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Positive Bilanz mit Baustellen

Aromen statt "Kräuter", "Fruchtsaft" entpuppt sich als Nektar. Seit zwei Jahren können sich Verbraucher auf der Internetseite lebensmittelklarheit.de über Inhaltsstoffe von Nahrungsmitteln informieren. Der Verbraucherzentralen-Bundesverband zieht als Betreiber des Portals eine positive Bilanz, sieht aber noch Baustellen.

Von Dieter Nürnberger | 18.07.2013
    Beim Portal Lebensmittelklarheit ist es ja so, dass sich Verbraucher melden oder beschweren können, über - aus ihrer Sicht - Kundentäuschungen. Das kann beispielsweise die berühmte Mogelpackung betreffen. Also von außen recht große, üppige Verpackungen, der Inhalt ist dann viel Luft und das eigentliche Produkt doch kleiner als gedacht. Vor allem dreht es sich aber um die Kennzeichnung von Lebensmitteln - handelt es sich beispielsweise nun um Fruchtbestandteile oder um lediglich künstliche Aromen in einem Produkt? Gerd Billen vom Vorstand des vzbv stellt in seiner Bilanz vor allem die Wirkung der Seite in den Vordergrund. Reklamationen würden nicht selten zu Änderungen seitens der Hersteller führen.

    "Ich glaube, es ist ein Erfolg, dass circa 30 Prozent der Anbieter, deren Produkte wir im Portal darstellen, die Aufmachung verändern. Nicht immer so, wie wir und die Verbraucher uns das wünschen, wir wissen aber, dass viele Unternehmen sozusagen präventiv tätig werden. Man will also erst gar nicht auf unserem Portal stehen".

    Die Bilanz des vzbv zeigt mehr als 7.300 Produktmeldungen seitens der Verbraucher in den vergangenen zwei Jahren. Der übliche Verfahrensweg ist dann der, dass den Herstellern eine 7-Tages-Frist gesetzt wird, um Stellung zu nehmen. Und dieses Statement, wenn es denn eines gibt, wird dann zusammen mit einer Einschätzung von Fachleuten des vzbv auf dem Portal veröffentlicht. Gerd Billen will somit erreichen, dass die Hersteller klare und verständliche Informationen über ihre Produkte anbieten.

    "Was draufsteht, sollte drin sein! Was drin ist, sollte draufstehen! Und was draufsteht, sollte verständlich sein! Es hapert immer noch daran, dass beispielsweise die Herkunft und die Hersteller der Lebensmittel genannt werden. Dabei hatten wir in den vergangenen Jahren viele Skandale, wo wir gesehen haben, dass es wichtig zu wissen ist, aus welchem Land kommt ein Lebensmittel und wer ist der Produzenten?"

    Der vzbv ist der Betreiber von "lebensmittelklarheit.de", finanziell gefördert wird das Portal durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die Förderung steht bislang zumindest bis Ende 2014.
    Somit gab es heute auch den Blick nach vorn, denn Handlungsbedarf sieht der vzbv-Chef noch auf vielen Gebieten. Ein Beispiel:

    "Wir fordern, dass die Verkehrsbezeichnung, was ist das eigentlich für ein Lebensmittel, vorne auf das Etikett kommt. Und nicht hinten. Ich will klar sehen, ob es ein Fruchtsaft ist, ein Nektar oder eine Fruchtzubereitung mit irgendetwas darin. Denn an den Verkehrsbezeichnungen können sich die Verbraucher gut orientieren."

    Und natürlich spielte auch ein verwandtes Thema heute mal wieder eine Rolle. Der vzbv fordert ja seit Langem die Ampel-Kennzeichnung bei Lebensmitteln. Mit drei entsprechenden Farben soll so schnell und verständlich über den Gehalt an Fett, Zucker oder beispielsweise Salz informiert werden. In Deutschland bislang nicht umgesetzt, Industrie und Politik sind da bislang nicht überzeugt worden. In Großbritannien wird die Nährwert-Ampel aber nun mehr und mehr eingeführt. Für Gerd Billen ein Hoffnungsschimmer.

    "Ich habe beispielsweise mit Interesse festgestellt, dass der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, der immer ein großer Feind der Lebensmittel-Ampel war, nun verhaltener reagiert. Die Entwicklung wird hier abgewartet. Keiner von uns stellt sich doch stundenlang in den Supermarkt und liest das ganze Kleingedruckte. Deshalb brauchen wir einfache und prägnante Kennzeichnungen. Die lösen nicht alle Probleme, doch immerhin einen Teil."

    Die Ampel bleibt somit ganz oben auf der Forderungsliste des vzbv. Auch diese Kennzeichnung gehöre zum Bereich der Lebensmittelklarheit. Und damit zurück nach Köln.

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