisierten 70er Jahren. Auf Schlüssigkeit, triftige Beobachtungen oder einleuchtende Gedanken kommt es dabei wenig an. Wichtiger sind die nächstgelegene Pointe, der knalligste Effekt, die steilste Behauptung.

    Nathans Vater war Klatschreporter und daher mit der städtischen Prominenz und der Presse engstens verbandelt. Für den Sohn dagegen hatte er keine Zuwendung übrig, und der Mutter entzog er sie bald durch Scheidung, wodurch Raum entsteht für ein längeres Kapitel rund um das Thema "Meine geschiedene Mutter und ihre komischen Liebhaber". Von Schädigungen, die eines Tages auf sein Lustempfinden schlagen konnten, weiß Nathan dagegen wenig Genaues zu berichten. Als besonders tiefgehende Traumatisierung führt er vor allem die väterliche Knauserigkeit an. Der erste Rasierapparat, den der zur Mannbarkeit reifende Jüngling geschenkt bekam, war der gebrauchte des alten Herrn. Und als Nathan eine Studentenwohnung bezog, ermutigte ihn der Vater, nur ja diese billige Kellerwohnung in der Marxer Gasse zu nehmen. Dort finden dann allerlei erotische Kriechversuche statt, auf die sehr ausführlich zurückgeblickt wird.

    "Ich war fassungslos, wie schnell das Grundsätzliche vorbei war. Das konnte ich nicht akzeptieren, dieses Versagen: Die Nacht war noch so lang. Ich war jung und zugleich sehr spät dran. Ich hatte also die Kraft der Jugend und den Druck eines Stausees. Heute noch wundere ich mich darüber, wie es mir damals möglich war, nur mit psychischer Anstrengung immer wieder aufs Neue einen physischen Muskel anzuspannen. [...] Aber bald wurde alles eins: Gelingen, Angst, Schmerz und Haß. Das Leiden unter Tag. Ich war auf eine Mine gestoßen, aber es war noch so lange hin bis zum Ende der Schicht."

    In linken Polit-Arbeitskreisen kommt Nathan zu dem Schluss, dass es keinen wahren Orgasmus ohne Weltrevolution gebe, womit eine weitere spaßige Pointe platziert wäre, die aber genauso wie die anderen dünnen Pfiffigkeiten dieser Art auf Kosten der historischen Erinnerung geht. Ganz so dämlich war es nämlich in den 70er Jahren um das Verhältnis von Sex und Revolution nun doch nicht bestellt. Vom Bild einer Generation oder gar einer Epoche werden in diesem Roman bestenfalls ein paar verzeichnende Striche sichtbar.

    Es sieht fast danach aus, als hätte sich Menasse hier zum Zwecke der auktorialen Selbstbeglänzung vorgenommen, in möglichst rascher Folge amüsante Gustostückerln und Geistreicheleien abzusondern. Unter diesem Leistungsdruck agiert er als ein Schmähtandler, dem kein Handel zu billig ist. Gern nimmt er auch Stücke aus zweiter oder dritter Hand. Schließlich ist es nicht jedem gegeben, immer nur aus eigener Kraft lustig zu sein. Der soeben zitierte Vergleich von Sex und Schichtarbeit findet sich schon - aus komparatistischen Gründen muss es erwähnt werden - bei Philip Roth. Auch bei der Schilderung von Nathans erster Eheschließung kommt humoristische Gebrauchtware zum Einsatz. Da lässt sich der Bräutigam mit dem Ja-Wort so lange Zeit, dass die ganze Hochzeitsgesellschaft von Schockwellen geschüttelt wird. Der Gag erfreut sich bekanntlich in Film und Fernsehen schon lange größter Beliebtheit.

    Dann aber folgt ein Jux, den hat Menasse ganz für sich allein, weil ihn sonst kaum jemand haben will. Nachdem nämlich die Existenz in der Marxer Kellerwohnung haarklein ausgemalt wurde - mit Vögeleien, Zimmerpflanzen, Ehefrau und Schaukelstuhl -, da erklärt der Plauderromanheld auf einmal, so sei es gar nicht gewesen. Er habe die Kellerwohnung nur erfunden und das Rasierapparattrauma auch.

