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Polen und die EU
Versöhnliche Töne vor Rom-Treffen

Beim EU-Gipfel Mitte März stimmte Polen als einziges Mitglied gegen die Wiederwahl des EU-Ratspräsidenten Donald Tusk. Die Folge: Viele EU-Staaten befürchteten, dass Polen künftig Entscheidungen blockieren könnte. Doch vor dem heutigen Gipfel in Rom kamen aus Warschau versöhnlichere Signale.

Von Florian Kellermann | 25.03.2017
    Die polnische Regierungschefin Szydlo.
    Die polnische Regierung wird die Abschlusserklärung des Jubiläums-EU-Gipfels unterschreiben (picture alliance/dpa - Wolfgang Kumm)
    Die polnische Regierung wird die Abschlusserklärung des Jubiläums-EU-Gipfels unterschreiben. Vor ihrem Abflug nach Rom sagte Ministerpräsidentin Beata Szydlo:
    "Diese Erklärung ist nicht so ambitioniert, wie wir uns das gewünscht hätten. Aber dieses Dokument können in diesem Moment alle Mitgliedsländer akzeptieren, und darin besteht sein Wert. Ich hatte die polnischen Bedingungen ganz klar formuliert. Das waren vier Prioritäten, die für uns grundsätzlich nötig waren, damit wir der Erklärung zustimmen können."
    Ohne diese vier Punkte würde Polen nicht unterschreiben, betonte die Regierungschefin. Szydlo nannte als Erstes die Einheit der EU. Mit anderen Worten: Die Gemeinschaft dürfe nicht in verschiedene, geschlossene Klubs aufgeteilt werden, zu denen manche Länder keinen Zutritt haben. Außerdem findet Polen eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik zwar wichtig. Sie müsse jedoch in enger Abstimmung mit der Nato geplant werden. Dritter Punkt: Auf dem gemeinsamen Binnenmarkt müssten für alle die gleichen Spielregeln gelten. Und der letzte Punkt: Polen möchte, dass die nationalen Parlamente der Mitgliedsländer stärkeren Einfluss bekommen.
    Gegner der Regierung spotteten über diese polnischen Bedingungen: Sie seien so formuliert worden, dass sie leicht zu erfüllen waren - nur, damit die Regierung im eigenen Land einen Erfolg feiern könne. Janusz Lewandowski, EU-Abgeordneter der rechtsliberalen polnischen Oppositionspartei "Bürgerplattform":
    "Das sind leere Gesten, die dafür bestimmt sind, die Polen zu beeindrucken. Aber auf internationalem Parkett schaden sie uns. Die anderen Länder haben nicht das Gefühl, dass sie in Polen einen authentischen Partner haben, dem an der Lösung von Problemen liegt. Täglich fallen in der EU Entscheidungen, um die gerungen wird, da helfen Muskelspiele nicht weiter."
    Polnische Muskelspiele: Damit verwies Lewandowski auch auf den jüngsten EU-Gipfel. Die polnische Regierung stellte sich als einzige dagegen, dass Donald Tusk im Amt des EU-Ratspräsidenten bestätigt wurde. Und das, obwohl Tusk Pole ist, er stammt allerdings aus der heutigen Oppositionspartei "Bürgerplattform". Die polnische Opposition hatte das scharf kritisiert. Dem Vorsitzenden der Regierungspartei PiS Jaroslaw Kaczynski, dem mächtigen Mann hinter der Regierung, kreidete sie an, Polen international zu isolieren.
    Erneut heftige Kritik
    In dieser Woche zog Kaczynski erneut heftige Kritik auf sich: Er flog nach London zu Gesprächen mit der britischen Premierministerin Theresa May. Im Anschluss sagte er:
    "Wir konnten über die Dinge sprechen, die derzeit am wichtigsten sind, vor allem über die Zukunft der Polen, die in Großbritannien leben. Wir haben die Zusicherung erhalten, dass Großbritannien dieses Problem schon in der ersten Phase der Brexit-Verhandlungen lösen will, auf für uns positive Weise. Das wird natürlich auf Gegenseitigkeit beruhen und die gesamte EU betreffen, 2,5 Millionen Briten leben derzeit in anderen EU-Ländern."
    Die Opposition warf Kaczynski vor, er habe in London bilaterale Verhandlungen über den Brexit geführt - und damit die Einheit der EU-Länder aufs Spiel gesetzt. Auch dazu wird Ministerpräsidentin Beata Szydlo heute in Rom wohl einige kritische Fragen beantworten müssen.