
Die Aufstiege der Westvereine haben das Problem verschärft. In dieser Saison finden in NRW 231 Partien in den ersten drei Ligen statt – eine Steigerung von zehn Prozent. Nicht mehr zu schaffen für die Polizei. So hat NRW-Innenminister Ralf Jäger zu Beginn der Woche sein Pilotprojekt vorgestellt, will Kräfte bündeln, will mutmaßlich friedliche Spiele schwächer besetzen.
"Ganz sachlich betrachtet tun wir etwas, was eigentlich normal sein sollte: immer wieder Lage-angepasst zu überprüfen, wie viele Polizeibeamtinnen und -beamte einzusetzen sind. Davon ausgenommen sind Hochrisikospiele."
Damit stößt Jäger bei einem der bekanntesten Vertreter der Fan-Szene, bei Jan-Henrik Gruszecki, auf Gegenliebe. Denn Gruszecki macht die Polizei mitverantwortlich für viele Ausschreitungen:
"Kommt die Aggression dadurch, dass man am Bahnhof ankommt und eingekesselt wird? Man kann sich nichts zu trinken kaufen, nichts zu essen kaufen, darf nicht aufs Klo gehen. Da hat man natürlich erst mal eine angespannte Atmosphäre und dann kommt es eben manchmal zu Szenen, die eigentlich keiner haben will."
Verantwortung der Fan-Szene
Eine Position, die Oliver Malchow, Chef der Gewerkschaft der Polizei, so nicht gelten lassen kann. Er verweist auf die Verantwortung auch der Fan-Szene: "Viele Straftäter in diesen Gruppen können nur agieren, weil andere um sie herum diesen Schutz gewährleisten. Da müssen sich auch die Fanbeauftragten deutlich distanzieren."
Und Malchow legt nach, stellt auch Jägers Pilotprojekt in Frage. Waren Partien in der Vergangenheit unauffällig, muss das nicht für die Zukunft gelten: "Vielleicht sind sie ja gewaltfrei gewesen, weil Polizei da war",
gibt der Vertreter von rund 170.000 Polizisten in Deutschland zu bedenken. Dabei geht es ihm, wie er beteuert, nicht ums Geld, sondern darum, Gewalt zu vermeiden. Am liebsten wäre es ihm, man könnte Fußballspiele mit demselben Aufwand begleiten wie einen Laternenzug.
"Würde man diese Arbeit nicht mehr machen müssen, wir würden in Deutschland jeden Tag 1.800 Polizeivollzugsbeamte mehr auf der Straße haben können, um Wohnungseinbrüche zu verhindern oder aufzuklären, Verkehrsunfallaufnahmen durchzuführen, Verkehrssicherheit durchzuführen und andere Dinge auch."
Einsatz bei Castortransporten zahlen auch nicht die Energieversorger
DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel gibt zu erkennen, dass der Verband seiner Verantwortung gerecht wird. Mit Fankonzepten, mit runden Tischen. Für Polizeileistungen zu bezahlen, kommt für ihn nicht infrage. Schließlich begleite die Polizei ja auch Castortransporte und bitte dafür nicht die Energieversorger zur Kasse. Grindel verweist auf den Fußball als Teil des gesellschaftlichen Lebens:
"Für Recht und Ordnung zu sorgen, ist ein öffentliches Gut. Da haben wir das Polizei- und Ordnungsrecht, das uns klar sagt: Nur der Störer oder - wie die Rechtsprechung es entwickelt hat - der Zweckveranlasser muss dafür zahlen. Der Fußball ist weder Störer noch Zweckveranlasser, weil der Fußball ein Interesse daran hat, dass es gerade nicht zu Gewalt kommt."