Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Portugal
Kleinere Haushaltslöcher, größere Schuldenberge

Lichtblick für Portugal. Das Euro-Krisenland will ab Mitte Mai wieder gänzlich ohne internationale Hilfen auskommen. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung hat das Land heute geschafft, mit der erfolgreichen Rückkehr an die Anleihemärkte.

Von Michael Braun | 23.04.2014
    Das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main spiegelt sich im Eurozeichen-Kunstwerk des Künstlers Otmar Hoerl.
    Das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main spiegelt sich im Eurozeichen-Kunstwerk des Künstlers Otmar Hoerl. (dpa picture alliance / Mauritz Antin)
    Vom Umgang mit dem Kapitalmarkt verstehen die Portugiesen was. Der Hunger nach Rendite ist so groß, dass ein kleines Angebot auf große Nachfrage treffen muss. Also boten die Portugiesen heute nur Anleihen mit zehn Jahren Laufzeit für 750 Millionen Euro an. Die Nachfrage lag beim Dreifachen. Die erwünschte Folge: Der Preis fürs Geld sank. Portugal muss nur 3,57 Prozent Zins zahlen. Das kommt den portugiesischen Renditetiefs von 2005 nahe, ist also wenige als Vorkrisenniveau. Im Januar 2014 lag die Rendite noch bei gut sechs Prozent. Das Comeback Portugals auf dem Kapitalmarkt ist also gelungen. Aber das, so Christoph Rieger, der Zinsstratege der Commerzbank, habe sie vor allem der Europäischen Zentralbank zu verdanken:
    "Der Renditerückgang, den wir ja schon seit einiger Zeit in vielen Peripherieländern beobachten, der fußt natürlich ganz klar auf der Unterstützung Geldpolitik, der Politik insgesamt."
    Bonität nicht heraufgesetzt
    Portugal will am 17. Mai das Rettungsprogramm des europäischen Rettungsfonds ESM verlassen, das ihm in den vergangenen drei Jahren Notkredite von 78 Milliarden Euro hatte zukommen lassen. Doch die großen Ratingagenturen haben Portugals Bonität noch nicht heraufgesetzt. So entschied die EZB vorige Woche, notfalls auch portugiesische Staatsanleihen mit der schlechten Bonität als Sicherheit für Kredite zu akzeptieren. Das war zwar schräg, aber wirksam:
    "Nun, es ist richtig, dass die EZB ihre Regeln etwas intransparent letzten Monat geändert hat dahingehend, dass die Anleihen weiter EZB-fähig sein werden. Ich denke, das Vorgehen unterstreicht noch einmal, ja, die pragmatische Haltung der EZB."
    Lob heute auch für Griechenland. Zwar meldete heute die europäische Statistikbehörde, Griechenlands Staatsdefizit sei voriges Jahr von 8,9 auf 12,7 Prozent der Wirtschaftsleistung hochgeschnellt. Zugleich sei der Schuldenstand auf 175,1 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen. Doch selbst der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn, Simon O'Connor, hob etwas anderes hervor:
    "Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds berechneten Griechenlands Primärüberschuss im Jahr 2013 mit 1,5 Milliarden Euro oder 0,8 Prozent der Wirtschaftsleistung."
    Kleiner Gewinn Griechenlands
    Ohne die Lasten des Schuldendienstes hat Griechenland also das Jahr mit einem kleinen Gewinn abgeschlossen. Das, so Christian Schulz, der für die Berenberg Bank von London aus das Geschehen bewertet, sei für den Markt wichtiger als der wachsende Schuldenstand gewesen:
    "Und da gibt es ja gute Nachrichten. Denn das griechische Staatsdefizit, wenn man mal die Bankenrettung im vergangenen Jahr, die ja nur einmalig ist, herausrechnet, war nur noch 2,1 Prozent vom BIP. Das ist weniger als im Eurozonendurchschnitt. Und lässt hoffen, dass in den kommenden Jahren der griechische Schuldenstand zusammen mit eine wachsenden Wirtschaft dann zurückgehen wird. Und das ist für die Märkte viel wichtiger als wo der aktuelle Schuldenstand ist."
    In allen 18 Euroländern zusammen sank das Haushaltsdefizit voriges Jahr von 3,7 auf 3,0 Prozent der Wirtschaftsleistung, also auf den in den Maastrichter Verträgen zulässigen Wert. Der staatliche Schuldenberg stieg damit aber weiter von 90,7 auf 92,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – erlaubt sind nur 60 Prozent. Neben Griechenland zeigen vor allem Italien, Portugal, Irland und Zypern deutlich höhere Schuldenstände. Deutschland hat im vergangenen Jahr einen ausgeglichenen Haushalt erreicht. Der Schuldenstand sank leicht auf 78,4 Prozent. Estland als Musterschüler der Eurozone zeigt nur einen Schuldenstand von zehn Prozent. Luxemburg hat voriges Jahr sogar einen kleinen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet.