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Polizeidaten über Fußballfans
Umstrittene Datensammlung

In zwölf von 16 Bundesländern sammelt und speichert die Polizei in erheblichem Umfang Daten von Fußballfans, ohne diese darüber zu informieren. Als das 2015 bekannt wurde, war der Aufschrei groß. In NRW befasste sich nun der Sportausschuss des Landtages mit der Frage, ob diese Praxis überhaupt rechtmäßig ist.

Von Thorsten Poppe | 14.03.2017
    Polizeikräfte gehen nach einem Fußball-Spiel gegen randalierende Fans vor.
    Polizeikräfte gehen nach einem Fußballspiel gegen randalierende Fans vor. (picture-alliance / dpa / Arne Dedert)
    Diskussionspunkt waren die sogenannten SKB-Datenbanken der Polizei über Fußballfans. SKB steht dabei für "szenekundige Beamten", die überwiegend die Aufgabe haben, sich mit den Fans in der Stadionkurve auseinanderzusetzen. Dafür legten sie eigene Dateien an, in denen allein in Nordrhein-Westfalen über 6.500 Fußballanhänger erfasst wurden. Das waren knapp 2.000 Fans mehr aus NRW, als in der Datei "Gewalttäter Sport" registriert sind. So der Stand vor zwei Jahren.
    Am 14.03.2017 jedoch präsentierten die Polizeivertreter im Sportausschuss neue Zahlen. Plötzlich sind nicht mehr insgesamt 6.500 Fans in den SKB Dateien gespeichert, sondern nur noch etwas mehr als die Hälfte. Frank Herrmann von der Piratenfraktion hat dafür eine simple Erklärung:
    "Tatsächlich ist die Aussage, dass die Fans hier ein wenig friedlicher geworden sind in Nordrhein-Westfalen. Ich kann mir natürlich vorstellen, da wir ja seit einiger Zeit bohren nach den SKB Dateien, dass da in vorauseilendem Gehorsam ein bisschen nachgeguckt wurde, und deswegen der eine oder andere gelöscht wurde."
    Datenschutzrechtlich umstritten
    Auch wenn die Polizei jetzt massiv Ultras und Fußballanhänger aus diesen Datenbanken löscht, bleiben sie weiter aus datenschutzrechtlicher Sicht umstritten. Denn die Betroffenen werden nicht darüber informiert, wenn sie darin gespeichert werden. Dazu kommt, dass diese SKB-Dateien bis 2015 nicht bekannt waren. Deshalb konnte auch kein Fußballfan von seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung Gebrauch machen. Das besagt seit dem Volkszählungsurteil von 1983, dass jeder Bürger von einer Behörde auf Anfrage umfassend darüber informiert werden muss, was über ihn wie lange gespeichert ist. Für Marco Noli von der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte ist deshalb diese Praxis rechtswidrig:
    "Das genaue Ausmaß dieser Dateien ist momentan gar nicht bekannt, weil die Ermächtigungsgrundlage dieser Dateien bis heute geheim gehalten wird. Zum anderen ist es so, dass es praktisch keine unabhängige Kontrolle gibt."
    Die Polizei sieht dies naturgemäß anders. Dafür führte sie auch heute im Sportausschuss das Polizeigesetz NRW an, das der Polizei Datenspeicherung zusichert, sofern diese erforderlich sind. Deshalb seien für sie die allein von 17 Polizeibehörden in NRW geführten Datenbanken nicht nur rechtmäßig, sondern für ihre Arbeit unerlässlich - sagte auch Polizeigewerkschaftler Michael Mertens:
    "Aber wir brauchen ja Grundlagen für unsere Erkenntnisse. Früher hatte man Notizbücher, in der man die Dinge aufgeschrieben hat. Heute führt man im digitalen Zeitalter halt Dateien."
    Die Sachverständigenanhörung förderte heute jedenfalls im NRW-Sportausschuss mehr Bedenken für diese Praxis zutage, als dass die Notwendigkeit solcher Dateien über Fußballfans ersichtlich wurde.