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Policen leben länger

Wenn jemand stirbt, gibt es nicht nur Formalitäten zu beachten, was die Beerdigung angeht – was ist zum Beispiel mit all den Versicherungen, die jemand im Laufe seines Lebens abschließt? Nicht jede erlischt automatisch mit dem Tod.

Von Klaus Deuse |
    Versicherungen sind ausgesprochen langlebig. Oder wie es der Bochumer Versicherungsexperte Lutz Schewe formuliert:

    "Jede Versicherung ist ein Dauerschuldverhältnis, denn erstens läuft die Versicherung über mehrere Jahre und in den meisten Fällen verlängert sie sich automatisch von Jahr zu Jahr."

    Unter diesem Aspekt gilt es auch für Lebensversicherungen noch zu Lebzeiten darauf zu achten, die Police den jeweils aktuellen Lebensumständen anzupassen. Also wer der Bezugsberechtigte sein soll. Das kann nach einer Scheidung auch ein neuer Lebenspartner oder eine soziale Einrichtung sein. Eine solche Änderung sollte der Versicherungsgesellschaft umgehend mitgeteilt werden, damit im Todesfall keine Verzögerungen bei der Auszahlung entstehen.

    Dennoch endet nicht jede Lebensversicherung automatisch mit dem Tod eines Familienmitglieds, wie Lutz Schewe erläutert:

    "Es gibt bestimmte Fälle, wo eine Versicherung fortgeführt werden kann. Der Versicherungsnehmer ist der Ehemann, die versicherte Person ist die Ehefrau. Jetzt verstirbt der Ehemann, der Versicherungsnehmer ist, aber in der Police nicht selbst versichert ist. Dann kann die Ehefrau in die Position der Versicherungsnehmerin eintreten und diese Police auch fortführen."

    Auch bei einer Hausratversicherung kann der Ehepartner die Versicherung übernehmen. Oder auch andere Erben. In einem solchen Fall ist der Hausrat vorerst für bis zu zwei Monate abgesichert. Nur wenn der Erbe bereits über eine eigene Hausratversicherung verfügt und mit der quasi in seinen ererbten Hausstand einzieht, steht ihm ein Sonderkündigungsrecht für den geerbten Vertrag zu. Wird aber der Hausstand des Verstorbenen aufgelöst, fällt auch das Risiko dieses Hausratvertrages weg und kann aufgelöst werden – und das bedeutet, dass dann zu viel gezahlte Prämien erstattet werden.

    Unfallversicherungen werden oft gemeinsam für Ehepaare und für andere Familienmitglieder abgeschlossen. Bei einem Todesfall des Versicherungsnehmers, so Lutz Schewe, bedeutet das:

    "Wenn wir eine Unfallversicherung haben, wo der Ehemann mitversichert war, dann fällt dieses Risiko natürlich weg. Wir nennen das versicherungstechnisch Risikofortfall. Das heißt: Die Police wird auch günstiger."

    Auch bei Privathaftpflichtversicherungen wird die Prämie zumeist für ein ganzes Jahr erhoben. Stirbt der Versicherte, dann können die Erben mit einer anteiligen Rückerstattung rechnen.

    "Ja, ab dem Moment, wo wir den Risikofortfall haben,haben die Erben das Recht darauf, dass sie die unverbrauchte Prämie wieder zurückerstattet bekommen."

    Einen besonderen Fall stellt die Kfz-Versicherung dar. Versichert ist nämlich nicht der verstorbene Besitzer, sondern das Fahrzeug, das im Todesfall zur Erbmasse gehört. Wer danach mit dem Auto fahren will, der muss auch die Versicherung dafür zahlen. Und was passiert dann mit dem bisher gewährten Schadensfreiheitsrabatt?

    "Ganz einfach ist es bei überlebenden Ehegatten, denn die können die Rabatte dann übernehmen .Also sagen wir mal, der SF liegt bei 20. Das heißt 20 schadensfreie Jahre. Das kann dann die Ehefrau übernehmen. Vorausgesetzt, sie hat auch seit 20 Jahren den Führerschein."

    Für erbende Kinder oder Enkel erkennt die Versicherung entsprechend nur die Jahre an, seit sie selbst mit einem Führerschein am Lenker sitzen. Spezielle Regelungen gelten übrigens für Wohngebäudeversicherungen. Lutz Schewe erklärt warum:

    "Bei der Immobilie ist es so, dass die Versicherung zunächst mal auf den Erwerber übergeht. Also hier derjenige, der das Erbe antritt. Und der tritt erst mal grundsätzlich in die Versicherung ein. Das hat auch einen Grund. Häufig sind auch Immobilien noch mit den Ansprüchen von Regelgläubigern, also Bank, Sparkasse, Bausparkasse, wie auch immer, belastet. Und die sollen erst mal dadurch geschützt werden, dass durch einen Wechsel des Eigentümers der Versicherungsschutz endet, sodass auch im Erbfall erst mal der Versicherungsschutz fortgeführt wird."

    Bei aller Trauer ist den Hinterbliebenen vor allem dann geholfen, wenn ihnen der Verstorbene eine geordnete Übersicht über seine Versicherungen hinterlassen hat. Sozusagen als vorausschauende Hilfe.