    Natürlich sind solche Brechungen der Fiktion möglich, wie auch die Freunde der Metafiktion bestätigen werden. Nur steigern derlei Schikanen in einem so disparat zusammengeklitterten Roman wie diesem weder das Vergnügen noch die erzählerische Raffinesse.

    Doch wenigstens wird in diesem Zusammenhang einmal ein wirklich hieb- und stichfester Satz geäußert, eine erzähltheoretische Perle. Sie kommt über die Lippen von Nathans Chili-Liebhaberin Christa:

    "Alles, was du erzählst, phantasierst, erfindest, sagt etwas über dich aus. Weil nur du es so erfinden kannst. Das ist das Objektive daran. Ich meine, ich bin keine Therapeutin, aber ich stelle mir vor, dass Therapeuten das so sehen: Du bist, was du erzählst."

    Genauso ist es! Menasse ist wahrlich ein Autor, der über alles allerbestens Bescheid weiß. Nur eines weiß er nicht: Wie er es bewerkstelligen könnte, seinen Überschuss an Kommentierungseifer und Pointenjägerei in Einklang zu bringen mit einer einigermaßen kohärenten Romankonstruktion. Wie ist das möglich bei einem so namhaften Schriftsteller?

    Immerhin konnte Robert Menasse schon einigen Ruhm einheimsen. Er gilt als der österreichische Chefintellektuelle unserer Tage und bei seinem stetigen Bemühen, geistreich und brillant zu sein, waren ihm schon manch schöne Erfolge beschieden. In seinen Romanen hat er oft genug den seltenen Mut bewiesen, im ganz großen Maßstab die Bewusstseins- und Daseinsverhältnisse der Gegenwart ins Auge zu fassen. Nie scheut er sich, den Mitläufern des globalen Tagesgeschäfts zu bescheinigen, wie sehr sie auf dem Holzweg sind. Mit seinen Romantiteln hat er sich immer gewitzt auf Schlüsselwerke und -motive des Weltgeistes bezogen. Andererseits litt schon manches Menasse-Werk unter der Schwierigkeit, den Gedankenüberschuss einer theoretisierenden Intelligenz in erzählerische Sinnfälligkeit umzumünzen. Wenn Menasse über Sex reflektiert, klingt das so:

    "All das, was ich als Student im Bett gelernt und diskutiert hatte, wurde allerdings sofort bedeutungslos, als ich das Studium abbrach und ins Berufsleben eintrat. Wieder hatte ich eine Ausbildung erfahren, die danach nichts zählte. Ich hatte ideologisch korrekten Beischlaf studiert, aber nun gab es weit und breit keine, die mit mir im Bett über Entfremdung diskutieren, sich von gesellschaftlichen Zwängen befreien wollte."

    Das ist, mit Verlaub, ebenfalls ein mattes, umständlich konstruiertes Späßchen. Es bestätigt den Verdacht, dass sich dieser Nathan einfach nicht zur eigenständigen halbwegs logischen Romanfigur emanzipieren kann. Er bleibt der Lautsprecher seines Autors, ein Typ mit einer so großen Klappe, dass bequem alles reinpasst, womit sein Erfinder prunken will, seien es Zeitgeist-Glossen, Kaffeehausscherze, persönliche Reminiszenzen oder kritische Invektiven gegen dies oder jenes. Wirklich persönliche, eigenwillige oder spezifische Valeurs erwachsen daraus in keinem Moment.

    "Bei meinem ersten Parisbesuch war mir alles vertraut erschienen. Den Eiffelturm zum Beispiel hatte ich schon unzählige Male gesehen, bevor ich zum ersten Mal vor ihm stand. Kein Zufall, dass der Begriff Déja-vu aus dem Französischen kommt. Meine Entdeckungen deckten sich mit meinem Vorwissen...

    Die Ungeduld der Pariser mit meinem fehlerhaften Französisch! ... Kein Zufall, dass der Begriff Chauvinismus als französisches Lehnwort in fast alle Sprachen Eingang gefunden hat. Und das Klischee. Die Liebe!"

