Dina Netz: Die Renaissance erlebt gerade eine selbige, wenn man sich in den Museen umschaut. In Köln sind Zeichnungen zu sehen, die an den 500. Geburtstag des Kunsthistorikers Giorgio Vasari erinnern. Seine chronologische Sammlung von Künstlerbiografien, die 1550 erschienenen Viten, begründete den Ruhm von zum Beispiel Leonardo, Raphael, Tizian und Michelangelo. In Berlin zeigen die staatlichen Museen im Bode-Museum Gesichter der Renaissance, Meisterwerke italienischer Porträtkunst. 150 Gemälde, Zeichnungen, Medaillen und Büsten aus dem 15. Jahrhundert sind zu sehen aus eigenen Beständen und Leihgaben aus der ganzen Welt in Zusammenarbeit mit dem Metropolitan Museum of Art in New York.
Ich habe mit einem der Kuratoren der Ausstellung, Ruben Rebmann, gesprochen und ihn gefragt: Sie haben sich auf die Porträts konzentriert für Ihren Blick auf die Renaissance, was Ihnen in Kritiken auch schon als zu einseitiger Blick auf das damalige Schönheitsideal vorgeworfen wurde. Warum diese Beschränkung auf Porträts?
Ruben Rebmann: Wir denken eigentlich, dass das Porträt für die Kunst der Frührenaissance eine ausgesprochene sprechende Gattung ist. In der Renaissance geht es ja wirklich um eine Wiederentdeckung des Menschen, um eine Wiederentdeckung des menschlichen Individuums, und alle diese neuen Erfahrungen, dieses Erkundens spiegeln sich wirklich in den Porträts dieser Zeit wieder. Weil diese Kunstform des Porträts zu dem Zeitpunkt etwas ganz Neues ist, kommt es natürlich auch zu vielen Experimenten in der Zeit, und es ist sehr spannend für den Betrachter, das dann auch innerhalb der Ausstellung nachzuvollziehen.
Netz: Vielleicht können Sie mal anhand von Beispielen sagen, wie diese Experimente aussehen, Beispiele, die vielleicht auch in Ihrer Ausstellung zu sehen sind.
Rebmann: Es ist sehr interessant zu sehen, wie mit der Beobachtung des Gesichtes umgegangen wird und welche Mittel auch gefunden werden, um ein Gesicht möglichst wahrheitsgetreu auch festzuhalten. Wir haben zum Beispiel ein sehr berühmtes Gemälde aus dem Louvre in der Ausstellung von Ghirlandaio, wo ein alter Mann mit seinem Enkel dargestellt ist, und wir wissen, dass dieser alte Mann zu dem Zeitpunkt, als das Gemälde gemalt wurde, eigentlich schon tot war. Das heißt also, dieses Bild galt tatsächlich auch der Erinnerung an diesen ehemaligen Familienangehörigen.
Netz: Ein Prinzip in Ihrer Ausstellung ist ja auch, dass Kunstwerke einander gegenübergestellt werden. Welche Kunstwerke werden da miteinander konfrontiert und in welcher Absicht?
Rebmann: Diese Gegenüberstellung gibt uns mehrere inhaltliche Möglichkeiten, also auch wirklich Erkenntnisse bei dem Betrachter zu befördern. Das eine ist der Grundansatz der Ausstellung, die verschiedenen Gattungen des Porträts in einer Ausstellung parallel vorzuführen. Das heißt, wir können hier wirklich Porträts in der Form eines Gemäldes, in der Form einer Büste, aber auch in der Form einer Porträt-Medaille oder einer Zeichnung gegenüberstellen, und wir sind oft genug in der hervorragenden Position, ein und dieselbe porträtierte Person in den verschiedenen Medien auch vorzustellen.
Eine andere Form der Gegenüberstellung ist zum Beispiel eine Gegenüberstellung von italienischen Porträts und niederländischen Porträts. Wir haben einige wenige, aber sehr hochkarätige niederländische Porträts, das heißt also altniederländische Porträts von Hans Memling oder von Rogier van der Weyden, in der Ausstellung, und anhand dieser Beispiele lässt sich zum Beispiel auch nachvollziehen, wie weit die damalige niederländische Kunst auch Einfluss auf das Geschehen in Italien ausübte.
Netz: Sie haben ja aber überwiegend italienische Kunstwerke, und diese sind noch mal innerhalb Italiens geografisch geordnet. Warum haben Sie sich dafür entschieden?
