Wie malen? Wie heute überhaupt noch malen, da doch alles schon gesagt ist? Eine typische Intellektuellenfrage. Auch Dieter Krieg hat sie sich gestellt: "Comment peindre" schreibt er 1978 auf ein Bild mit Frittenstäbchen - und darunter in Bleistift "des pommes frites". Wie also malt man Fritten? Das ist mindestens genauso schwierig wie das Malen von Cézanne-Äpfeln, Porträts oder Landschaften, wenn man überhaupt noch gegenständlich malt.
Kriegs Farbgebirge sind durchaus expressiv-abstrakt zu nennen, und er verschwendet diese Kraft an Motive wie Gardinenstangen und sakral inszenierte giftgrüne Vorhänge, hinter denen sich nichts - oder auch das Nichts - verbirgt, an blaue Eimer, die von einer so dynamischen Farbschönheit sind, dass man die Banalität des Objekts fast schon vergisst, an wollüstig sich blähende Geranien, feuchte Hundeblicke oder, allen Ernstes, an großformatige Spiegeleier, die vor rotem Grund aber so glutgelb leuchten wie die untergehende Sonne.
Das Hohe und das Triviale, es gehört zusammen bei Dieter Krieg - und vielleicht ist das ja die simple Wahrheit: Dass jeder, der intellektuelle Ansprüche an sich stellt, mit den Widernissen des Alltags zurechtkommen muss - und gut daran tut, dessen Schönheit auch im Abgeschmackten zu entdecken. "Fritten und Brillanten" heißt deshalb die Ausstellung, die das - schwer im Aufschwung befindliche - "Kunstmuseum Stuttgart" dem 2005 verstorbenen Malprofessor Krieg jetzt widmet; der Kurator Daniel Spanke will keine umfassende Rückschau bieten, sondern mit einzelnen Werkkomplexen und Querverweisen einen Künstler sichtbar machen, der eine große Vielfalt aufweist: vom Typoskript bis zur Übermalung von Fotos, von der ironischen Audio-Installation "Allen Künstlern herzlichen Dank" bis zum fünf Meter breiten konzeptuellen Schrift-Gemälde-Monstrum "Lügen über Bilder". Ungewöhnlich ist Kriegs Bevorzugung der Acrylfarbe, die den Mal-Prozess besonders gut sichtbar macht, sagt Daniel Spanke:
"Er hat sich Fässer voller unpigmentiertem Acryl liefern lassen, das er selber pigmentiert hat. Das hat es ihm ermöglicht, seine Farbe so einzustellen, wie er es für richtig hielt; das heißt, er konnte sie verdünnen und ganz zarte Schleier damit machen, er konnte aber auch unglaubliche Farbklumpen damit arrangieren und zugleich auch dieses Gesprayte, wo er eine richtige Spraypistole verwendet hat. Er hat immer das verwendet, was ihm ästhetisch notwendig war."
Die Ausstellung wird eröffnet mit jenen wilden Querformaten, mit denen Krieg, zur Überraschung einer pikierten Öffentlichkeit, 1978 den deutschen Pavillon in Venedig bespielte: Jerry-Cotton-Hefte kleben in wüsten Malschichten, ertrinkende Schwimmer grabschen nach einer Taschenlampe, kaulquappige, wie Chromosomen wirkende Pommes-Frittes-Stäbchen lungern neben glänzenden Edelsteinen. Die Überraschung war damals umso größer, als Krieg zuvor vor allem mit konzeptuellen Arbeiten wie den grauen, von oben gesehenen, technizistisch - im Stil von Konrad Klappheck - gesehenen leeren Badewannen bekannt geworden war. Aber er hatte eben auch bis zur Unkenntlichkeit verschnürte Körper und Francis-Bacon-artig deformierte Menschenfiguren gemalt.
Dieser Bruch von 1978 wird in Stuttgart also neu erzählt; und obgleich die Ausstellung für Kriegs säuberliche Typoskripte von Zeitungsmeldungen, Kleinstdramen aus dem Heldenleben der unteren deutschen Mittelschicht, einen ganzen Raum zu Verfügung stellt, ist die nach 1978 einsetzende Integration der Schrift in den Bildraum weitaus bedeutsamer. Der sarkastische Satz "Hosn kaufn bis zum Tod" wird auf fünf schraffierte Bilder verteilt, Friedhofskreuze werden beschriftet, und die malerische Materialschlacht endet mit einem ganzen Saal großformatiger Bücher-Bilder, die Kriegs Beschäftigung mit Beckett, Arno Schmidt oder Heidegger belegen.
