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Polen ist zu teuer

Viele deutsche Firmen verlagern Arbeitsplätze ins Ausland, wo die Löhne niedrig sind. Doch es gibt auch Gegenbeispiele. Etwa Jaroslaw Wieczorek: Der polnische Unternehmer hat das neue Zweigwerk seiner Firma bewusst im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern eröffnet. Dort stellt Romag Spezialwerkzeuge für die Autoindustrie her.

Von Almuth Knigge |
    Der Laden brummt. Im wahrsten Sinne des Wortes.

    Es ist laut in der Maschinenhalle - und es ist nicht mehr viel Platz. Wo früher Schweine zerlegt wurden, produziert wurden, lässt der polnische Unternehmer Jaroslaw Wieczorek jetzt High Tech produzieren, Präzisionswerkzeug und Spezialvorrichten für die Autoindustrie - in Pasewalk, ganz im Nordosten der Republik.

    "Dann, nach der Drehung muss man noch ein bisschen saubermachen, nicht!"

    Der Chef ist streng. Zieht sich auch gerne mal selber den Kittel über das gebügelte Hemd und packt mit an. Stolz ist der 40-Jährige auf seinen Hightech-Maschinenpark. Die Präzisionsinstrumente bearbeiten dann ein eingelegtes Stück Metall oder Edelstahl von rechts und links, oben und unten, Von außen ist das bequem zu beobachten durch eine große Glasscheibe. Innen fliegen die Funken.

    "Das ist ein Fünf-Span CNC Fräszentrum, das heißt wir können von fünf Seiten das Teil bearbeiten. So eine Maschine kostet 400.000 Euro."

    Nagelneue Werkzeugmaschinen im Wert von einer Million Euro arbeiten surrend vor sich hin, ein Bediener pro Gerät reicht. Der Fußboden ist sauber wie der Hemdkragen des jungen Firmengründers, die Ordnung auf den Materialpaletten ist penibel.

    "Ja wir haben dieses Jahr schon 600.000 Euro investiert, diese drei Maschinen sind neu und wir können noch mehr investieren. Also geplant haben wir in drei Jahren 1,6 Millionen Euro zu investieren."

    Von den 1,6 Millionen Euro, die Wieczorek investieren will, sind rund 40 Prozent Fördermittel - also mehr als 600.000 Euro. Und auch für die Löhne vieler Mitarbeiter bekommt der Unternehmer Wieczorek Zuschüsse von der Arbeitsagentur. Wiezorek ist ein Segen für die Region mit immer noch 20 Prozent Arbeitslosigkeit.

    "Die Leute haben Lust zur Arbeit. Zum Beispiel kommen Schweißer und Schlosser jeden Tag zu mir und fragen nach Arbeit. Ich kann wählen. Die bekommen von mir Chancen und die Möglichkeit. Die arbeiten sehr gut."

    15 Leute hat er schon eingestellt, 12 waren ursprünglich geplant., es sollen aber noch mehr werden, mindestens 40 - in diesem Jahr. Einer der ersten war Thorsten Kaleta, aus Neubrandenburg. Für ihn war es ein absoluter Glückfall, direkt um die Ecke so zu sagen, wieder einen Job zu finden.

    "Seit der Wende war ich selbstständig und bin dann pleite gegangen und - ja - habe verschiedene andere Sachen gemacht, habe auch schon Suchtkrankenhilfe gemacht und jetzt bin ich wieder zurück in meinem geliebten Metallberuf."

    Auch Andreas Peltzer hat schon eine Odysee bei verschiedenen Arbeitgebern hinter sich

    "Bevor ich hier angefangen habe, habe ich in fünf verschiedenen anderen Firmen gearbeitet. Da war das Arbeitsklima gar nicht so doll, also die Mentalität von den polnischen Leuten ist schon extrem zuvorkommend, sagen wir mal so, ja so sieht es aus."

    Wieczorek hat schon ein Werk - in Polen, im westpommerschen Posen. Er hat einige Jahre als Ingenieur in Deutschland gearbeitet, bevor er seine Firma in Posen aufbaute. Jetzt aber sieht er für sein Unternehmen dort keine Wachstumschancen mehr. Zu viele Fachkräfte haben das Land verlassen. In ganz Westpommern, sagt er, lassen sich keine Schweißer und Schlosser mehr auftreiben. Und wer geblieben ist, verlangt mehr Lohn. In den letzten zwei Jahren musste Wieczorek seinen Mitarbeitern 30 Prozent mehr zahlen. Noch mehr geht nicht.

    "Ich habe eine gute Auftragslage. Wir haben 15 Mitarbeiter geplant und sind schon mehr als 15. Wir haben auch angefangen mit einer zweiten Schicht, also das heißt: Die Maschinen sind schon vor Ort für diese zweite Schicht, sodass wir bald an die dritte denken können."

    Einem für die CNC-Technologie qualifizierten Bediener der Maschinen muss er im östlichen Mecklenburg-Vorpommern zehn Euro pro Stunde zahlen. Genauso viel ist es in Posen, wo die Wirtschaft seit Jahren boomt. Dort kommen allerdings Lohnnebenkosten hinzu, die mittlerweile höher sind als in Deutschland. Der Schritt über die nahe gelegene Grenze kann sich auf einmal lohnen für einen Unternehmer. Aus vielerlei Gründen:

    "Hier habe ich bessere Möglichkeiten, um Zuschüsse von der EU und dem Land und der Stadt zu bekommen. Wenn ich alles zusammen rechne, heißt das für mich und meine Kunden, es ist günstiger, wenn ich hier produziere. "

    Ein Argument ist aber für den Unternehmer nahezu unschlagbar:

    "Ich habe die gleichen Maschinen in Polen und in Deutschland und die Arbeitskräfte machen das Gleiche, aber es ist da ein Unterschied: Wenn da steht "Made in Germany" bekomme ich bessere Preise."