Rebmann: Das ist eine einmalige Chance, um zu zeigen, dass die Renaissance nicht nur in Florenz oder in Venedig, also die Städte, die man ganz automatisch mit dieser Kunst ja auch verbindet, stattfand. Es ist uns wichtig zu zeigen, dass Renaissance auch genauso gut an anderen Zentren wie zum Beispiel in Serrara, Mantua, in Mailand oder aber auch in Neapel stattfindet und dass gerade auch diese Zentren eine ganz eigene Form der Kunst entwickeln können. Das ist, glaube ich, sehr spannend in der Ausstellung auch zu sehen, dass dieses Experimentieren mit dem Porträt, mit dieser neuen künstlerischen Aufgabe, an den verschiedenen Orten auch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führte.
Netz: Herr Rebmann, Ihre Ausstellung hat es nun auf die Titelseiten aller großen Feuilletons geschafft. Berlin ist offenbar flächendeckend plakatiert, auch sonst wurde eifrig die Werbetrommel gerührt. Trägt das Bode-Museum damit nicht auch ein bisschen zur viel kritisierten Eventisierung von Ausstellungen bei, die der Kunst ja letztlich gar nicht dient?
Rebmann: Es ist unsere Meinung auch von Anfang an bei der Vorbereitung dieser Ausstellung gewesen, dass wir ein Publikum erreichen wollen, das nicht nur ohnehin auch in das Museum kommt und das ohnehin schon mit dem Thema der Renaissance vertraut ist, sondern wir denken, dass dieses Thema auch ein großes Interesse für andere kunstinteressierte Menschen hat oder insgesamt auch ein großes Interesse für unsere Gegenwart hat, und wir müssen natürlich auf diese Mittel der Werbung zurückgreifen und tun das auch sehr gerne, um auch einen breiteren Kreis von interessierten Menschen zu erreichen. Und es ist natürlich auch spannend, jetzt bestimmte Mittel wiederum im Bereich der Werbung auch auszuprobieren, die sonst vielleicht bisher noch nicht so oft für Ausstellungsvorhaben benutzt wurden. Zum Beispiel gibt es eine App, die man sich herunterladen kann, es gibt eine sehr umfangreiche Homepage, wo man selbst auch als Online-Nutzer dann auch stöbern kann und viele neue Informationen auch zutage fördern kann.
Netz: Ruben Rebmann, einer der Kuratoren der Ausstellung "Gesichter der Renaissance - Meisterwerke italienischer Porträtkunst" im Berliner Bode-Museum. Die Schau zieht übrigens im Anschluss nach New York weiter.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Ich habe mit einem der Kuratoren der Ausstellung, Ruben Rebmann, gesprochen und ihn gefragt: Sie haben sich auf die Porträts konzentriert für Ihren Blick auf die Renaissance, was Ihnen in Kritiken auch schon als zu einseitiger Blick auf das damalige Schönheitsideal vorgeworfen wurde. Warum diese Beschränkung auf Porträts?
Ruben Rebmann: Wir denken eigentlich, dass das Porträt für die Kunst der Frührenaissance eine ausgesprochene sprechende Gattung ist. In der Renaissance geht es ja wirklich um eine Wiederentdeckung des Menschen, um eine Wiederentdeckung des menschlichen Individuums, und alle diese neuen Erfahrungen, dieses Erkundens spiegeln sich wirklich in den Porträts dieser Zeit wieder. Weil diese Kunstform des Porträts zu dem Zeitpunkt etwas ganz Neues ist, kommt es natürlich auch zu vielen Experimenten in der Zeit, und es ist sehr spannend für den Betrachter, das dann auch innerhalb der Ausstellung nachzuvollziehen.
Netz: Vielleicht können Sie mal anhand von Beispielen sagen, wie diese Experimente aussehen, Beispiele, die vielleicht auch in Ihrer Ausstellung zu sehen sind.
Rebmann: Es ist sehr interessant zu sehen, wie mit der Beobachtung des Gesichtes umgegangen wird und welche Mittel auch gefunden werden, um ein Gesicht möglichst wahrheitsgetreu auch festzuhalten. Wir haben zum Beispiel ein sehr berühmtes Gemälde aus dem Louvre in der Ausstellung von Ghirlandaio, wo ein alter Mann mit seinem Enkel dargestellt ist, und wir wissen, dass dieser alte Mann zu dem Zeitpunkt, als das Gemälde gemalt wurde, eigentlich schon tot war. Das heißt also, dieses Bild galt tatsächlich auch der Erinnerung an diesen ehemaligen Familienangehörigen.
Netz: Ein Prinzip in Ihrer Ausstellung ist ja auch, dass Kunstwerke einander gegenübergestellt werden. Welche Kunstwerke werden da miteinander konfrontiert und in welcher Absicht?
Rebmann: Diese Gegenüberstellung gibt uns mehrere inhaltliche Möglichkeiten, also auch wirklich Erkenntnisse bei dem Betrachter zu befördern. Das eine ist der Grundansatz der Ausstellung, die verschiedenen Gattungen des Porträts in einer Ausstellung parallel vorzuführen. Das heißt, wir können hier wirklich Porträts in der Form eines Gemäldes, in der Form einer Büste, aber auch in der Form einer Porträt-Medaille oder einer Zeichnung gegenüberstellen, und wir sind oft genug in der hervorragenden Position, ein und dieselbe porträtierte Person in den verschiedenen Medien auch vorzustellen.
Eine andere Form der Gegenüberstellung ist zum Beispiel eine Gegenüberstellung von italienischen Porträts und niederländischen Porträts. Wir haben einige wenige, aber sehr hochkarätige niederländische Porträts, das heißt also altniederländische Porträts von Hans Memling oder von Rogier van der Weyden, in der Ausstellung, und anhand dieser Beispiele lässt sich zum Beispiel auch nachvollziehen, wie weit die damalige niederländische Kunst auch Einfluss auf das Geschehen in Italien ausübte.
Netz: Sie haben ja aber überwiegend italienische Kunstwerke, und diese sind noch mal innerhalb Italiens geografisch geordnet. Warum haben Sie sich dafür entschieden?
Rebmann: Das ist eine einmalige Chance, um zu zeigen, dass die Renaissance nicht nur in Florenz oder in Venedig, also die Städte, die man ganz automatisch mit dieser Kunst ja auch verbindet, stattfand. Es ist uns wichtig zu zeigen, dass Renaissance auch genauso gut an anderen Zentren wie zum Beispiel in Serrara, Mantua, in Mailand oder aber auch in Neapel stattfindet und dass gerade auch diese Zentren eine ganz eigene Form der Kunst entwickeln können. Das ist, glaube ich, sehr spannend in der Ausstellung auch zu sehen, dass dieses Experimentieren mit dem Porträt, mit dieser neuen künstlerischen Aufgabe, an den verschiedenen Orten auch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führte.
Netz: Herr Rebmann, Ihre Ausstellung hat es nun auf die Titelseiten aller großen Feuilletons geschafft. Berlin ist offenbar flächendeckend plakatiert, auch sonst wurde eifrig die Werbetrommel gerührt. Trägt das Bode-Museum damit nicht auch ein bisschen zur viel kritisierten Eventisierung von Ausstellungen bei, die der Kunst ja letztlich gar nicht dient?
Rebmann: Es ist unsere Meinung auch von Anfang an bei der Vorbereitung dieser Ausstellung gewesen, dass wir ein Publikum erreichen wollen, das nicht nur ohnehin auch in das Museum kommt und das ohnehin schon mit dem Thema der Renaissance vertraut ist, sondern wir denken, dass dieses Thema auch ein großes Interesse für andere kunstinteressierte Menschen hat oder insgesamt auch ein großes Interesse für unsere Gegenwart hat, und wir müssen natürlich auf diese Mittel der Werbung zurückgreifen und tun das auch sehr gerne, um auch einen breiteren Kreis von interessierten Menschen zu erreichen. Und es ist natürlich auch spannend, jetzt bestimmte Mittel wiederum im Bereich der Werbung auch auszuprobieren, die sonst vielleicht bisher noch nicht so oft für Ausstellungsvorhaben benutzt wurden. Zum Beispiel gibt es eine App, die man sich herunterladen kann, es gibt eine sehr umfangreiche Homepage, wo man selbst auch als Online-Nutzer dann auch stöbern kann und viele neue Informationen auch zutage fördern kann.
Netz: Ruben Rebmann, einer der Kuratoren der Ausstellung "Gesichter der Renaissance - Meisterwerke italienischer Porträtkunst" im Berliner Bode-Museum. Die Schau zieht übrigens im Anschluss nach New York weiter.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.