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Politisch heikel, ökonomisch wacklig

Zypern hat den EU-Ratsvorsitz von Dänemark übernommen. Doch ausgerechnet am ersten offiziellen Tag seiner EU-Ratspräsidentschaft traf die Troika ein. Vergangene Woche war die Republik Zypern unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft. Wirtschaftlich hat das Land mit einer ganzen Reihe von Problemen zu kämpfen.

Von Christian Bremkamp |
    Vielleicht nicht jedem bewusst und dennoch Realität: Seit der militärischen Intervention der Türkei im Jahre 1974 ist der Inselstaat Zypern ein geteiltes Land, auch wenn die 1983 im Nordteil der Insel ausgerufene Türkische Republik Nordzypern – außer von der Türkei selbst – international nicht anerkannt wird. Von einem aufeinander Zugehen ist nur wenig zu spüren. Erst kürzlich war das wieder festzustellen, als die Türkei mit Blick auf die Ratspräsidentschaft der Republik Zypern unmissverständlich klarstellte:

    "Dass sie ihre Beziehungen auf offizieller Ebene einfrieren wird und an keiner Sitzung teilnehmen wird, bei der die Republik Zypern aufgrund der Ratspräsidentschaft den Vorsitz führen wird."

    Beschreibt der Politikwissenschaftler Hubert Faustmann von der Universität Nikosia die weiterhin angespannte Lage. Die bekommt das EU-Mitglied Zypern auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu spüren. Vor seiner Küste sind riesige Gasvorkommen entdeckt worden, die das Land in Kooperation mit Israel gerne ausbeuten würde:

    "Wenn alles gut und wie geplant läuft, verfügt die EU bald über einen neuen Energiekorridor. Dieser Korridor hat den Vorteil, zum Teil sogar europäisch zu sein, weil die Energie teilweise aus Zypern kommt und zum anderen Teil aus Israel, einem sehr vertrauensvollen Partner."

    Erklärt Andreas Mavrogiannis, im Kabinett zuständig für Europaangelegenheiten. Riesige Gasvorkommen im Meer? Für die finanziell schwer angeschlagene Republik Zypern klingen solche Meldungen verheißungsvoll. Ankara aber hat umgehend protestiert, die Probebohrungen für illegal erklärt und nun selbst Spezialisten Richtung Nordzypern geschickt. Für die zyprischen Staatsfinanzen bedeutet das nichts Gutes. Das Land, das gerade erst unter den Eurorettungsschirm schlüpfen musste, braucht heute Geld und nicht erst morgen. Ein Vorschlag des Präsidenten der türkischen Zyprer, Dervis Eroglu, dürfte daher nur wenig Anhänger finden:

    "Lassen Sie uns das Erdgas gemeinsam nutzen. Die Einkünfte sollten auf ein Konto fließen, das der UNO-Generalsekretär verwaltet. Wenn wir das Zypernproblem eines Tages gelöst haben, werden Kosten entstehen. Lassen Sie uns das Geld für diese Ausgaben nutzen - nicht für die Aufrüstung!"

    Weil es enge Verflechtungen mit griechischen Instituten gibt, wird frisches Geld aber viel eher für die Stützung heimischer Banken gebraucht. Erst heute wurde bekannt, dass die Regierung Aktien der Popular Bank im Wert von fast 1,8 Milliarden Euro aufkaufen musste. Nicht viel besser steht die Bank of Cyprus da – auch sie hat inzwischen Staatshilfen beantragt.

    Die Republik Zypern war für Investoren bislang ein interessanter Standort. Der Inselstaat lockt mit einer einheitlichen Unternehmenssteuer von gerade einmal zehn Prozent. Geht es nach den Verantwortlichen in der Regierung, soll daran auch nicht gerüttelt werden, fasst der Politologe Hubert Faustmann die Hoffnungen auf der Insel zusammen:

    "Die Spekulationen hier sind derzeit so, dass man ähnlich wie im Falle Irlands, das ja auch eine Steueroase war und recht glimpflich davon kam, davon ausgeht, dass man bei dieser wirklich wichtigen Einnahmequelle für die Republik Zypern ein bisschen Gnade vor Recht ergehen lässt und die Zyprioten vielleicht weiter wurschteln lässt."

    Alles in allem also kein Traumstart für die zyprische Ratspräsidentschaft. Und dennoch gibt sich Nikosia entschlossen. Das Ziel von Andreas Mavrogiannis kurz und knapp zusammengefasst:

    "Growth and jobs"

    "Wachstum und Arbeitsplätze" – Brüssel wird diese Losung gerne hören!