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Polen
Mehr Rechtsextremisten im Parlament

Polen steht nach der Parlamentswahl nicht nur wegen des Erfolgs der nationalkonservativen PiS vor einem Rechtsruck in der Politik. Denn neben der PiS sind noch stärkere rechte Kräfte ins Parlament eingezogen: Vertreter der "Nationalen Bewegung". Ihre Feinde: Liberale, Homosexuelle und die Europäische Union.

Von Florian Kellermann |
    Robert Winnicki von der polnischen, rechtskonservativen "Nationalen Bewegung" spricht auf einer Demo zu einer Menschenmasse, er hält ein zu einem Galgen geknotetes Seil in der Hand.
    Robert Winnicki von der "Nationalen Bewegung" forderte auf einer Demo im Juli 2014 die Hängung von Regierungsmitgliedern der Regierung Tusk. (dpa/picture alliance/Jerzy Dabrowski)
    Ein nasskalter Novembertag vor drei Jahren: In einem Park im Stadtzentrum von Warschau haben sich einige Tausend junge Menschen eingefunden. Sie haben sich gerade Straßenschlachten mit der Polizei geliefert, mit Pflastersteinen und Molotowcocktails.
    Ein großer Tag, meint Robert Winnicki, damals Vorsitzender der Organisation "Allpolnische Jugend":
    "Wir wollen eine politische Kraft aufbauen, vor der sich alle Linken, Liberalen und Schwulen sich fürchten. Eine nationale polnische Kraft."
    Damit erklärte Winnicki die Gründung des "Ruch Narodowy", der "Nationalen Bewegung". Sie vereinigt seitdem verschiedene ultrarechte Organisationen.
    "Unser Ziel: ein großes Polen", skandieren die Versammelten. Ein Jahr später, wieder am Unabhängigkeitstag, wurde Robert Winnicki präziser:
    "Eine linke Revolution geht seit den 1960er-Jahren durch ganz Europa. Ihr Ausdruck ist die Europäische Union - und sie ist einer unserer Hauptfeinde. Was wir tun müssen, um unsere nationale Revolution zu verwirklichen: Wir müssen so wie einst die Linken den Marsch durch die Institutionen antreten."
    "Fremdenhass ist ihr Leitmotiv"
    Und dieser Marsch hat nun begonnen. Robert Winnicki und acht weitere Personen aus dem Umkreis der "Nationalen Bewegung" haben ein Mandat im polnischen Parlament errungen. Sie sind auf der Liste des Rocksängers Pawel Kukiz angetreten, der mit seiner gerade erst gegründeten Partei fast neun Prozent der Stimmen erhielt. Unter den Jungwählern war er besonders populär.
    Kukiz verspricht, Polen demokratischer zu machen und bedient sich dabei seit Jahren einer rechtspopulistischen Rhetorik. Trotzdem distanzierte er sich bisher von allzu radikalen Aktivisten.
    Diese Scheu habe er nun offenbar abgelegt, sagt Jacek Purski, Rechtsextremismus-Experte der Organisation "Nigdy wiecej" - "Niemals wieder":
    "Fremdenhass ist ein Leitmotiv der "Nationalen Bewegung", genau deshalb sind sie auch gegen die Europäische Union. Sie äußern Parolen, die es im heutigen Europa eigentlich nicht mehr geben dürfte - im Europa der vielen Nationen, die ihre gemeinsamen Grenzen geöffnet haben."
    Wie zum Beweis entwickelte sich in der "Nationalen Bewegung" kurz vor der Wahl eine antisemitische Kampagne. Objekt der Attacke wurde der Chefredakteur der linksliberalen Tageszeitung "Gazeta Wyborcza", Adam Michnik. Ein mit der "Bewegung" verbundenes Internetportal legte Michnik nahe, nach Israel auszureisen. Michnik hat jüdische Vorfahren.
    Wie steht die PiS zur Nationalen Bewegung?
    Für Jacek Purski ist die Kampagne ein Beleg dafür, dass mit den Ultra-Nationalisten eine neue Rhetorik ins polnische Parlament einzieht.
    "Ich gehe davon aus, dass sie sich recht schnell von der Partei von Pawel Kukiz trennen werden. Für eine eigene Fraktion brauchen sie 15 Abgeordnete, sie werden also versuchen, weitere Politiker für sich zu gewinnen. Die Nationalisten haben darüber schon eine Diskussion begonnen, und das bevor sich der neue Sejm überhaupt konstituiert hat."
    Bisher äußern sich diese künftigen Abgeordneten nicht dazu, wie sie im Parlament Politik gestalten wollen. Einen Vorgeschmack jedoch gaben die Politiker bei Kundgebungen, so Witold Tumanowicz, der den Einzug in den Sejm verpasste:
    "Die Schwulen wollen eingetragene Partnerschaften, wollen sich also registrieren. Ich sage mal so: Wenn wir an der Macht sind, werden wir nicht nur Partnerschaften eintragen, sondern jeden einzelnen Schwulen registrieren, damit keiner von ihnen mehr ein Kind erziehen, Lehrer sein oder sich einem Kind auch nur annähern darf."
    Derart rechtsextreme Töne werden nun also salonfähig in der polnischen Politik. Experten warten vor allem gespannt, wie sich die künftige Regierungspartei, die rechtskonservative PiS dazu verhalten wird. Ein erster Test wird der Unabhängigkeitstag in einer Woche sein. Dann organisieren die Ultranationalisten wieder ihren Marsch in Warschau. Eingeladen ist ausdrücklich auch der neue Präsident Andrzej Duda, der aus der PiS stammt. Duda hat darauf noch nicht reagiert.