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Politik und Sport
"Das Foto mit Erdogan musste der DFB ertragen"

Darf es für Sportler eine Art Kodex für politische Äußerungen geben? "Es darf eine Schmerzgrenze geben für das, was nicht mehr akzeptabel ist", sagte Reinhard Merkel, Jurist und Mitglied im Deutschen Ethikrat, im Dlf. Diese Grenze zu definieren, sei nicht einfach - aber auch nicht unmöglich.

Reinhard Merkel im Gespräch mit Marina Schweizer |
    Prof. Dr. Reinhard Merkel (Strafrechtler) in der ZDF-Talkshow "maybrit illner" am 20.02.2014 in Berlin.
    Sportverbände sollten Kriterien für politische Äußerungen ihrer Athleten erarbeiten, schlägt Rechtsexperte Reinhard Merkel vor (dpa / picture-alliance / Eventpress Stauffenberg)
    Sport muss unpolitisch sein. Diese Forderung war laut Reinhard Merkel nicht nur immer schon naiv, sondern "auch normativ nicht wünschenswert". Man müsse vielmehr zunächst bestimmen, "welche Art politische Rolle der Sport überhaupt spielt", sagte der Rechtswissenschaftler in der Sendung "Sport am Samstag". Vor diesem Hintergrund allerdings müsse man "dem einzelnen Sportler schon sagen dürfen: 'Du hast ein Recht auf freie Meinungsäußerung - aber auf der Bühne, auf der du sichtbar bist für Millionen Menschen, gibt es für dich bestimmte Grenzen.'"
    Reinhard Merkel ist der Ansicht, dass ein Sportverband in Bezug auf Topathleten nicht alles hinnehmen müsse, was der Rechtsstaat aus verfassungsrechtlichen Gründen dulden muss: "Ich meine, die Grenze darf enger sein als die, die der Rechtsstaat dem einzelnen Bürger bei der freien Meinungsäußerung lässt." Bedeutende Sportler sind Idole für die Jugend - auch wenn diese etwas "phrasenhafte Formulierung" nicht in jedem Fall zutreffe, sei diese Aussage doch eine "orientierende Idee", so Merkel, "vor der man dem einzelnen Sportler sagen könne: 'Du musst dich mehr in Zaum nehmen als der Politiker selber etwa, wenn er sich öffentlich äußert.'"
    Kritik ja - Hysterie nein
    Das zuletzt vieldiskutierte Foto, das Mesut Özil und Ilkay Gündogan zusammen mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan zeigt, würde Reinhard Merkel "als etwas ansehen, das der DFB ertragen musste - allerdings müssen dann Özil und Gündogan ertragen, dass eine kritische Diskussion losgeht." Diese Diskussion sollte jedoch nicht hysterisch sein im Sinne von: Das hätten die nicht machen dürfen. "Sondern man kann sagen", so Merkel, "das war ein dummer Akt von euch und wir kritisieren euch dafür. Aber dass zwei türkischstämmige Fußballspieler sich mit Erdogan ablichten lassen, würde ich für zulässig halten."
    Die Verbände müssten sich mit ihren Kriterien, mit denen sie Grenzen für die politischen Äußerungen ihrer Athleten ziehen, der öffentlichen Debatte stellen "und diese Kriterien müssen moralisch beglaubigt sein". Bedingungen und Grenzen der Vorbildrolle eines Sportler müssten laut Merkel etwas näher bestimmt werden: Etwa indem ein Sportverband eine Art Enquete-Kommission damit beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, das die normativen und moralischen Grundlagen klärt "für solche Postulate, wie wir sie jetzt gegebenenfalls an die Athleten richten und fomulieren wollen." Und über dieses Konzept könne es im Anschluss dann eine öffentliche Debatte geben.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.