    Nur dumm, dass Menasse selber nicht ohne Klischees über die Runden kommt. Da kann man es nur zu den ganz megalomanen Kühnheiten rechnen, wenn er einige seiner größeren Kollegen ins Visier nimmt - den John Updike, den Philip Roth, den Martin Walser. Er nennt ihre Bücher "Altmännerliteratur", nicht ahnend, wie alt er selber mit seinem jüngsten Roman ausschaut. Er behauptet einfach, dass sie das, was er nicht kann, auch nicht können, nämlich die Lust in angemessene Worte fassen.

    "Wenn eine Romanfigur sich verliebte, wurde die Sprache zur Massenware und nur die Lüge stand nackt da. 'Es treiben', 'es jemandem besorgen', 'stoßen' - dieses Vokabular beschreibt nicht, wie wir Lust ausleben, sondern wiederholt bloß die sprachlichen Signale, die sie in uns wecken soll. … Das Furchtbarste war, dass ich den Autoren glaubte, dass sie die amourösen Abenteuer, die sie erzählen, wirklich so erlebt haben. Deshalb wissen sie nicht einmal, wie sehr sie lügen."

    Stimmt zwar auch nicht, doch abgesehen davon muss man sagen: Keck in die Suppe gespuckt! Umso mehr überrascht es, dass Menasse gleichwohl gern und ausgiebig in dieser Suppe gelöffelt hat. Besonders bei Philip Roth. Von dessen Alter-Ego-Helden Nathan Zuckerman hat er für seinen eigenen Protagonisten nicht nur den Vornamen übernommen, sondern auch den Figurenzuschnitt: den des erotisch geplagten, geistig hochkarätigen Darstellers seiner eigenen Existenzprobleme. Für die handlungsbegleitende Psychoanalyse steht das Vorbild ebenfalls bei Roth. Ganz zu schweigen von der Pointe, dass die Psychoprobleme des Romanhelden von seinem Analytiker zu Fachliteratur verarbeitet werden. Bei Updike hingegen konnte Menasse bis ins Gynäkologische vertiefte Sexualschilderungen studieren, bevor er sich selbst daran wagte. Darüber hinaus tauchen plötzlich irgendwo zerhackte Sätze auf, die unweigerlich darauf schließen lassen, dass ihr Nachschreiber zuvor in einem Buch von Marlene Streeruwitz geblättert hat. Wenn es auch um seine eigene Erzählkunst nicht zum Besten steht - eines muss man ihm doch lassen: Anregungen aller Art aufschnappen, das kann er, der Menasse.

    Womit wir wieder beim Romantitel wären. Trotz vieler suchender Leserblicke sind nennenswerte Bezüge zwischen Nathan und den beiden weltliterarischen Dons, dem Juan und dem Quichotte, nicht zu entdecken. Bleibt also nur eine Schlussfolgerung: Was renommiersüchtige Leute mit akademischen und anderen Titeln treiben, das macht dieser Autor mit seinen Buchtiteln: Hochstapeln.

    Am Ende lässt Menasse die Reifen noch einmal tüchtig qualmen. Der Mann, der am Anfang mit der scharfen Chili-Nummer losgerauscht ist, kommt nun mit kreischender Vollbremsung und einer Drehung zum Stehen. Nun ist es Nathan, den sein Gewürz-Gspusi Christa, gerüstet mit einem Meerrettichwurz, von hinten penetriert, wofür er sich mit Minirock und Netzstrümpfen hübsch gemacht hat. Dadurch wird endlich einmal die schwer lastende Männerrolle überwunden. Und wie es scheint, bringt das auch die Befreiung aus der daraus resultierenden erotischen Langeweile. Das geschmackliche Dauerproblem dieses Romans bleibt dennoch ungelöst: Entweder er ist überwürzt oder zu fad - oder umgekehrt.


    Robert Menasse: Don Juan de la Mancha oder Die Erziehung der Lust
    Roman
    Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007
    276 Seiten, 18,80 Euro