Er hat mit dem Tod gehadert und mit der Sinnlosigkeit des Daseins, er hatte ein Double-Bind-Verhältnis zum Künstlertum und wollte "lieber Wäsche bügeln als malen", so ein Schrift-im-Bild-Graffitto. Doch diese Ausstellung ehrt nun mit großem Engagement einen intellektuellen Maler, der nicht nur Fußspuren auf seinen Bildern hinterlassen hat, sondern auch in der Gegenwartskunst.
Kriegs Farbgebirge sind durchaus expressiv-abstrakt zu nennen, und er verschwendet diese Kraft an Motive wie Gardinenstangen und sakral inszenierte giftgrüne Vorhänge, hinter denen sich nichts - oder auch das Nichts - verbirgt, an blaue Eimer, die von einer so dynamischen Farbschönheit sind, dass man die Banalität des Objekts fast schon vergisst, an wollüstig sich blähende Geranien, feuchte Hundeblicke oder, allen Ernstes, an großformatige Spiegeleier, die vor rotem Grund aber so glutgelb leuchten wie die untergehende Sonne.
Das Hohe und das Triviale, es gehört zusammen bei Dieter Krieg - und vielleicht ist das ja die simple Wahrheit: Dass jeder, der intellektuelle Ansprüche an sich stellt, mit den Widernissen des Alltags zurechtkommen muss - und gut daran tut, dessen Schönheit auch im Abgeschmackten zu entdecken. "Fritten und Brillanten" heißt deshalb die Ausstellung, die das - schwer im Aufschwung befindliche - "Kunstmuseum Stuttgart" dem 2005 verstorbenen Malprofessor Krieg jetzt widmet; der Kurator Daniel Spanke will keine umfassende Rückschau bieten, sondern mit einzelnen Werkkomplexen und Querverweisen einen Künstler sichtbar machen, der eine große Vielfalt aufweist: vom Typoskript bis zur Übermalung von Fotos, von der ironischen Audio-Installation "Allen Künstlern herzlichen Dank" bis zum fünf Meter breiten konzeptuellen Schrift-Gemälde-Monstrum "Lügen über Bilder". Ungewöhnlich ist Kriegs Bevorzugung der Acrylfarbe, die den Mal-Prozess besonders gut sichtbar macht, sagt Daniel Spanke:
"Er hat sich Fässer voller unpigmentiertem Acryl liefern lassen, das er selber pigmentiert hat. Das hat es ihm ermöglicht, seine Farbe so einzustellen, wie er es für richtig hielt; das heißt, er konnte sie verdünnen und ganz zarte Schleier damit machen, er konnte aber auch unglaubliche Farbklumpen damit arrangieren und zugleich auch dieses Gesprayte, wo er eine richtige Spraypistole verwendet hat. Er hat immer das verwendet, was ihm ästhetisch notwendig war."
Die Ausstellung wird eröffnet mit jenen wilden Querformaten, mit denen Krieg, zur Überraschung einer pikierten Öffentlichkeit, 1978 den deutschen Pavillon in Venedig bespielte: Jerry-Cotton-Hefte kleben in wüsten Malschichten, ertrinkende Schwimmer grabschen nach einer Taschenlampe, kaulquappige, wie Chromosomen wirkende Pommes-Frittes-Stäbchen lungern neben glänzenden Edelsteinen. Die Überraschung war damals umso größer, als Krieg zuvor vor allem mit konzeptuellen Arbeiten wie den grauen, von oben gesehenen, technizistisch - im Stil von Konrad Klappheck - gesehenen leeren Badewannen bekannt geworden war. Aber er hatte eben auch bis zur Unkenntlichkeit verschnürte Körper und Francis-Bacon-artig deformierte Menschenfiguren gemalt.
Dieser Bruch von 1978 wird in Stuttgart also neu erzählt; und obgleich die Ausstellung für Kriegs säuberliche Typoskripte von Zeitungsmeldungen, Kleinstdramen aus dem Heldenleben der unteren deutschen Mittelschicht, einen ganzen Raum zu Verfügung stellt, ist die nach 1978 einsetzende Integration der Schrift in den Bildraum weitaus bedeutsamer. Der sarkastische Satz "Hosn kaufn bis zum Tod" wird auf fünf schraffierte Bilder verteilt, Friedhofskreuze werden beschriftet, und die malerische Materialschlacht endet mit einem ganzen Saal großformatiger Bücher-Bilder, die Kriegs Beschäftigung mit Beckett, Arno Schmidt oder Heidegger belegen.
Er hat mit dem Tod gehadert und mit der Sinnlosigkeit des Daseins, er hatte ein Double-Bind-Verhältnis zum Künstlertum und wollte "lieber Wäsche bügeln als malen", so ein Schrift-im-Bild-Graffitto. Doch diese Ausstellung ehrt nun mit großem Engagement einen intellektuellen Maler, der nicht nur Fußspuren auf seinen Bildern hinterlassen hat, sondern auch in der Gegenwartskunst.