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Pollen-Panik

Der Pollenflug hat begonnen - in diesem Jahr später als üblich, aber in diesen Tagen mit Macht. Vor allem für Birkenpollen-Allergiker wird 2010 ein hartes Jahr, erwarten Experten.

Von Stephanie Grimme |
    Wenn Haselnuss, Erle, Birke, Gräser, Beifuß oder Ambrosia blühen, fliegen tausende von winzig kleinen Pollen durchs Land. Das treibt vielen Millionen von Menschen Tränen in die Augen. Der Pollenflug von Haselnuss ist in diesem Jahr weitgehend vorbei. Aber in den nächsten Tagen beginnt die Birke zu blühen. Und das wird viele jucken, im wahrsten Sinne des Wortes: Etwa sechs Millionen Deutsche reagieren auf Birkenpollen. In diesem Jahr wird es vermutlich besonders schlimm, warnt Karl-Christian Bergmann, Leiter vom Deutschen Polleninformationsdienst an der Berliner Charité.

    "Die Ursache dafür liegt in einem zweijährigen Rhythmus der Birkenbäume, die in Jahren mit gerader Jahreszahl wie 2010 besonders viele Pollen abgeben und sich ein Jahr später dann gewissermaßen ausruhen."

    Die Folge: Die Symptome der Allergien werden stärker ausfallen, das heißt, es wird mehr geniest und die Augen tränen heftiger. Und es wird mehr Menschen geben, die erstmals unter einer Allergie leiden. Wer sich erkältet fühlt, hat möglicherweise einen allergischen Schnupfen oder Husten, sagt Dr. Norbert Mülleneisen vom Allergie- und Asthmazentrum Leverkusen.

    "Der klassische Unterschied ist Juckreiz. Wenn Sie einen klassischen Schnupfen haben, dann läuft die Nase wässrig, aber sie haben keinen Juckreiz. Bei einem Heuschnupfen haben Sie immer Juckreiz. Augen jucken, Nase juckt, Hals juckt."

    Dass man Allergien erkennt ist wichtig. Denn sie sollten behandelt werden. Bei Erwachsenen, vor allem aber auch bei Kindern.

    "Der banale Heuschnupfen ist überhaupt nicht banal. Weil, wenn Sie einen Heuschnupfen haben, sind sie nicht leistungsfähig. Sie reiben sich ständig die Augen, die Nase wird geschnäuzt. Sie können am Computer nicht richtig arbeiten. Sie schlafen nachts nicht, weil die Nase zu ist und sie schnarchen. Sie sind am nächsten morgen unausgeschlafen und müde. Die Kinder bringen in der Schule schlechte Leistungen, schlechte Noten, in der Pollenflugzeit. Das sind alles Auswirkungen, das ist erheblich."

    Außerdem droht bei einer nicht behandelten Allergie der sogenannte Etagenwechsel. Von der Nase hinunter zu den Bronchen.

    "40 Prozent der Heuschnupfen-Patienten bekommen im Verlauf ihres Lebens ein Asthma. Das ist viel. Und das können Sie zumindest halbieren dieses Risiko, wenn Sie eine Hyposensibilisierung machen."

    Akut kann man Allergien mit speziellen Augentropfen, Tabletten oder speziellen Nasensprays behandeln. Auf keinen Fall sollten übliche Nasentropfen benutzt werden. Davon wird man schnell süchtig. Mittelfristig am sinnvollsten ist es jedoch, eine Hyposensibilisierung durchzuführen, raten Allergologen. Damit kann jedoch erst im Herbst, wenn die Pollenflugzeit vorbei ist, begonnen werden.
    Hyposensibilisierungen werden von Krankenkassen bezahlt, sind jedoch sehr langwierig: Etwa drei Jahre lang müssen regelmäßig Tropfen oder Tabletten eingenommen werden oder die Allergene beim Arzt gespritzt werden.

    Aber es lohnt sich: Die Erfolgsquote ist recht hoch. 80 Prozent der Birkenpollenallergiker haben danach keine oder nur noch ganz geringe Beschwerden.