"Sorrow, Tears and Blood". Dies ist eines der beiden Stücke, die Fela Kuti 1977 geschrieben hat, nachdem nigerianische Soldaten sein Zuhause, die Gemeinschaftssiedlung Kalakuta in Lagos, niedergebrannt hatten. Ihre Bewohner – allesamt Freunde von Kuti – waren der Willkür des Militärs ausgesetzt, wurden geschlagen, gefoltert und vergewaltigt. Ein dramatischer Höhepunkt einer langen Reihe von brutalen Übergriffen, mit denen die verschiedenen Machthaber Nigerias auf Kutis Kritik am politischen System reagiert haben. Die ständige Verfolgung hat Kutis gesamtes Leben und auch das seiner Familie geprägt, wie sich sein Sohn Femi erinnert.
"Ich habe niemals den konventionellen Weg kennengelernt. Es gab nur ein ständiges Versteckspiel, ein Wegrennen! Mein Vater lebt nicht mehr, und ich sehe nach wie vor die gleichen Probleme, über die er gesprochen hat. Dieselben Leute sind an der Macht, das politische Spiel ist nach wie vor das gleiche, heutzutage nur auf weitaus raffiniertere Art und Weise."
Rund 360 Mal stand Kuti in seinem Leben vor Gericht. Meist wurde er unter Vorwänden oder für Lappalien ins Gefängnis geworfen, um ihn seelisch und körperlich zu brechen und daran zu hindern, seine Botschaft weiter unters Volk zu bringen. Doch Kuti hat seiner mit viel persönlichem Leid betriebenen Mission zeitlebens nicht abgeschworen.
Nicht einen Moment lang hat Femi Kuti seinen Vater kompromissbereit gesehen, der festgehalten hat an der Idee eines unabhängigen Afrikas, das geeint und frei sei von Unterdrückung, Ausbeutung, Gewalt und Korruption. Umgesetzt ist seine Vision bis heute nicht.
"Auch jene, die er ‚mein Volk‘ nannte",
schreibt Carlos Moore,
"bereiteten ihm aufgrund ihrer Apathie und Trägheit unablässige Seelenqualen. Das nigerianische Volk machte keinerlei erkennbare Anstalten, seinen Unterdrückern die Stirn zu bieten. Ganz im Gegenteil! Er fühlte sich allein gegen eine Legion von Tyrannen."
"Seit ich mich erinnern kann, als Junge, habe ich zigmal miterlebt, wie er geschlagen wurde, ich habe so oft seine gebrochenen Knochen gesehen und ihn am Rande des Todes erlebt. Wir sind mit dem aufgewachsen, was mit meinem Vater geschah, seit ich denken kann."
Als Zweites von vier Kindern wird Fela Kuti 1939 in eine christliche Familie hineingeboren, die sich am Wertesystem der britischen Kolonialmacht orientiert und über außerordentliche Privilegien verfügt. Sein despotischer Vater ist Pfarrer und Schulleiter, seine Mutter als Frauenrechtlerin engagiert. Auch ihre Erziehung ist streng.
"Je tiefer sie in die Politik eingestiegen ist, desto weniger Zeit hatte sie, mich zu schlagen. Da hab auch ich angefangen, Politik gut zu finden",
sagt Kuti. Eigentlich sollte er, genau wie seine Brüder, Mediziner werden. Doch er sträubt sich, geht nach London und studiert klassische Trompete. Nebenbei gründet er eine Band und spielt Jazz. Highlife-Jazz. Zurück in Nigeria, beschließt er aber, seine afrikanischen Wurzeln in seine Musik zu integrieren und schafft damit einen neuen Stil, der als Afrobeat in die Geschichte eingehen soll. Während eines mehrmonatigen Amerika-Aufenthalts kommt er mit der dortigen Bürgerrechtsbewegung in Berührung und beginnt seine Texte zu politisieren.
Die Femi-Kuti-Biografie von Carlos Moore idealisiert ihren Protagonisten nicht. Sie basiert zum größten Teil auf transkribierten Originaltönen Kutis und bedient sich deshalb über weite Strecken der Ich-Form. Entsprechend authentisch wird hier das Leben eines Mannes geschildert, der in Extremen dachte und handelte. Seine Musik, aber auch Drogen, Sex und Polygamie waren der Ausgleich zu den Drangsalierungen infolge seines politischen Engagements. 1978 heiratete Fela Kuti 27 Frauen auf einen Schlag und lebte mit ihnen bis zur Massenscheidung einige Jahre in einer Kommune. Von seinen Kindern haben die Söhne Femi und Seun das musikalische und geistige Erbe des Vaters angetreten, eines Vaters, der aus Femis Sicht im eigentlichen Sinne keiner war.
"Meine Mutter hat mich dazu erzogen, immer daran zu denken, dass er mein Vater ist. In meinem Alter kann ich ihm verzeihen, dass er kein normaler Vater war. Ich habe es geliebt, wenn er sich hinsetzte, um mir Musik beizubringen. Er war nie zu Hause, immer im Club und er war nicht perfekt– selbstverständlich nicht! Er war ein grauenhafter Vater – null Prozent! Aber er war ein großartiger Dad – letzten Endes!"
"Ich habe niemals den konventionellen Weg kennengelernt. Es gab nur ein ständiges Versteckspiel, ein Wegrennen! Mein Vater lebt nicht mehr, und ich sehe nach wie vor die gleichen Probleme, über die er gesprochen hat. Dieselben Leute sind an der Macht, das politische Spiel ist nach wie vor das gleiche, heutzutage nur auf weitaus raffiniertere Art und Weise."
Rund 360 Mal stand Kuti in seinem Leben vor Gericht. Meist wurde er unter Vorwänden oder für Lappalien ins Gefängnis geworfen, um ihn seelisch und körperlich zu brechen und daran zu hindern, seine Botschaft weiter unters Volk zu bringen. Doch Kuti hat seiner mit viel persönlichem Leid betriebenen Mission zeitlebens nicht abgeschworen.
Nicht einen Moment lang hat Femi Kuti seinen Vater kompromissbereit gesehen, der festgehalten hat an der Idee eines unabhängigen Afrikas, das geeint und frei sei von Unterdrückung, Ausbeutung, Gewalt und Korruption. Umgesetzt ist seine Vision bis heute nicht.
"Auch jene, die er ‚mein Volk‘ nannte",
schreibt Carlos Moore,
"bereiteten ihm aufgrund ihrer Apathie und Trägheit unablässige Seelenqualen. Das nigerianische Volk machte keinerlei erkennbare Anstalten, seinen Unterdrückern die Stirn zu bieten. Ganz im Gegenteil! Er fühlte sich allein gegen eine Legion von Tyrannen."
"Seit ich mich erinnern kann, als Junge, habe ich zigmal miterlebt, wie er geschlagen wurde, ich habe so oft seine gebrochenen Knochen gesehen und ihn am Rande des Todes erlebt. Wir sind mit dem aufgewachsen, was mit meinem Vater geschah, seit ich denken kann."
Als Zweites von vier Kindern wird Fela Kuti 1939 in eine christliche Familie hineingeboren, die sich am Wertesystem der britischen Kolonialmacht orientiert und über außerordentliche Privilegien verfügt. Sein despotischer Vater ist Pfarrer und Schulleiter, seine Mutter als Frauenrechtlerin engagiert. Auch ihre Erziehung ist streng.
"Je tiefer sie in die Politik eingestiegen ist, desto weniger Zeit hatte sie, mich zu schlagen. Da hab auch ich angefangen, Politik gut zu finden",
sagt Kuti. Eigentlich sollte er, genau wie seine Brüder, Mediziner werden. Doch er sträubt sich, geht nach London und studiert klassische Trompete. Nebenbei gründet er eine Band und spielt Jazz. Highlife-Jazz. Zurück in Nigeria, beschließt er aber, seine afrikanischen Wurzeln in seine Musik zu integrieren und schafft damit einen neuen Stil, der als Afrobeat in die Geschichte eingehen soll. Während eines mehrmonatigen Amerika-Aufenthalts kommt er mit der dortigen Bürgerrechtsbewegung in Berührung und beginnt seine Texte zu politisieren.
Die Femi-Kuti-Biografie von Carlos Moore idealisiert ihren Protagonisten nicht. Sie basiert zum größten Teil auf transkribierten Originaltönen Kutis und bedient sich deshalb über weite Strecken der Ich-Form. Entsprechend authentisch wird hier das Leben eines Mannes geschildert, der in Extremen dachte und handelte. Seine Musik, aber auch Drogen, Sex und Polygamie waren der Ausgleich zu den Drangsalierungen infolge seines politischen Engagements. 1978 heiratete Fela Kuti 27 Frauen auf einen Schlag und lebte mit ihnen bis zur Massenscheidung einige Jahre in einer Kommune. Von seinen Kindern haben die Söhne Femi und Seun das musikalische und geistige Erbe des Vaters angetreten, eines Vaters, der aus Femis Sicht im eigentlichen Sinne keiner war.
"Meine Mutter hat mich dazu erzogen, immer daran zu denken, dass er mein Vater ist. In meinem Alter kann ich ihm verzeihen, dass er kein normaler Vater war. Ich habe es geliebt, wenn er sich hinsetzte, um mir Musik beizubringen. Er war nie zu Hause, immer im Club und er war nicht perfekt– selbstverständlich nicht! Er war ein grauenhafter Vater – null Prozent! Aber er war ein großartiger Dad – letzten Endes!"